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Schattenwandler 03. Elijah

Schattenwandler 03. Elijah

Titel: Schattenwandler 03. Elijah
Autoren: Jacquelyn Frank
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nicht die mächtigen Dämonen.
    Siena dachte an den Tag vor einem knappen halben Jahr zurück, an den Abend des letzten Beltane. Der sonst so festlich begangene Feiertag der Dämonen war von den Folgen des Krieges überschattet worden, den diese verräterischen Frauen begonnen hatten. An dem Tag, als sie in eine erbitterte Schlacht verwickelt worden waren, um ihre Leute vor einem Gemetzel zu schützen, das durch den pervertierten Willen dieser Frauen gesteuert worden war, hatte Siena auf der Seite der Dämonenarmee gestanden. In diesem Kampf hatte sie einen Eindruck von den Fähigkeiten des großen Kriegsführers bekommen. Er hatte ihr imponiert. So sehr, dass es sie irritierte, ihn jetzt in dieser misslichen Lage vorzufinden.
    Und sie hatte außerdem bemerkt, dass es die Dämonen besonders getroffen hatte, dass die als Angriffsziel ausgewählte Druidin damals schwanger gewesen war. Das Kind in ihrem Bauch war ebenso Ziel der Strafaktion gewesen wie sie selbst und ihr Dämonengatte, und den Krieger hatte dies persönlich erzürnt, obwohl es nicht sein Kind war und er selbst auch keine Kinder hatte.
    Männliche Lykanthropen hegten normalerweise nicht so tiefe Gefühle für Kinder, es sei denn, es waren ihre eigenen, und selbst dann gingen sie meist nur ihren Geschäften nach und überließen das Erziehen der Kinder den Frauen. Es war ein Instinkt, der oft vom natürlichen Verhalten des Tieres bestimmt war, in das sich die Männer verwandelten.
    Das Volk der Gestaltwandler war jedenfalls eine von Frauen dominierte Gemeinschaft. Es gab achtmal so viele Frauen wie Männer. Sie waren stets in der Überzahl gewesen, aber durch den Krieg hatte sich dies noch verstärkt. Der kriegerische Ehrgeiz hatte die Männer dezimiert.
    In einer solchen Gemeinschaft gab es mächtige matriarchalische Grundsätze, und sie waren ziemlich stolz darauf. Sie waren nicht sehr interessiert daran zu kämpfen, es sei denn, es ging um Nahrungssuche oder um Selbstverteidigung. Aber sich aufzumachen, um einem wehrlosen, unschuldigen Kind etwas anzutun, war für ihr Volk eine unerträgliche Vorstellung.
    Siena blieb unvermittelt stehen und schnupperte mit zuckenden Ohren, um zu prüfen, ob sie irgendwo Gefahr witterte. Sie spürte, wie Tiere ins Unterholz flitzten, aber ansonsten war nichts Ungewöhnliches zu bemerken.
    Sie waren fast zwei Kilometer vom ursprünglichen Kampfplatz entfernt, und in der Nähe gab es einen Fluss. Sie hätte sich die Zeit nehmen können, die restlichen Wunden zu waschen und zu verbinden und so ihre Spuren besser zu verwischen, damit sie nicht aufgespürt werden konnten. Aber die Sonne brach bereits durch die Bäume, und sobald ihre Strahlen sie erfassten, würde sie zu krank und schwach werden, um es mit ihrer Last bis zu ihrem Zufluchtsort zu schaffen. Obwohl es sie nicht töten würde, wenn sie einen Tag lang im schattigen Wald in der Sonne lag, würde es doch einige Zeit dauern, bis sie sich von der dadurch verursachten Krankheit erholt hätte. Und das würde den sicheren Tod des Mannes bedeuten.
    Also entschied sich Siena, das Risiko einzugehen, aufgespürt zu werden. Dort, wo sie hingingen, gab es Wasser, und die Zeit war knapp. Während sie für jemanden, der so eine schwere Last trug, erstaunlich schnell ging, dachte sie wieder über die Dämoninnen nach, die dieses Verbrechen gegen ihren einstigen Gefährten begangen hatten. Sie wusste Bescheid über Ruth und über deren ungute Beziehung zu ihrem Kind. Siena war eine von denen, die den Verrat aufgedeckt hatten.
    Es gab kein Tier auf der Welt, das ein Kind in seiner Entwicklung behinderte, indem es ihm verbot, die Höhle oder das Nest zu verlassen und sich allein durchzuschlagen. Irgendwann in der Entwicklungsgeschichte war es zu einer gesellschaftlichen Veränderung bei den menschenähnlichen Zweibeinern gekommen, und sie hatten zugelassen, dass dies möglich und manchmal sogar die Norm wurde. Obwohl die Evolution ein natürlicher Prozess war, hatte Siena dies immer als eine unnatürliche Veränderung empfunden. Menschenähnliche Wesen waren zu einem äußerst abweichenden Verhalten fähig, das der natürlichen Ordnung widersprach, die ein Leben im Einklang mit der Natur verlangte.
    Und wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass dies auch auf ihre eigene Spezies zutraf.
    Auch wenn Lykanthropen in ihren Augen und in den Augen der anderen oft mehr als Tiere denn als Menschen angesehen wurden, so waren sie doch eine Gesellschaft, die ihre Fehler hatte, ihre
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