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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah
Autoren: Jacquelyn Frank
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auf sie. Mit einem Platschen landeten sie im Wasser. Kes packte sie, und nach einem weiteren Atemzug zog sie die Vampirin auf sich drauf.
    Die Kugel explodierte.
    Halb unter Wasser vernahm Kestra eine Reihe hässlicher Geräusche vom Körper der Vampirin, den sie wie einen Schild über sich hielt. Als das Plätschern um sie herum verstummte, schob sie den Körper beiseite. Ein Ast hatte den Kopf der Vampirin durchbohrt, also war sie ganz sicher tot. Sie wusste, dass dasselbe für den Vampir auf dem Felsen galt, der an der Stelle gestanden hatte, wo die Bombe eingeschlagen war.
    Ihre einzige Sorge galt nun Noah und den anderen beiden Vampiren. Sie hatte Noah vor der Explosion nicht geschützt, doch sie hatte keine andere Wahl gehabt. Sie war gezwungen gewesen, eine Explosion mit großer Reichweite zu benutzen, um die Chancen zu erhöhen. Während sie sich aufsetzte und sich nach den Vampiren umsah, wischte sie sich Wasser und Blut aus den Augen.
    Sie sah drei weitere Leichen in dem plötzlich ruhigen Wasser treiben.
    »Noah!«
    Sie achtete nur noch auf den Körper, der in seiner förmlichen Kleidung mit dem Gesicht nach unten im Wasser schwamm. Sie watete zu ihm hin, packte ihn und rief seinen Namen, während sie sich auf die Fersen hockte und ihn mit seinem schweren Gewicht auf ihre Oberschenkel zog, um seinen Kopf über Wasser zu halten. Seine Gesichtsfarbe war grau, seine natürliche Bräune von Schlamm verdeckt, vor allem um Mund und Nase.
    Kestra erschauerte vor Angst und spürte plötzlich die Kälte seiner Abwesenheit in ihrem Körper und in ihrem Geist. Seine Gedanken waren gänzlich verstummt.
    Ihr Geist war leer und allein.
    Sie handelte mit dem Mut der Verzweiflung und kramte ihre ziemlich eingerosteten Erste-Hilfe-Kenntnisse hervor, indem sie versuchte, seinen Mund von Schlamm und Dreck zu reinigen, um die Atemwege freizumachen. Das Ergebnis war jämmerlich, doch sie wusste, dass sie keine andere Möglichkeit hatte, als einfach weiterzumachen. Sie holte mühsam Luft durch ihren teilweise zugeschwollenen Hals, presste ihren Mund auf den seinen und beatmete ihn, während sie betete, dass sie das Richtige tat und dass ihre Atemluft genügen würde.
    Sie durfte ihn nicht verlieren. Jetzt, wo sie ihn doch gerade erst kennengelernt hatte. Er war der erste Mensch, der sie liebte, seit sie ihre Eltern verloren hatte. Sie hatte es akzeptiert, und sie war glücklich darüber. Während Kestra ihn beatmete, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie sich nur aus diesem Grund ihm gegenüber zurückgehalten hatte. Sie konnte es nicht ertragen, jemanden zu lieben und ihn dann zu verlieren. Und der Grund dafür zu sein, dass derjenige sterben musste.
    Kestra begann zu weinen, stumme Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie war umgeben von Wasser und hatte ihn auf ihre Oberschenkel gebettet. Er hätte eigentlich an einer flachen Stelle liegen müssen, doch sie wollte keine Zeit damit verschwenden, ihn hinüberzuschleppen. Sie beatmete ihn erneut, verfluchte Vampire und Schattenwandler und die Gier und alles, was ihr in den Sinn kam. Er hatte den Tod ausgetrickst für sie. Warum konnte sie das nicht für ihn tun? Aber sie musste. Etwas anderes kam nicht infrage. Sie musste ihn dazu bringen, zu atmen und am Leben zu bleiben. Es gab so viele, die ihn brauchten. Die Vollstrecker, deren Tochter und noch so viele andere. Seine Schwestern. Oh mein Gott, seine Schwestern.
    Und ich.
    Ja, dachte sie, und ein heftiger Schmerz durchzuckte ihre Seele. Sie brauchte ihn. Sie musste ihm sagen, wie sehr er sie verändert hatte. Wie sehr er ihr Leben verändert hatte. Und wie sehr sie das tatsächlich schätzte. Sie musste ihm sagen, wie viel Freude er ihr in diesen wenigen Wochen geschenkt hatte. Er konnte nicht von ihr gehen, ohne das erfahren zu haben. Sie hatte sich so bedeckt gehalten, hatte versucht, sich selbst zu schützen, hatte selbstsüchtig alte Wunden geleckt und sich hinter ihren Ängsten versteckt, als er von ihr hören wollte, was sie fühlte!
    Bei der nächsten Beatmung spritzte Wasser aus Noahs Mund, doch er atmete noch immer nicht selbstständig. Was würde sie darum geben, wenn sie Hilfe herbeirufen könnte wie ein Telepath!
    »Baby«, betete sie an seinen Lippen, während sie ihn beatmete. »Bitte.«
    Sie presste Atemluft in seinen Mund, und noch mehr Wasser und Schlamm kamen heraus. Sie säuberte seinen Mund und machte weiter.
    Bitte , beschwor sie ihn in Gedanken, bitte verlass mich nicht. Ich könnte es nicht ertragen.
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