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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman
Autoren: Olga Krouk
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die Schränke auf der Suche nach einer Filtertüte. »Ich bin immer noch neben der Spur. Musste es ausgerechnet Bernulf treffen? Am Freitag wollte er mit mir ausgehen. Kannst du dir das vorstellen? Der Arzt und die Krankenschwester - wie in einem Roman.«
    Alles klar. Evelyn konnte sich nur schwer beherrschen, um nicht aufzulachen. Anscheinend war er dabei gewesen, sich unter den Krankenschwestern die jeweilige Abendunterhaltung auszusuchen. Heute die eine, morgen die andere. Überrascht ertappte sie sich dabei, wie sie ihm die Pest an den Hals wünschte. Eine groteske Vorstellung unter den gegebenen Umständen.
    »Ich denke, ich gehe jetzt lieber«, murrte Evelyn. Sonst würde sie am Ende noch etwas sagen, was ihr später leidtäte.
    »Hm-hm«, erwiderte Susanne und kramte weiter in einer Schublade.

    Evelyn verließ das Zimmer. Sie musste endlich nach Hause. Vielleicht sollte sie ein paar Tage Urlaub nehmen, um in Ruhe mit allem klarzukommen. Sie lief den Korridor entlang, während sich ein unangenehmes Gefühl in ihr breitmachte. Starrte ihr jemand in den Nacken? Sie blickte umher, sah aber nur den Flur und ein Fenster, aus dem ihr die Nacht entgegenlugte. Doch das Gefühl, beobachtet zu werden, wich nicht von ihr. Es zwang sie, sich immer wieder umzudrehen und in die dunklen Ecken zu spähen. Sie blieb stehen, versucht, sich selbst eine Ohrfeige zu verpassen. Komm endlich wieder zu dir! Vergiss den blöden Alptraum!
    Still und leer lag der Flur vor ihr. Sie lauschte. Das Krankenhaus wirkte wie ausgestorben. Und es war kalt. Verdammt kalt, wie in einer Leichenhalle.
    Du hast dieselben Augen, mein Kind , flüsterte es in ihrem Kopf, als stünde die alte Frau direkt neben ihr.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte sie laut. »Du bist eindeutig verrückt geworden.« Der Klang ihrer eigenen Worte beruhigte sie, vermochte jedoch nicht das Flüstern zu vertreiben.
    Bist du hier, um mich auf die andere Seite zu begleiten?
    Evelyn fuhr herum. Keiner da. Vielleicht sollte sie in den Aufenthaltsraum zurückkehren? Sogar Susannes Träumereien von einem gemeinsamen Glück mit Doktor Kehrfeld wären ihr lieber als diese bedrückende Stille und Kälte, die an ihren Knochen nagte. Und das Wispern in ihrem Kopf.

    Bist du hier, um mich auf die andere Seite zu begleiten? Bist du es? Sie fiel in einen Strudel aus Tuscheln und Zischeln wie das einer Schlange, das sich immer mehr steigerte: Bist du … auf die andere Seite … bist du … hier … auf … zu begleiten …
    »Susanne!« Evelyn wollte zurücklaufen, doch das Flüstern hielt sie an Ort und Stelle gefesselt und legte ihre Glieder lahm.
    Die Neonröhren gingen aus. Der Korridor vor ihr verschwand im Dunkeln.
    »Susanne! Hörst du mich?«
    In ihren Ohren rauschte es. Der Druck um ihren Kopf verstärkte sich. Verzweifelt massierte sie ihre Schläfen.
    Wie viele hast du schon umgebracht, Evelyn?
    Das Raunen gehörte nicht mehr der Verstorbenen, es klang höher und emotionslos. Zitternd starrte Evelyn in die Dunkelheit, in der sich rauchige Schwaden bildeten und zu ihr krochen. Kurz glaubte sie, in einer anderen Ecke die Schlangenfrau zu erkennen.
    Wie viele, Evelyn, wie viele?
    »Susanne!«, schrie sie hysterisch.
    Warum hörte sie keiner? Vielleicht sollte sie die Augen schließen und sich ausruhen. Irgendwann würde sie aufwachen. Sie würde durch das geöffnete Fenster das Heu riechen und im Hof die Hühner gackern hören. Sie würde die knarrende Treppe in die Küche hinuntersteigen, in der ihre Mutter schon die Pfannkuchen zubereitet hatte.

    Jemand packte sie am Oberarm und riss sie zur Seite. Evelyn stolperte, wäre fast hingefallen, doch der Griff hielt sie fest. Sie ruckte den Kopf und sah ihren alten Bekannten, der angeblich während der Not-OP gestorben war, nachdem er dasselbe im Schockraum getan hatte.
    »Ich wusste es!«, zischte sie. »Anscheinend nehmen Sie es mit dem Sterben nicht so genau, was?«
    Er beugte sich zu ihr. So nah machte ihr sein markantes Gesicht Angst. Seine Züge wirkten dann wie aus Holz geschnitzt und doch so makellos und anziehend.
    »In der Tat«, raunte er ihr entgegen. »Wir haben eine langjährige und äußerst komplizierte Beziehung miteinander. Und jetzt nichts wie weg von hier.«
    »Lassen Sie mich los!« Sie schlug gegen seine Schulter. Ohne ihren Protest zu beachten, schleppte er sie zur Treppe. Evelyn stolperte die Stufen hinauf, fauchte und wand sich in seinem Griff. »Hören Sie? Sie tun mir weh!«
    Eisern hatten sich seine
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