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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
Autoren: Tanja Heitmann
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ich es doch: Sams strahlende Aura in der Dunkelheit des Gartens.
    Innerhalb einer Sekunde waren mein kuscheliges Kissen und die schweren Augenlider vergessen, ich fuhr mir nur rasch mit den Fingern durchs Haar, dann tapste ich so schnell wie möglich auf Zehenspitzen nach unten … um auf der Terrasse beinahe vom Wind umgepustet zu werden. Ja, es wurde tatsächlich Herbst, die Nächte waren eindeutig ungemütlich geworden. Zumindest wenn man bloß ein Basketball-Shirt trug.
    Kaum hatte ich den Weg zwischen den abgeblühten Lavendelbüschen betreten, kam Sam mir auch schon entgegen. Obwohl er das Leuchten seiner Aura gedimmt hatte, konnte
ich die Schatten unter seinen Augen und die kantig gewordenen Wangenknochen erkennen. Auch Herrn Bristol machte der Schlafmangel zu schaffen – neben vielen anderen Dingen, wenn ich mir das richtig zusammenreimte. Die Sphäre war im Augenblick alles andere als ein paradiesischer Ort.
    »Ich bin spät dran, es tut mir leid. Aber heute Abend hat schon wieder eine Versammlung stattgefunden und die Debatten wollten einfach kein Ende nehmen«, sagte er, während er mich in die Arme schloss. Zu gern ließ ich mich von ihm halten, denn seine Haut war wunderbar warm. In meiner Eile hatte ich vergessen, mir Schuhe geschweige denn eine Jacke überzuziehen.
    »Besser spät als gar nicht. Ich habe dich vermisst.«
    Sam ließ nur ein zustimmendes Brummen hören, bevor er mir einen Kuss auf die Lippen gab … und verharrte. Ich stemmte mich auf die Zehen, um dem Kuss Nachdruck zu verleihen, aber Sam löste sich zu meiner Enttäuschung bereits von mir.
    »Deine Lippen sind eiskalt«, sagte er mit einem besorgten Ton.
    »Hier draußen ist es ja auch eiskalt. Ich glaube, es fängt gleich an zu regnen.« Zu spät bemerkte ich meinen taktischen Fehler.
    »Mila, du solltest jetzt besser wieder reingehen, sonst holst du dir noch den Tod. Ich wollte eh nur kurz vorbeikommen, damit du dir keine Sorgen machst.«
    »Ich mache mir aber Sorgen, und nichts auf der Welt wird besser, wenn du mich jetzt schon wieder allein lässt. Außerdem habe ich auch einen Anspruch auf dich und nicht bloß die Schattenschwingen. Die nehmen dich eh schon unablässig in Beschlag und mir bleibt nur die Spätschicht, wenn wir beide vor lauter Gähnen nicht mehr zum Reden, geschweige denn zum Küssen kommen.«

    Während ich auf ihn einredete, legte Sam mir den Arm um die Schultern und lenkte mich in Richtung Haus zurück. Meine Bemühungen, stehen zu bleiben oder den Gang doch zumindest zu verlangsamen, überging er einfach. Die Muskeln unter seiner braungebrannten Haut sahen nicht nur gut aus, sie waren auch zu etwas nutze, wie ich mir mit zusammengebissenen Zähnen eingestehen musste.
    »Mila, hör auf, mit den Fersen abzubremsen, sonst lege ich dich kurzerhand über meine Schulter.«
    »Falls du es vergessen hast: Du bist eine Schattenschwinge und kein Neandertaler. Obwohl ich mir manchmal nicht sicher bin, ob es da überhaupt einen Unterschied gibt.«
    Wie erhofft, hielt Sam inne und lachte. Sofort nutzte ich meine Chance und zog ihn ein paar Schritte ins Gebüsch. Wir waren schon sehr nah beim Haus und ich wollte nicht riskieren, dass mein Vater gerade jetzt auf die Idee kam, das Schlafzimmerfenster zu schließen, weil der Westwind so lautstark pfiff. Der Anblick von Sam und mir in inniger Umarmung hätte Daniel ganz bestimmt nicht gefallen – einmal davon abgesehen, dass ihn vermutlich der Schlag getroffen hätte. Schließlich glaubte er, dass Sam tot war.
    Es war Sam deutlich anzumerken, dass er einen inneren Kampf ausfocht, während ich mich fest an ihn schmiegte. Auch er sehnte sich nach Nähe, aber es widersprach schlicht seinem angeborenen Verantwortungsgefühl, mich für ein paar Zärtlichkeiten schnatternd in der Kälte zu dulden. Ich hatte da deutlich weniger Mitleid mit mir, denn was ich im Ausgleich für eisige Füße und Gänsehaut bekam, war es tausendfach wert.
    Mit steifen Fingern streichelte ich über seinen Rücken und spürte ein feines Kribbeln, sobald ich eine der Tuscheschlieren berührte: Sams Schwingen, die sich unter seiner
Haut verbargen und nur auf ein Zeichen seines Willens warteten, um hervorzubrechen. Fasziniert fuhr ich an ihren Rändern entlang und stellte mir mit geschlossenen Augen vor, wie sie sich geschmeidig aus der Zeichnung lösten, sich wie ein Schatten verdichteten und dann zu ihrer vollen Weite ausdehnten. Als habe jemand mit dem Pinsel schwarzgraue Flügel in die Luft gemalt, ein so
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