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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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sagte Vortala. »Nicht einmal, wenn er auf dem Wasser wandeln könnte.«
    »So machen Sie ihn doch zu einem Vor. Geben Sie ihm einen Rang, der zu dem Amt passt.«
    »Vorkosigan«, sagte Vortala entgeistert, »er gehört nicht zur Kriegerkaste!«
    »Und auch viele unserer besten Soldaten gehören nicht dazu. Wir sind nur Vor, weil irgendein toter Kaiser einen unserer toten Vorfahren dazu erklärt hat. Warum soll man diese Sitte nicht wieder einführen, als eine Belohnung für Verdienste? Besser noch, erklärt alle zu Vor und dann habt ihr damit den ganzen verdammten Unsinn ein für allemal beendet.«
    Der Kaiser lachte, dann würgte er und musste husten und spucken. »Würde das nicht der Volksverteidigungsliga den Teppich unter den Füßen wegziehen? Was für ein attraktiver Gegenvorschlag gegenüber der Idee von der Ermordung der Aristokratie! Ich glaube, selbst diejenigen von ihnen, die am wildesten dreinschauen, könnten nicht mit einem radikaleren Vorschlag kommen. Sie sind ein gefährlicher Mann, Lord Vorkosigan.«
    »Sie hatten mich nach meiner Meinung gefragt.«
    »Ja, in der Tat. Und Sie sagen sie mir immer. Seltsam.« Der Kaiser seufzte. »Sie können aufhören, sich zu winden, Aral. Sie werden sich nicht aus dieser Sache herauswinden.
    Erlauben Sie mir, es kurz zu umreißen. Was die Regentschaft erfordert, ist ein Mann von untadeligem Rang, von nicht mehr als mittlerem Alter, mit einem starken militärischen Hintergrund. Er sollte bei seinen Offizieren und Männern populär sein, der Öffentlichkeit wohlbekannt, und vor allem vom Generalstab respektiert. Hart genug, um sechzehn Jahre lang eine nahezu absolute Macht in diesem Irrenhaus zu behalten, und ehrlich genug, um diese Macht am Ende dieser sechzehn Jahre einem jungen zu übergeben, der ohne Zweifel ein Idiot sein wird – ich war es auch, in diesem Alter, und wie ich mich erinnere, waren Sie es ebenfalls – und, oh ja, glücklich verheiratet sollte er sein. Das verringert die Versuchung, über die Prinzessin zu einem Schlafzimmerkaiser zu werden. Kurz gesagt, der Mann sind Sie selbst.«
    Vortala grinste. Vorkosigan runzelte die Stirn. Cordelia wurde es flau im Magen.
    »O nein«, sagte Vorkosigan, ganz bleich im Gesicht. »Sie werden mir das nicht aufbürden. Es wäre grotesk. Wenn von allen Männern ich in die Fußstapfen seines Vaters träte, zu ihm mit der Stimme seines Vaters spräche, der Berater seiner Mutter würde – das wäre noch schlimmer als grotesk. Das wäre obszön. Nein.«
    Vortala reagierte verdutzt auf diesen heftigen Ausbruch. »Ein bisschen schickliche Zurückhaltung ist eine Sache, Aral, aber wir wollen doch nicht zu weit gehen. Wenn du beunruhigt bist wegen der Abstimmung, die haben wir schon im Sack. Jedermann kann sehen, dass du der Mann der Stunde bist.«
    »Jedermann wird das ganz sicher nicht sehen. Vordarian wird auf der Stelle mein Feind werden, und ebenso der Minister des Westens. Und was die absolute Macht angeht, so wissen Sie, Sir, was für eine falsche Schimäre dieser Begriff ist. Eine zweifelhafte Illusion, beruhend auf … – Gott weiß was. Magie. Taschenspielerei. Glauben an die eigene Propaganda.«
    Der Kaiser zuckte vorsichtig die Achseln, wobei er achtgab, dass seine Schläuche nicht verschoben wurden. »Nun, das wird nicht mein Problem sein, sondern das von Prinz Gregor und seiner Mutter. Und das von – jeder Person, die davon überzeugt werden kann, in ihrer Stunde der Not ihnen beizustehen. Wie lange, meinen Sie, könnten sie aushalten, ohne Hilfe? Ein Jahr? Zwei?«
    »Sechs Monate«, murmelte Vortala.
    Vorkosigan schüttelte den Kopf. »Sie haben mich mit diesem Argument des ›was wäre, wenn‹ schon vor Escobar festgenagelt. Es war damals falsch – wenn ich auch einige Zeit brauchte, um das einzusehen –, und es ist jetzt auch falsch.«
    »Nicht falsch«, widersprach der Kaiser. »Weder damals noch jetzt. Daran muss ich glauben.«
    Vorkosigan gab ein wenig nach. »Ja. Ich kann verstehen, dass Sie das müssen.« Sein Gesicht verkrampfte sich frustriert, als er den Mann in dem Bett betrachtete. »Warum muss ich es sein? Vortala hat mehr politischen Scharfsinn. Die Prinzessin hat ein besseres Recht. Quintillian hat die Innenpolitik besser im Griff. Sie haben sogar bessere Militärstrategen. Vorlakial. Oder Kanzian.«
    »Sie können jedoch keinen dritten nennen«, murmelte der Kaiser.
    »Nun ja – vielleicht nicht. Aber Sie müssen mich verstehen. Ich bin nicht der unersetzbare Mann, den Sie aus
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