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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume
Autoren: Leah Fleming
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sich auf den Weg zu der Schule, in der viele junge Mädchen und Frauen in einem großen Raum vor den auf Kissen festgesteckten Spitzenbordüren saßen und ihre Klöppel tanzen ließen. Neugierig blickten sie zu den Fremden auf. Überall im Raum war Spitze zu sehen, an den Tischdecken, Kragen und in Schaukästen, und an den Wänden hingen Fotos von Spitzenkleidern und gerahmte Urkunden. Es waren hervorragende Arbeiten, das Schönste, was Ella je an Spitze gesehen hatte.
    Patti erklärte ihre Mission, mehr über die Herstellung von Spitze und die Geschichte der gezeigten Muster zu erfahren. Man zeigte ihnen Bücher mit verschiedenen Motiven und Mustern, und eines der Mädchen führte ihnen vor, wie die Spitze nach den Entwürfen von Signor Petri gesteckt wurde. Ella entdeckte Tiere, Blumen, Sterne und sogar Menschen in den Bordüren. Sie bat Kathleen, ihnen den Schuh zu zeigen, den sie nach der letzten Nacht behalten hatten.
    »Ist er aus dieser Region?«, erkundigte sich Patti.
    »Ja, unsere Mädchen arbeiten diese feinen Muster für besondere Schuhe, für Taufen, auch für Beerdigungen. Es ist sehr alt.«
    Patti erklärte seine seltsame Geschichte. »Wissen Sie, wer ihn gemacht haben könnte?«
    Signora Petri schüttelte den Kopf. »Leider nein. Es ist ein gängiges Muster – die Paspelierung sieht aus, als wäre sie von hier, aber das reicht nicht aus, um es als ein Modell aus unserer Schule zu identifizieren. Haben Sie mehr?«
    Patti nickte. »Da wäre mein Brautschleier in den Vereinigten Staaten, und in England gibt es vielleicht auch noch etwas?« Fragend sah sie zu Ella, die nickte.
    »Wenn Sie mehr Sachen schicken, kann ich vielleicht anhand unserer Aufzeichnungen nach der Klöpplerin suchen. Nur der Schuh reicht nicht aus, es tut mir leid.«
    Mit flauem Gefühl im Magen sah Ella sich um. Hat meine Mutter hier gearbeitet, fragte sie sich. Wenn sie in Italien geblieben wäre, würde ich dann heute auch hier arbeiten?
    Enttäuscht machten sie sich wieder auf den Weg in die Innenstadt. Ellas Gedanken wirbelten. Es würde Monate dauern, bis die Sachen verschickt und überprüft wären, und sie konnte es kaum erwarten, mehr zu erfahren.
    Es musste doch jemanden geben, der helfen konnte. Sie waren schon halb wieder an ihren Autos, als es ihr einfiel. Natürlich, wie einfach! Es musste noch andere Sachen mit dieser Spitze geben, und zwar näher als in England.

128
    Am nächsten Morgen fuhr Ella mit ihrem Leihwagen allein nach Sansepolcro, um die Kanzlei von Piero Marcellini zu suchen. Falls er überrascht war, sie zu sehen, zeigte er es nicht. Er ließ sie in einem bequemen alten Ledersessel Platz nehmen und bestellte bei seiner Sekretärin einen Espresso für sie.
    »Was verschafft mir die Ehre?«, fragte er lächelnd.
    Sie erzählte ihm alles, was sie über ihre Vergangenheit wusste und warum der kleine Schuh sie so sehr aus der Fassung gebracht hatte. Sie erzählte ihm von der speziellen Spitze und wie sie versucht hatte, ihre Herkunft zu identifizieren.
    »Ich kann den Bartolinis nicht mehr sagen, solange ich mir nicht sicher bin. Angelo, Pattis Vater in New York, weiß noch nichts von alledem. Ich brauche jemanden, der die Familie von Maria Caprese findet, Angelos erster Frau. Vielleicht gibt es dort noch Spitze, die sie hergestellt hat. Ich will wissen, ob es irgendetwas gibt, das uns mit ihr verbindet. Was immer wir herausbekommen, muss in der Familie bleiben und darf niemals an die Öffentlichkeit dringen.« Sie sah zu ihm auf. »Wenn Sie für uns übersetzen und als Zeuge auftreten könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    »Es wäre mir eine Freude, Ihnen zu helfen. Sicher ist es nicht schwer, die Familie ausfindig zu machen. Hier in Italien waren wir sehr gut darin, Menschen zu registrieren, dafür hat
il Duce
gesorgt. Vielleicht können wir heute Abend hinfahren …«
    Ella merkte, wohin das führte. »Clare muss auch mitkommen. Es ist wichtig, dass sie dabei ist. Ich habe diese Sache schon viel zu lange vor ihr verborgen.«
    »Natürlich«, erwiderte er. »Soll ich Sie abholen?«
    »Nein, wir kommen zu Ihnen.«
    »Was soll diese Geheimniskrämerei?«, fragte Clare lachend, als sie sich nach ihrem Mittagsschlaf aus dem Haus stahlen und ins Auto stiegen.
    »Es ist nur eine Idee, um die Dinge zu beschleunigen, wie ich hoffe. Wir werden jemanden besuchen. Ich weiß noch nicht genau, wo, aber Piero bringt uns dorthin.«
    »Bin ich etwa der Anstandswauwau? Ich habe mich schon gewundert, warum du dich so
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