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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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sich das wünschte. Es würde ihn einfach verschlucken. Nailer hatte miterlebt, wie ein Mann aus einer Schweren Kolonne so ertrunken war. Erst hatte er noch um sich geschlagen und panisch geschrien, doch dann war er untergegangen, bevor ihm jemand ein Seil zuwerfen konnte.
    Nicht durchdrehen. Denk nach!
    Nailer streckte die Hand aus. Vielleicht bekam er ja etwas zu fassen, eine Wand, Treibgut – irgendetwas, das ihm verriet, wo er war. Seine Hand griff ins Leere. Er geriet ins Schaukeln, und der Schacht über ihm knarrte. Das Kabel sank langsam herab – irgendetwas gab nach. Nailer hielt die Luft an. Gleich würde er untergehen! Doch dann schien das Kabel sich irgendwo zu verhaken und bot ihm wieder Halt.
    » Pima!«, brüllte er.
    Das Echo seiner Stimme hallte von allen Seiten zurück.
    Überrascht klammerte sich Nailer an das Kabel. Wenn er sich nicht täuschte, war der Raum, in dem er sich befand, gar nicht so groß. Vielleicht konnte er eine Wand erreichen. » Pima!«
    Wieder das rasche Echo.
    Er war also nicht in einem riesigen Öltank, sondern in einem deutlich kleineren Raum. Bis zu den Wänden war es vielleicht gar nicht so weit! Nailer fasste frischen Mut. Statt die Arme auszustrecken, tastete er sich mit den Zehen durch die Finsternis.
    Nach zwei Versuchen spürte er raues Metall auf der Haut. Eine Wand. Und noch etwas anderes … Dankbar atmete Nailer auf. Ein Rohr. Es hatte zwar nur einen Durchmesser von wenigen Zentimetern, war aber auf jeden Fall besser als ein Kupferkabel, das an einem einstürzenden Schacht hing.
    Ohne nachzudenken warf er sich Richtung Wand.
    Im selben Moment gab der Schacht über ihm mit lautem Kreischen nach. Das Öl schlug über Nailer zusammen. Verzweifelt reckte er sich nach dem dünnen Rohr. Seine Finger berührten die Wand, rutschten wieder ab. Fanden das Rohr. Er zog sich bis an die Wand, klammerte sich mit letzter Kraft daran. Er zitterte vor Anstrengung. Das Öl trug ihn nicht im Mindesten. Er war müde, so entsetzlich müde. Lange würde er sich nicht mehr festhalten können.
    Rasch glitt er die Wand entlang, auf der Suche nach einem besseren Halt. Wenn er Glück hatte, würde er sogar eine Leiter finden. Da machte das Rohr plötzlich einen Knick nach unten und verschwand im Öl.
    Nailer schluchzte vor Enttäuschung. Er würde sterben.
    Jetzt nur nicht durchdrehen!
    Wenn er anfing zu weinen, war er verloren. Er musste nachdenken, nicht wie ein kleines Kind losheulen. Aber er konnte schon keinen klaren Gedanken mehr fassen – die Dämpfe machten ihn ganz benommen. Nailer wusste nur zu gut, wie das ausgehen würde. Er würde sich noch eine Weile festhalten, immer mehr und mehr von der vergifteten Luft einatmen, sich wie eine Fliege an die Wand klammern, bis er schließlich zu müde und high wäre und abrutschen würde.
    Wie konnte er nur auf so bescheuerte Weise sterben? Das war nicht einmal ein Öltank! Nur irgendein Raum, in dem sich Altöl gesammelt hatte. Was für ein Witz! Lucky Strike hatte ein Ölreservoir entdeckt und sich die Freiheit erkauft. Und er? Er fand ein Ölreservoir, und es würde ihn umbringen.
    Verflucht, ich werde in Geld ertrinken!
    Fast hätte Nailer bei dem Gedanken gelacht. Niemand wusste genau, wie viel Öl Lucky Strike gefunden und hinausgeschmuggelt hatte. Er hatte sich jedenfalls viel Zeit damit gelassen. Eimer um Eimer hatte er beiseitegeschafft, bis es reichte, um sich loszukaufen und seine Arbeitsmale wegbrennen zu lassen. Und trotzdem hatte er noch genügend übrig gehabt, um sich als Arbeitsvermittler zu etablieren und Jobs in eben den Schweren Kolonnen zu verkaufen, denen er entkommen war. Nur ein bisschen Öl, und Lucky Strike hatte das große Glück gemacht. Und Nailer schwamm bis zum Hals in dem Zeug!
    » Nailer?«
    Die Stimme war leise und kam von weit weg.
    » Sloth!« Nailers Stimme überschlug sich vor Erleichterung. » Ich bin hier! Hier unten! Ich bin eingebrochen!« Vor Aufregung strampelte er mit den Beinen, und das Öl schlug Wellen.
    Schwaches grünliches Licht drang durch die Finsternis über ihm. Sloths hagere Gesichtszüge erschienen in einem Loch im Schacht. Auf ihrer Stirn prangte LED -Farbe.
    » Himmel! Da hast du aber wirklich Scheiße gebaut, Nailer.«, hauchte sie.
    » Yeah. Kannst du laut sagen.« Er grinste schwach.
    » Pima hat mich losgeschickt, um nach dir zu suchen.«
    »Sag ihr, dass ich ein Seil brauche.«
    Eine lange Pause. » Bapi wird das nicht zulassen.«
    » Warum?«
    Wieder Schweigen. » Er braucht
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