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Schattentag: Kriminalroman (German Edition)

Schattentag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schattentag: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jan Costin Wagner
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vom Körper reißt und die Dusche anschaltet.
    Wasser.
    Ein Mann, der aus der Dusche steigt, seine Kleider vom Boden aufhebt, zusammenfaltet und in den Wäschekorb legt.
    Ein Mann, der die Badezimmertür öffnet, ins Schlafzimmer geht und sich einen frischen Anzug anzieht.
    Ein Mädchen, das plötzlich im Schlafzimmer steht und fragt, warum er denn jetzt noch einen Anzug anziehe, ob er noch mal zur Arbeit gehen müsse.
    Ein Mann, der verneint und das Jackett gegen ein T-Shirt tauscht.
    Ein Mädchen, das grinst, weil er das T-Shirt falsch herum angezogen hat.
    Ein T-Shirt, das aus- und wieder angezogen wird, dieses Mal richtig.
    Eine Frau, die in der Tür steht und fragt, wo sie bleiben.
    Ein Mann, der sagt: Wir sind schon unterwegs.
    Ein Mädchen, das sich an ihn klammert, bis er einwilligt, es auf seine Schultern zu heben.
    Ein Mann, der so tut, als drohe er unter der Last zusammenzubrechen.
    Ein Mädchen, das ruft: Papa ist ein Schwächling.
    Ein Mann, der mit einem Mädchen auf seinen Schultern losrennt, um seine ganze Kraft zu zeigen.
    Eine Frau, die lacht.
    Ein Mädchen, das lacht.
    Ein T-Shirt, das schon durchgeschwitzt ist.
    Ein Mädchen, das ruft, dass er sich das Duschen hätte sparen können.
    Ich höre Maras Stimme. Mara telefoniert. Hell und klar, sie zieht die Worte in die Länge, sie scheint am Ende des Satzes, obwohl sie eine Aussage macht, eine Frage zu stellen. »Natürlich, wir werden da sein, bis bald«, sagt sie am Schluss.
    Dann ist sie bei mir auf der Terrasse, sie fährt mir durchs Haar. Die Luft steht, als hätte es nie einen Sturm gegeben, die Grundfarbe hinter meinen Augen ist Grün.
    »Das war dieser Polizist«, sagt sie.
    »Bricht schon die Sonne durch?«, frage ich.
    »Ein wenig. Hörst du, wie die Wassertropfen auf dem Boden aufschlagen?«
    Ich konzentriere mich, aber ich höre nichts.
    »Was wollte er?«, frage ich.
    »Wer?«
    »Der Polizist.«
    »Er möchte mit dir sprechen. Wir fahren mit der nächsten Fähre ans Festland.«
    »Mit der nächsten Fähre? Warum so schnell?«
    »Es schien ihm wichtig zu sein. Sie haben irgendetwas herausgefunden.«
    »Was habe ich damit zu tun?«
    »Ich weiß nicht. Woher denn?« Mara löst ihre Hand von meinem Kopf.
    »Entschuldige.«
    »Ich hatte doch gesehen, dass sie etwas unten im Wasser gefunden haben. Vielleicht hängt es damit zusammen«, sagt Mara.
    »Vielleicht.«
    »Ein Stück Zitronenkuchen?«, fragt Mara.
    »Nein, danke.«
    »Dann komm jetzt. Du weißt doch, dass die Fähre immer pünktlich ist.«
    »Sind deine Haare noch nass und vom Wind zerzaust, Mara?«
    »Hm?«
    »Deine Haare, sind sie noch nass und vom Wind zerzaust?«
    Mara antwortet nicht, sie ist wohl schon ins Haus gegangen, aber ich höre jetzt doch den Wassertropfen, ich höre, wie er sich sehr langsam von einem Blatt löst und dann schnell und heftig auf dem nassen Rasen aufschlägt.
    Mit Mara über das Wasser fahren, Maras Hand unter dem Hemd auf meiner Haut, weich und kalt, und der Himmel, sagt Mara, sei blau.
    »Ah, da sind Sie ja, immer herein mit Ihnen«, sagt der Polizist.
    Ich stolpere über Gläser, Gefäße, die auf dem Boden stehen.
    »Fast hätte ich gesagt: Herein in die gute Stube! Ha, ha!«
    Er bittet uns, Platz zu nehmen, und ich taste mich auf einen Stuhl.
    »Es ist nicht besonders hell hier, was? Na, wir sind selbst schuld an unseren Büros, wir dachten, im Keller könnten wir besser arbeiten, wegen der Hitze.«
    Ich spüre etwas Klebriges an meiner Hand. Das war eben noch nicht da. Ekelhaft. Woher? Von der Stuhllehne?
    »Sie sitzen bequem? Danke, vielen Dank, dass Sie gleich gekommen sind.«
    Etwas Klebriges auch in meinem Nacken, etwas muss da verschüttet worden sein.
    »Seien Sie versichert, ich hätte Sie nicht herbemüht, wenn wir nicht ein wirklich wichtiges Anliegen hätten.«
    Es riecht nach Schimmel, Staub und gleichzeitig stechend süß nach …
    Mara hat meine Hand losgelassen, offensichtlich steht etwas zwischen uns, zwischen den Stühlen, auf denen wir sitzen. Ich strecke meine Hand aus und taste nach dem Hindernis, aber ich greife ins Leere.
    »Um gleich zum Punkt zu kommen: Wir haben die Brieftasche des Toten gefunden. Sie lag in einem schmalen Spalt zwischen zwei Klippen. Darin war leider nur ein einziger Gegenstand. Aber wenn Sie sehen, was das ist, wenn Sie sehen, was wir da gefunden haben, werden Sie verstehen … Schauen Sie nur, sehen Sie sich das an!«
    Maras Stimme, hell und klar: »Das kann nicht sein.«
    »Doch, Sie verstehen, dass wir
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