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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Glückwünsche zu einem bemerkenswerten Fang. Mylady.« Er beugte sich über ihre Hand und küsste sie mit einer Art manischem Savoir-faire.
    Cordelia blinzelte bei dieser Beschreibung ihrer Person, aber es gelang ihr ein »Guten Tag, Sir« als Antwort. Vortala blickte ihr abwägend in die Augen.
    »Es ist schön, dass Sie sich für einen Besuch freimachen konnten, Sir«, sagte Vorkosigan. »Meine Frau und ich«, er betonte diese Worte, es klang, als hätte er einen Schluck von einem Wein mit superbem Bouquet getrunken, »hätten Sie fast verpasst. Ich hatte ihr versprochen, sie heute ans Meer mitzunehmen.«
    »Ganz recht … Aber wie es nun mal so geht, ist dies kein gesellschaftlicher Besuch. Ich spiele den Botenjungen für meinen Meister. Und meine Zeit ist leider begrenzt.«
    Vorkosigan nickte. »Dann werde ich die Herren allein lassen.«
    »Ha. Versuch dich nicht davonzustehlen, mein Junge. Die Botschaft ist für dich.«
    Vorkosigan blickte argwöhnisch drein. »Ich habe nicht gedacht, dass der Kaiser und ich einander noch irgend etwas zu sagen hätten. Ich dachte, ich hätte das klargemacht, als ich meinen Abschied einreichte.«
    »Ja, nun gut, er war vollkommen zufrieden damit, dich aus der Hauptstadt zu haben, während noch diese Drecksarbeit mit dem Ministerium für Politische Erziehung zu erledigen war. Aber ich wurde beauftragt, dich zu informieren«, er verbeugte sich leicht, »dass du aufgefordert und ersucht wirst, ihn zu besuchen. Heute Nachmittag. Und deine Frau auch«, fügte er hinzu.
    »Weshalb?«, fragte Vorkosigan grob. »Ehrlich gesagt, Ezar Vorbarra stand nicht auf meinem Plan für heute – und auch nicht für später.«
    Vortala wurde ernst. »Er hat keine Zeit mehr zu warten, bis du des Landlebens überdrüssig wirst. Er liegt im Sterben, Aral.«
    Vorkosigan atmete heftig aus. »Er liegt schon seit elf Monaten im Sterben. Kann er nicht ein bisschen länger sterben?«
    Vortala lachte leise. »Fünf Monate«, korrigierte er gedankenverloren, dann runzelte er nachdenklich die Stirn und blickte Vorkosigan an. »Hm. Nun ja, es kam ihm sehr gelegen. Er hat in den letzten fünf Monaten mehr Ratten aus ihren Löchern gejagt als in den letzten zwanzig Jahren. Man konnte praktisch die Fortschritte der Säuberung der Ministerien nach seinen medizinischen Bulletins abhaken. In der einen Woche: Zustand sehr ernst. In der nächsten Woche: wieder ein stellvertretender Minister der Unterschlagung überführt.« Er wurde wieder ernst. »Aber diesmal ist es echt. Du musst ihn heute besuchen. Morgen könnte es zu spät sein. In zwei Wochen ist es bestimmt zu spät.«
    Vorkosigan presste die Lippen zusammen. »Wofür will er mich haben? Hat er das gesagt?«
    »Ach … ich glaube, er hat einen Posten für dich in petto für die bevorstehende Regentschaftsregierung. Über den du bei eurem letzten Treffen nichts hören wolltest.«
    Vorkosigan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es einen Posten in der Regierung gibt, der mich verlocken könnte, diese Arena noch einmal zu betreten. Nun, vielleicht … – nein. Nicht einmal das Kriegsministerium. Das ist verdammt noch mal zu gefährlich. Hier habe ich ein schönes, ruhiges Leben.« Sein Arm umfing schützend Cordelias Taille. »Wir werden eine Familie haben. Ich möchte sie nicht den Gefahren dieser Gladiatorenpolitik aussetzen.«
    »Ja, ich kann dich mir richtig vorstellen, wie du deinen Lebensabend verbringst – im Alter von vierundvierzig. Ha! Trauben pflücken, mit deinem Boot segeln – dein Vater hat mir über dein Segelboot erzählt. Ich habe übrigens gehört, man wird zu deinen Ehren das Dorf in Vorkosigan Sousleau umbenennen …«
    Vorkosigan prustete, und sie verbeugten sich ironisch voreinander.
    »Wie dem auch sei, du wirst es ihm selber sagen müssen.«
    »Ich bin – neugierig, den Mann kennenzulernen«, murmelte Cordelia. »Wenn es wirklich die letzte Chance ist.«
    Vortala lächelte ihr zu, und Vorkosigan gab widerstrebend nach. Sie kehrten in sein Schlafzimmer zurück, um sich fertigzumachen. Cordelia zog ihr formellstes Nachmittagskleid an, Vorkosigan seine grüne Ausgehuniform, die er seit ihrer Hochzeit nicht mehr getragen hatte.
    »Warum so nervös?«, fragte Cordelia. »Vielleicht möchte er nur von dir Abschied nehmen oder so.«
    »Denk daran, wir reden über einen Mann, der sogar seinen eigenen Tod für seine politischen Absichten einsetzen kann. Und wenn es einen Weg gibt, Barrayar von jenseits des Grabes aus zu regieren, dann
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