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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah
Autoren: Jacquelyn Frank
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können beide die Anspannung in Noahs Geist sehen, kleine Blume«, sagte er unendlich sanft, »aber wir setzen unsere Freundschaft mit dem König aufs Spiel, wenn wir nur abwarten und zusehen, wie er sich selbst zerstört.«
    Isabella nickte ernst und streckte sich dann, um mit ihren sich öffnenden Lippen seinen Mund zu berühren, während sie ihre Finger in seinem graubraunen Haar vergrub, das ihm über den Nacken fiel.
    »Du hast recht«, seufzte sie und küsste ihn sanft. »Du hast vollkommen recht.«
    Der Geruch war süß wie gesponnener Zucker, der bei einer Kirmes in Fetzen durch die Luft flog. Das kindlich Unschuldige an diesem Duft strafte das unglaublich erwachsene Empfinden von Erregung und animalischem Verlangen Lügen, das ihn durchströmte. Es war eine Begierde, die er kannte, die er jedoch noch nie in solcher Intensität verspürt hatte. Er war geblendet davon, und er krampfte sich zusammen, als wäre sein Körper ein einziger erwartungsvoller Muskel.
    Sie hatte ihn bei jedem Schritt abgewehrt. Das tat sie stets. Manchmal dachte er, dass sie das nur tat, um ihn zu ärgern, doch meistens konnte er spüren, dass ihre Feindseligkeit Teil eines Machtkampfs war, den sie glaubte gewinnen zu müssen, egal um welchen Preis. Er fand, sie war zu jung, um so abgebrüht zu sein, obwohl es im Widerspruch zu der Art stand, mit der sein Kommen immer begrüßt wurde. Das immerhin war gewiss, wenn auch nichts sonst außer ihrem Zuckerwatteduft und ihrem langen, makellosen hellen Haar.
    Doch sie war für ihn bestimmt, vom Schicksal erwählt, ob sie wollte oder nicht. Dieser emotionale Widerstand würde schließlich brechen, wenn sie von anderen Gefühlen überwältigt wurde, die zu ihrer Seele sprachen und die über ihr erlerntes Verhalten und ihre geistigen Barrieren hinweggingen. Er nutzte das rücksichtslos aus, unterlief ihr Streben nach Macht, bis sie begreifen würde, dass die Prägung eine Kraft war, der sich keiner von ihnen widersetzen konnte.
    Seine Finger und Hände strichen über ihr festes weibliches Fleisch, das von einer übernatürlichen Beschaffenheit war. Sie fühlte sich an wie Blumenblüten, aber noch viel seidiger und lebendiger. Sie übertraf das vereinfachende Wort »zart« in jeder Hinsicht. Doch es konnte nicht darüber hinwegtäuschen, welche Stärke sich unter dieser seidigen Haut verbarg. Was war es nur, fragte er sich, was sie so stark machte? Wie würde es aussehen, wenn sein sinnlicher und emotionaler Krieg gegen sie sie unweigerlich dazu zwingen würde, sich zu ergeben?
    Er suchte nach Antworten auf all diese Fragen, während er hörte, wie sie enttäuscht den Atem ausstieß, der langsam und schwer wie eine dunstige Hochsommerbrise in Louisiana über ihn hinwegstrich. Er spürte ihr Haar, das sich in wirren Strähnen über seine erhitzte Haut ergoss wie schweres Wildwasser und ihn zu fesseln schien.
    Sosehr er es auch versuchte, mit welcher Macht auch immer, er konnte ihr Gesicht nicht sehen. Er wollte sie nach ihrem Namen fragen, doch er war stumm. Die Lähmung seiner Stimmbänder erfasste manchmal alle seine Extremitäten. Er konnte fühlen, doch nicht berühren. Dann konnte er wieder berühren, doch nur ihre Reaktion wahrnehmen. Er konnte schauen, doch nicht richtig sehen. Da war nichts außer dem schimmernden Weißblond ihres endlos langen Haars. Er knirschte aus unglaublicher Enttäuschung mit den Zähnen, kämpfte gegen die geheimnisvolle Bindung an, die seinen starken Willen gefangen hielt.
    Alles, was er wollte, war, ihr Gesicht zu sehen.
    Noah schrak aus dem Schlaf hoch und rang nach Luft.
    Er setzte sich jäh auf, die langen, kräftigen Finger in die Laken gekrallt, die um seine nackten Hüften und Beine geschlungen waren. Während er versuchte, weiter Sauerstoff in seine Lungen zu pumpen, rann ihm der Schweiß über seine aristokratisch geformte Nasen und tropfte herab … Sein dunkles Haar war triefend nass. Das trommelnde Geräusch von Tropfen, die aus den leicht gelockten Haarenden auf steife Laken fielen, glich dem Regen, der auf ein Dach fiel.
    Als er wieder bei sich war, wischte sich der Dämonenkönig mit einem Laken den Schweiß vom Gesicht, der ihn beinahe blind machte. Da erst bemerkte er, dass der Stoff verbrannt und steif war, so als hätte jemand ein Bügeleisen zu lange darauf stehen lassen.
    Und trotz dieses verbrannten Zustands trug es noch immer den süßlichen Duft von Zuckerwatte.

 
    2
    Corrine blickte auf, als sie das höfliche Klopfen an der Eingangstür
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