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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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den Kopf, um aus dem Bullauge zu sehen. Wenn schon – soll er doch rotieren.
    »Er rotiert um die Längsachse«, fuhr die aufgeregte Stimme fort, »das heißt, wir können ihn nutzen. Lisa? Ist Ihnen was?« Die Stimme knatterte weiter, doch sie konnte sich nicht darauf konzentrieren. »Wenn wir das Innere aushöhlen, haben wir einen rotierenden Zylinder. Eine Raumstation, Lisa, so groß wie wir wollen! Die Zentrifugalkraft wird so sein wie leichte Gravitation. Da haben wir mehr nutzungsfähige Materie zur Verfügung, als eine ganze Flotte in fünfzig Jahren hinaufschaffen könnte!«
    Undeutlich hörte Lisa etwas, das wie Lachen klang. Lachen war so etwas Seltsames, Fernes, Bizarres. Es war so lange her, daß sie gelacht hatte. Wenn sie überhaupt jemals gelacht hatte. »Oben können wir ein Loch bohren, damit die Sonne reinscheinen kann; wir können ihn ganz und gar mit Solarzellen bepflastern, Gemüse anbauen, eigene Luft machen, sogar Eisen können wir uns holen, einfach per Gravitationsfähre!«
    Stumpf, ganz weit weg, nickte Lisa. Es klickte: eine andere Frequenz. »Lisa, ich habe den Präsidenten am Apparat.« Pause. »Lisa? Omega I, bitte melden!«
    »Knowles, meinen Sie?« Lisa war nicht in Stimmung für schöne Reden. Sie erinnerte sich an all den Schwachsinn, den Nixon damals nach der Mondlandung von sich gegeben hatte – es wäre der größte Tag seit der Erschaffung der Welt und so weiter. Aber damals hatte es auch keine Toten gegeben. Wieviel noch größeren Unsinn würden die Politiker über Schiwa verzapfen? Welche noch größere Mengen an Hysterie würden die Medien ausschütten? Lisa stöhnte vor plötzlicher Müdigkeit und Niedergeschlagenheit.
    »Nein, Reed, Jorman Reed. Knowles ist… äh… zurückgetreten. Achtung… wir stellen ihn durch…«
    Sekunden vergingen. Stumpf und ohne einen Gedanken saß Lisa da und starrte auf ein verpflastertes Leck, bei dem das Pflaster nicht gleich richtig geklebt hatte und etwas ausgebeult war. Ihr Adrenalinspiegel mußte merklich gesunken sein, eine leichte Übelkeit trieb ihr das Blut aus den Wangen.
    »Colonel Bander? Hallo?«
    Sie antwortete nicht. Etwas schwächer vernahm sie Chuck Bradshaws Stimme: »Es dauert ein par Sekunden, Sir, bis Ihre Stimme dort oben ist, und umgekehrt auch; außerdem braucht der Computer noch etwas Zeit für die Entzerrung.«
    »Aha. Also, Colonel Bander, vielleicht sind Sie sich nicht ganz klar darüber, was Sie vollbracht haben. Sie haben brillant improvisiert. Ich habe diese ganze Schiwa-Frage gründlich durchdacht. Ich glaube, Sie haben mehr getan, als Sie selbst wissen.«
    Etwas wie Interesse rührte sich in ihr. Doch hauptsächlich, um die bleiche Gleichgültigkeit abzuschütteln, deren Beute sie geworden war, fragte sie: »Wie bitte? Wie meinen Sie das, Mr. Präsident?«
    »Schiwa ist ein riesiger Berg aus Eisen und, wie ich höre, auch anderen wertvollen Elementen. Die haben wir jetzt alle in greifbarer Nähe, in einem Orbit, wo wir leicht an sie herankommen. In der Nähe der orbitalen Produktionsstätten. Neue Rohstoffe und in phantastischen Mengen. Im Zuge ihres Abbaus kann Schiwa ausgehöhlt und bewohnbar gemacht werden. Raumkolonien, Lisa, und zwar richtige, die sich selbst erhalten können und über ein ökonomisches Potential verfügen.«
    Nachdenklich blinzelnd lauschte Lisa dem Redefluß des Präsidenten: »Mit Schiwas Metallen können wir so viele Schutzschilde produzieren wie wir wollen – gegen kosmische Strahlen, Hochenergieprotonen, Sonnenprotuberanzen – alles mögliche. Wir brauchen die Besatzungen nicht regelmäßig auf die Erde zurückschicken, um die Strahlenbelastung niedrig zu halten. Sie und Ihr Team haben mehr getan, als eine furchtbare Bedrohung abzuwenden. Sie haben uns eine ganz neue Möglichkeit verschafft, aus den Tiefen der Schwerkraft herauszukommen und aufzusteigen, eine Brücke zum Mond, zu den Sternen zu bauen. Und dort zu leben.«
    »Wie…?« Dieser Mensch, dieser Unbekannte, der solange im Schatten Knowles’ gestanden hatte – der dachte plötzlich an so etwas? Hatte er das aus anderer Leute Hirn? Nein, dazu war keine Zeit gewesen. Vielleicht hatte er recht. Himmeldonnerwetter, vielleicht hatte er tatsächlich recht.
    Piep.
    Lisa fuhr auf. Piep? Was hatte hier zu piepen?
    Schwerfällig richtete sie sich auf und sah sich um. Auf dem Schirm des Ortungsgeräts erschien ein einzelner Fleck – die Helmradio-Notfrequenz.
    Piep.
    Piep.
    Ganz unvorschriftsmäßig schaltete Lisa die
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