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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht
Autoren: Ella Danz
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Anlass gemäß einfach stimmte. Hübsch gezeichnete Namenskärtchen wiesen den Anwesenden ihre Plätze zu. An den Kopfenden der bestimmt acht Meter langen Tafel nahmen selbstverständlich jeweils Schlossherr und Schlossherrin Platz. Helene kam zwischen einen der anderen alleinreisenden Herren und Herrn Schmidt zu sitzen, was sie gar nicht so schlecht fand.
    Und dann trugen die dienstbaren Geister den ersten Gang auf. Erwartungsvoll betrachtete Helene das appetitliche Ensemble auf dem rohen Holzteller vor sich: Ein Scheibchen Pastete, grob gekörnt, altroséfarben mit kräftig brauner Kruste, neben drei hauchzarten Röllchen samtroten Schinkens und einem Fächer aus Salamischeiben. Dazwischen eingelegte Waldpilze und grüne Tomaten sowie ein dicker Klecks rubinroten Preiselbeermuses auf einem Kohlrabiblatt. Körbchen mit einem nach Anis duftenden Landweißbrot, leicht grau in der Farbe durch den Roggenanteil und mit einer knusprigen Rinde, wurden herumgereicht, ebenso irdene Schüsselchen voller goldgelber, glänzender Butter. Endlich hatten sich alle bedient und man konnte mit dem Essen beginnen.
    Es mundete köstlich! Sämtliche Vorspeisenbestandteile waren natürlich hausgemacht, so auch der Wildschweinschinken und die Hirschsalami, wie die Gräfin ausdrücklich betonte. So weit würde Helenes Ehrgeiz wahrscheinlich nicht gereichen, in ihrer Stadtwohnung luftgetrockneten Schinken und Salami zu produzieren, aber die Rehpastete konnte durchaus einmal in Frage kommen.
    Zu dieser deftigen Vorspeise mundete ein aus der Mainregion stammender Weißburgunder einfach vortrefflich, wie Helene und ein Großteil der übrigen Tischgesellschaft feststellten. Nur die beiden anderen männlichen Einzelwesen außer Herrn Schmidt hatten etwas zu mäkeln, nachdem sie, Kennerschaft vorgebend, den ersten Schluck geräuschvoll mit Luft durchmischt eingesogen hatten:
    »Zu traubenmäßig im Abgang, zu kantig, kein rundes Bouquet und außerdem mindestens zwei Grad zu kühl.«
    Helene verdrehte innerlich die Augen. Solche Beckmesserei lag ihr gar nicht. Freundlich hob sie ihr Glas zu Herrn Schmidt, der erfreut zurückprostete, und spülte die giftige Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, einfach hinunter. Sollten die beiden Herren, deren Gespräche sich zuvorderst um möglichst günstige Quellen für besonders erlesene Genussmittel drehten, beziehungsweise um die Möglichkeit damit Geschäfte zu machen, sollten die beiden doch kritteln! Sie ließ sich davon das Mahl nicht verderben. Der Alkohol tat bereits seine angenehm lockernde Wirkung und leutselig fragte sie ihren Tischnachbarn:
    »Und was tun Sie so im richtigen Leben, Herr Schmidt?«
    »Nennen Sie mich doch einfach Hans, bitte, ja? Zum Broterwerb betreibe ich ein zahntechnisches Labor – irgendwovon muss der Mensch ja leben. In der Freizeit ergötze ich mich an italienischen Opern und ich koche leidenschaftlich gern für liebe Menschen, die das zu genießen wissen.«
    Au backe, strenge Maßstäbe, dieser Hans. Ob er wohl für mich kochen würde, dachte Helene bei sich? Männer sind immer so prinzipiell.
    »Dass ich hier an diesem Wochenende teilnehme, verdanke ich der Spontaneität meiner Mitarbeiter. Die haben gesehen, dass ein Ersatzteilnehmer für dieses Wochenende gesucht wurde, und kurzerhand für mich gebucht. Als verfrühtes Geburtstagsgeschenk, damit ich mal rauskomme. Die meinen, ich arbeite im Moment zu viel. Erschöpfend Auskunft erteilt?«
    »Nicht ganz, Hans.« Helene versuchte ein schelmisches Lächeln.
    »Zurzeit alleinstehend. Und wer oder was sind Sie, Helene? Ich darf doch Helene sagen?« Hans hatte die Frage richtig verstanden und war nun auch neugierig. Helene nickte großzügig.
    »Eigentlich bin ich Kunsthistorikerin, habe aber meine Karriere der Familie geopfert, wie man so schön sagt. Ohne Reue übrigens. Ich bin nämlich eine glücklich verheiratete Frau und Mutter zweier halbwüchsiger Kinder. Seit die beiden aus dem Gröbsten raus sind, arbeite ich hin und wieder in der Galerie einer Freundin, organisiere Ausstellungen mit, helfe bei den Katalogen, richte die Vernissagen aus und was sonst noch so anfällt. Das macht mir Spaß. Und meine Passion, wenn Sie so wollen, ist die Kocherei und alles, was damit zusammenhängt.«
    »Eine glücklich verheiratete Frau? Ich hätte nicht vermutet, dass es so etwas heute noch gibt. Bin ich nicht ein richtiger Glückspilz, dass ich Sie hier kennen lernen durfte?« Ihr Tischnachbar grinste schief. Helene musste über
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