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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht
Autoren: Ella Danz
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strengster und vor allem kompetentester Kritiker, was ihr Wirken in der Küche anbetraf, den sie nicht mehr missen wollte.
     
    »Mmh, das war göttlich. Aber jetzt bin ich gut satt.« Mit einem zufriedenen Seufzer legte Hans sein Besteck beiseite und wischte sich mit der Serviette den Mund. Es hatte ihm so gut geschmeckt, dass er sich noch einen großen Nachschlag genommen hatte. Wohlweislich hatte Helene darauf verzichtet, da sie ahnte, dass es sich lohnen würde, noch Platz für das Dessert zu lassen.
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass wir beide nicht den Jäger aus Kurpfalz spielen wollen?« Hans blickte Helene mit einem fragenden Lächeln an.
    »Ich muss gestehen, die Pirsch interessiert mich auch nicht gerade brennend. Allerdings, das Zerlegen und Gebrauchsfertigmachen des Wildes schon eher. Wir kaufen öfter mal ein ganzes Lamm vom Bauern. Ich weiß, das ist noch was anderes als Wild – aber jedes Mal habe ich die Schwierigkeiten, es sauber zu zerteilen und in praktikablen Portionen einzufrieren. Ich komme mir dann immer so stümperhaft vor. Die Knochen zersplittern, und zum Teil reißen die schönsten Stücke aus reinen Muskelfasern auseinander. Beim Kochen zerfällt dann alles. Das Fleisch ist oft nur noch für Ragout zu gebrauchen.« Unversehens war Helene in einen fachsimpelnden Ton verfallen und erregte mit ihren Ausführungen die Aufmerksamkeit des Kreativen, der schräg gegenüber platziert war.
    »Was erzählen Sie denn für blutrünstige Geschichten? Vielleicht sollten Sie lieber einen Kurs auf dem Schlachthof machen. Das Waidwerk ist eine hohe Kunst, liebe Frau! Prost, edle Jagdgesellen«, dröhnte er herüber.
    Barbie versuchte ihn, der offensichtlich schon reichlich den Tropfen aus des Grafen Weinkeller zugesprochen hatte, durch intensive Zuflüstereien wieder zum Schweigen zu bringen. Irgendwann gelang ihr das auch, denn er ließ nur noch ein trotziges »Ist doch wahr!« hören und hing dann wieder mit der Nase im Weinglas.
    Bevor nun der Graf mit seinen Ausführungen zur Jagd beginnen konnte, wurde noch das Dessert serviert. Es stellte sich als das klassische errötende Mädchen heraus, eine kühl-herbe, angenehm dezent süße Mischung aus Sauermilch, Sahne und frischen Himbeeren, gebunden mit Sago anstelle von Gelatine. Seitdem Helene klar geworden war, dass Gelatine nichts als ein Extrakt aus gemahlenen Knochen war, die sie auch immer durchzuschmecken vermeinte, suchte sie diese Zutat als Verdickungsmittel stets zu vermeiden. Das war eine der wenigen Ausnahmen von etwas Essbarem, vor der es ihr grauste, denn ansonsten aß und kochte sie fast alles – wenn es ihr schmeckte.
     
    Während das Schlosspersonal die Tafel von den Überresten des Abendessens befreite, begann der Graf mit seiner kleinen Jagdplauderei, so der offizielle Programmpunkt. Helene lernte zu unterscheiden zwischen Hoch- und Niederwild, das sie bisher immer bestimmten Höhenlagen über dem Meere oder aber von der Größe der Tiere abhängig glaubte. Nein, die Zugehörigkeit zum höheren oder niederen Adel bestimmte, was einer jagen durfte. Und das gemeine Volk, sprich damals mehrheitlich die bereits als Leibeigene geknechteten Bauern, waren sowieso außen vor. Ihnen blieb bloß die Wilderei, während die adeligen Herren der jeweiligen Jagdmode frönten, immer mit den Waffen ausgestattet, die gerade en vogue waren. Letztendlich dies alles, um Mut und Tapferkeit zu beweisen und Herz und/oder Hand einer schönen und/oder stolzen Dame zu erobern. Männerspiele eben, war Helenes stiller Kommentar.
    Als er zu dem Thema der Wildhege kam, lief der Graf zu Hochform auf, um wirklich allen Anwesenden klar zu machen, dass Jäger und Jagd eine aktive Form des Umweltschutzes seien, ohne die es um unsere heimischen Wälder schlecht bestimmt sei. Homanns und der Wildkonservenmensch applaudierten frenetisch. Helene war auf diesem Gebiet eher leidenschaftslos. Sie hatte zwar schon über die Gruppen gelesen, die ihr Gastgeber der internationalen Terroristenszene zurechnete, die sich Bambis Rächer oder Schwarze Spechte nannten und durch das Ansägen von Hochsitzen den Jägern an den Pelz wollten. Aber sie hielt die Jägerei, in Grenzen betrieben, für eine durchaus vernünftige Einrichtung.
    Nun ging es um die verschiedenen Wildarten, Schonzeiten, Jagdwaffen, Jagdhunde, das jagdliche Brauchtum, und Helene begann langsam zu ermüden.
    Wie die anderen Kochinteressenten unterdrückte auch sie hie und da ein leises Gähnen, während die
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