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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
Autoren: Nicola Förg
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die andere Leiche?«
    »Liabs Madel, wir haben hier die ganze Nacht einen Brand gelöscht, der aufs gesamte Dorf hätte übergreifen können. Und mit Bränden hat Ugau in seiner Geschichte ja durchaus schlechte Erfahrungen gemacht«, sagte Herbert nun etwas schärfer.
    Kathi drehte sich um und beäugte ihre Kollegin mit einer Mischung aus Verachtung und Bedauern. Andrea war blass wie der Schnee und sah aus, als müsse sie gleich kotzen. Kathi hatte sich vorgenommen, netter zu ihr zu sein. Vor allem jetzt, wo Irmi nicht da war. Deshalb schickte sie Andrea zu den Spurensicherern, weg vom Fundort der Leichen.
    Auch Kathi fühlte sich irgendwie zittrig, wenn sie ehrlich war. Zwei verbrannte Menschen in einem Silo in Unterammergau. Was für ein Wahnsinn. Und was für ein Wintermorgen, der doch still hätte sein müssen. Stad wie die ganze stade Zeit, wo die Tage kurz waren und weniger forderten als der aufdringliche Sommer, der einem den Schlaf raubte, weil man bis nachts um halb elf draußen saß und am nächsten Morgen das Licht schon so früh ins Zimmer fiel. Irmi sagte immer, dass sie den Sommer hasste. Sie mochte diese frühe Dunkelheit, darum war sie wohl auch dorthin gereist, wo es noch dunkler war. Sie fehlte hier.
    Schließlich gaben die Spurensicherer das Startzeichen, die Leichen aus der Ruine zu holen. Herbert wusste, was das hieß. Dafür waren nun wieder sie zuständig. Sie, die Männer fürs Grobe. Zusammen mit seinen Kollegen Sepp, Willi und Hans verrichtete er diesen gruseligen Dienst. Sie schoben die Brandopfer in zwei Leichensäcke. Es war leicht, die Toten wogen fast nichts.
    »Der Leib hebt lang gut zamm«, sagte Willi.
    Herbert schwieg, jeder hatte seine eigene Art, mit solcher Pein umzugehen. Zusammen mit Sepp trug er den ersten Sack und lud ihn ins Auto der Gerichtsmedizin.
    Willi stand derweil in der Tenne. Was do no alls rumflackt, dachte er und kickte das dunkle Gebilde, das er neben dem ausgebrannten Silo entdeckt hatte, mit dem Stiefel aus dem Gebäude. Sein Kollege Hans hatte davon gar nichts mitbekommen.
    Allmählich wurde es ruhiger. Die Nachbarwehren waren davongefahren. Kathi war im Gespräch mit den Brandermittlern, die Herberts Ansicht teilten und den Brandherd jetzt schon lokalisieren konnten. Sie wollten noch jemanden aus München hinzuziehen und versprachen, rasch zu arbeiten. Die Gerichtsmedizin stand in den Startlöchern. Kathi hatte Franz Schmid zu ihrem Wagen gebeten.
    »Ich habe gehört, die Pflegerin Ihrer Eltern wird vermisst. Sie war nicht im Haus, wo sie ja wohl eigentlich hätte sein müssen.«
    Franz Schmid, der um die fünfzig sein musste, hatte wirres, graubeigeblondes Haar, das vermutlich selten einen Schnitt bekam. Kathi blickte auf die geplatzten Äderchen, die wie ein feines Gespinst seine Wangen überzogen. Sein linkes Augenlid hing leicht nach unten, ein schöner Mann war das nicht. Wahrscheinlich war er das nicht einmal in jungen Jahren gewesen, bevor er viel zu viel gesoffen hatte.
    »Ja, sie war dann wohl nicht da«, sagte der Mann mürrisch.
    Kathi riss die Augen auf. »Das ist alles, was Sie mir zu sagen haben? In der Tenne Ihrer Eltern lagen zwei Tote! Ist Ihnen vielleicht schon mal die Idee gekommen, dass Ihre Pflegerin die eine davon sein könnte?«
    »Die Idee scho.«
    Selbst wenn man dem Mann eine gewisse Verwirrung nach so einer Nacht zubilligen wollte, erzeugte so viel Einsilbigkeit bei Kathi starke Aggressionen.
    »Schmid!«, brüllte sie. »Zwei Tote! Und die Pflegerin fehlt. Hat sie einen Freund? Wo könnte das Madel stecken? Verstehen Sie mich?«
    Er schwieg, von Kathis Ausbruch wenig beeindruckt. An diesem Mann schien alles abzutropfen.
    »Das weiß man bei solchen doch nicht«, sagte er schließlich.
    »Solchen was?«
    »Na ja, Ostweibern halt. Sind doch alle nur auf Männer aus, die sie heiraten und rausholen aus den Karpaten.«
    Kathi sah wieder Irmi vor sich, die in solchen Momenten ganz leise wurde und Eiseskälte in ihre Stimme zu legen vermochte. Sie war nahe dran, dem Schmid Franzl eine zu scheuern.
    »Ich frag Sie nun zum letzten Mal: Haben Sie eine Idee, wo das Madel sein könnte?«
    »Nein, normal müsst sie da sein. Dafür wird sie ja bezahlt, die Trutschn.« Franz Schmid war so kooperativ und gesprächig wie ein zermergelter Hackstock.
    Kathi atmete tief durch. Dann zählte sie innerlich bis fünf. Irmi hatte ihr mal geraten, bis zehn zu zählen, aber so weit kam sie nicht, ehe es aus ihr herausschrie: »Und wenn sie doch im Silo lag?
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