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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies
Autoren: Inge Loehnig
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vermutlich nicht.«
    Wenn sie das jetzt bestätigte, würde sie als eiskalte Bitch durchgehechelt werden. Von wegen, Jungs tratschen nicht.
    »Quatsch.«
    »Warum redest du dann nicht mit ihm?«
    »Das ist ja wohl keine gute Idee. Dann macht er sich Hoffnungen.«
    »Ja, und so schafft er sich in eine echte Depression rein.«
    Die Worte weckten eine diffuse Angst in ihr. »Quatsch. Sven doch nicht.«
    Rick ließ sich ungefragt neben ihr auf die Bank fallen. Breitbeinig saß er da, stützte die Unterarme auf die Oberschenkel und starrte auf den Boden. »Du kennst ihn echt nicht. Obwohl du acht Monate seine Freundin warst.« Mit einem Ruck drehte er den Kopf und sah sie an. »Ich hab Schiss, dass er vor die U-Bahn springt.«
    »Was! Du spinnst! Sven doch nicht!« Sie hörte den schrillen Klang ihrer Stimme und spürte die Angst, die in ihr aufstieg und ihre Worte zur Lüge machte. Doch! Sven war das zuzutrauen. Er hatte so eine dunkle Ader in sich. Wenn er nun sprang? Ihretwegen! Unvorstellbar!
    »Rede mit ihm. Er versteht einfach nicht, warum du Schluss gemacht hast. Ich übrigens auch nicht. Muss ich ja nicht. Aber Sven. Ruf ihn an.« Rick stand auf und blieb vor ihr stehen. »Machst du das?«
    »Ja. Okay.«
    »Sicher?«
    »Sag ich doch. Ich ruf ihn an. Noch heute. Okay?«
    Rick nickte, drehte sich um und ging.
    Puh!
    Eine Weile blieb sie noch sitzen und dachte nach. Dann zog sie das Handy aus der Tasche und schickte Sven eine SMS. Lass uns reden. Morgen. Ich melde mich. Bevor sie das Telefon wieder verstaute, schaltete sie es aus. Noch eine SMS von Sven und sie würde schreien.
    Die Cola war schal geworden. Sie ließ den Becher einfach auf der Bank stehen, nahm die Plastiktüte und ging nach Hause.
    Keiner daheim. Ihre Eltern schufteten noch. Aus dem Kühlschrank nahm sie einen Piccolo, goss den Sekt in ein Glas und ging damit in ihr Zimmer. Den MP3-Player stöpselte sie an die Minilautsprecher und suchte in der Playlist nach einem Album von Adam Green, dabei trank sie einen Schluck. Der Sekt prickelte auf der Zunge. Nach dem zweiten Zug fühlte sie sich bereits leicht und ganz unbeschwert. Baby, come dance with me. Adam Greens Stimme füllte den Raum. So spröde und doch so weich.
    Jeans und Pulli streifte sie ab, warf beides auf den Boden, schlüpfte aus der Unterwäsche und holte die neuen Dessous aus der Tüte. Baby, come dance with me. Ein türkisfarbener String und ein dazu passender Push-up-BH. Beides zog sie an, zupfte Träger und Spitze zurecht und betrachtete sich in der Spiegeltür des Kleiderschranks. Was für ein Anblick! Nils würde die Luft wegbleiben. Langsam begann sie zu tanzen, bewegte ihren Körper im Takt des Songs. Baby, come dance with me. Spitze, blaugrün wie das Meer. Haut wie polierte Bronze. Ein Busen, der sich ein wenig aus dem Körbchen wölbte. Sie drehte sich um die eigene Achse, wiegte die Hüften. Feel my love, coming from the heavens above. Ein Po, glatt und rund, wie ein Pfirsich. Sie neigte den Kopf und machte einen sexy Schmollmund. Ihrem Spiegelbild drückte sie einen Kuss auf die Lippen und malte sich aus, es wären die von Nils. When my eyes meet your eyes, you know it’s true. Langsam trank sie das Glas leer. Baby, come dance with me. Ihre Arme schlangen sich um ihre Schultern, während sie sich vorstellte, es wären seine. You are lost and I’m at home and nobody wants to be here alone. Ach Nils! Sie sehnte sich so nach ihm. »Man I’m doin’ some dirty wishin’«, hauchte sie im Duett mit Adam Green ihrem Spiegelbild zu. »Let’s both get on that rocket to the stars. Baby come dance with me.« Mit geschlossenen Augen ließ sie sich aufs Bett fallen und träumte von Nils.

6
    Sandras Drohung, zum Jugendamt zu gehen, zeigte kurzfristig Wirkung. Als sie und Vanessa am nächsten Tag von der Schule kamen, lagen fünfundzwanzig Euro auf dem Küchentisch und im Kühlschrank befanden sich einige Lebensmittel. Einen Zettel mit der neuen Adresse hatte Laura allerdings nicht hinterlassen und auf ein weiteres Lebenszeichen warteten die Mädchen vergeblich. Laura war nur noch auf dem Handy erreichbar, allerdings nicht häufig. Das Geld war nach ein paar Tagen ausgegeben. Der Kühlschrank war schon wieder leer. Die Wohnung sah noch immer schrecklich aus, denn das Minibudget reichte einfach nicht für Putzmittel. Immer war anderes wichtiger.
    Als Sandra an diesem Morgen aufstand, befand sich im Kühlschrank nur noch ein Ei. Das kochte sie für Vanessa zum Frühstück, kratzte den
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