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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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ein paar Kaltlichter gefunden.« Er brach ein bleistiftgroßes Röhrchen auf und legte es neben das Grab auf den Boden, wo es ein unheimliches, aber helles blaugrünes Licht abgab. Er beobachtete ihre Anstrengungen kritisch.
    Sie stach heftig auf den Boden ein, weil sie sich über Vorkosigans prüfende Blicke ärgerte. Gehen Sie weg, dachte sie, und lassen Sie mich meinen Freund in Frieden begraben. Sie wurde befangen, als ihr ein neuer Gedanke kam: Vielleicht wird er mich nicht zu Ende graben lassen – ich brauche zu lange … Sie grub noch angestrengter.
    »Bei diesem Tempo werden wir noch nächste Woche hier sein.«
    Wenn ich mich schnell genug bewege, fragte sie sich gereizt, kann ich ihm dann eins mit der Schaufel überziehen? Nur einmal …
    »Gehen Sie und setzen Sie sich zu Ihrem Botaniker.« Er streckte ihr seine Hand entgegen, und endlich ging es ihr auf, dass er freiwillig Hilfe beim Graben anbot. »Oh …« Sie ließ das Werkzeug los. Er zog sein Kampfmesser und schnitt dort, wo sie ihr Rechteck markiert hatte, die Graswurzeln durch, dann begann er zu graben, viel wirkungsvoller, als sie es getan hatte. »Was für Arten von Aasfressern haben Sie hier in der Gegend gefunden?«, fragte er sie zwischen zwei Würfen Erde aus dem Grab. »Wie tief muss das hier werden?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte sie. »Wir sind nur drei Tage hier unten gewesen. Das Ökosystem ist jedoch ziemlich komplex, und die meisten Nischen, die man sich vorstellen kann, scheinen gefüllt zu sein.«
    »Hm.«
    »Leutnant Stuben, mein Chefzoologe, hat ein paar dieser grasfressenden Sechsfüßler gefunden, tot und schon ziemlich weit aufgefressen. Bei einem der Tierkadaver hat er ganz kurz etwas gesehen, das er als struppige Krabbe bezeichnete.«
    »Wie groß war das Ding?«, fragte Vorkosigan neugierig.
    »Das hat er nicht gesagt. Ich habe Bilder von Krabben von der Erde gesehen, sie scheinen nicht sehr groß zu sein – so groß wie Ihre Hand vielleicht.«
    »Ein Meter dürfte reichen.« Er setzte mit kurzen kraftvollen Stößen der unzureichenden Schaufel das Graben fort. Das Kaltlicht beleuchtete sein Gesicht von unten und warf Schatten seiner schweren Kinnbacken, der geraden breiten Nase und der dicken Augenbrauen nach oben. Auf der linken Seite seines Kinns hatte er eine alte, verblichene Narbe in der Form eines L, bemerkte Cordelia. Er erinnerte sie an einen Zwergenkönig aus einer nordischen Saga, der in unergründlicher Tiefe grub.
    »Drüben bei den Zelten gibt es eine Stange. Ich könnte das Licht oben dran befestigen«, bot sie an, »damit es Ihnen bei der Arbeit leuchtet.«
    »Das wäre hilfreich.«
    Sie ging zu den Zelten, außerhalb des Kreises aus kaltem Licht, und fand die Stange, wo sie sie am Morgen hatte fallen lassen. Sie kehrte zu der Grabstelle zurück, befestigte das Licht mit ein paar starken Grashalmen an der Stange und steckte sie aufrecht in die Erde. Dadurch wurde der Lichtkreis weiter. Sie erinnerte sich an ihren Plan, Farn für Dubauer zu sammeln und wandte sich dem Wald zu, doch dann hielt sie an. »Haben Sie das gehört?«, fragte sie Vorkosigan.
    »Was?« Selbst er begann jetzt zu keuchen. Er hielt inne, bis zu den Knien in dem Loch, und horchte mit ihr.
    »Eine Art trippelndes Geräusch, es kam aus dem Wald.«
    Er wartete eine Minute lang, dann schüttelte er den Kopf und setzte seine Arbeit fort.
    »Wie viele Kaltlichter gibt es hier?«
    »Sechs.«
    So wenige. Sie wollte sie nicht verschwenden, indem sie zwei auf einmal leuchten ließ. Sie wollte ihn gerade fragen, ob es ihm etwas ausmachte, eine Zeitlang im Dunkeln zu graben, da hörte sie das Geräusch wieder, diesmal deutlicher.
    »Da draußen ist was.«
    »Sie wissen eben, dass da was sein kann«, sagte Vorkosigan. »Die Frage ist …«
    Die drei Kreaturen stürzten gleichzeitig in den Lichtkreis. Cordelia sah schnelle, niedrige Körper, ganz und gar zu viele haarige schwarze Beine, halslose Köpfe mit jeweils vier kleinen, runden, glänzenden schwarzen Augen und rasiermesserscharfen gelben Schnäbeln, die klapperten und zischten. Die Tiere hatten die Größe von Schweinen.
    Vorkosigan reagierte auf der Stelle und hieb dem Tier, das ihm am nächsten kam, mit dem Schaufelblatt genau auf den Kopf. Ein zweites Tier warf sich auf den Körper von Rosemont, biss tief in den Stoff und das Fleisch eines Armes und versuchte, ihn aus dem Licht zu ziehen. Cordelia packte ihre Stange und rammte sie mit voller Wucht in das Tier, versetzte ihm einen
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