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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte
Autoren: Tami Hoag
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den Hörer an, als würde etwas nicht damit stimmen. »Detective Tanner?«
    »Ja. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Äh … hier spricht Detective Mendez aus Oak Knoll.«
    »Ja?«
    »Ich hätte ein paar Fragen an Sie«, sagte er und riss sich zusammen. »Wegen eines Falls, an dem Sie arbeiten, wie mir gesagt wurde.«
    »Nämlich?«
    »Die Lawton-Entführung. Lauren Lawton ist kürzlich nach Oak Knoll gezogen.«
    »Oh«, sagte sie, und dann fügte sie voller Überschwang hinzu: »Halleluja!«
    »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, besser Sie als ich, mein Freund. Viel Spaß.«
    »Ist sie so schwierig?«, fragte Mendez.
    Tanners Lachen klang beinahe hysterisch. »Schwierig? Einen meiner Kollegen hat sie in den Vorruhestand getrieben, ein anderer ist nach Barstow gezogen, und wenn ich nicht zufällig mit einem richtig ausgebufften Anwalt verwandt wäre, dann wäre ich ihretwegen gefeuert worden.«
    Vielleicht haben Sie es ja verdient , dachte Mendez, dem nicht gefiel, wie sie über Mrs. Lawton sprach. Vielleicht verbrachten die Cops in Santa Barbara zu viel Zeit beim Surfen. Vielleicht waren sie ein Haufen inkompetenter Idioten.
    »Ich hätte gerne ein paar Hintergrundinformationen zu dem Fall«, sagte er. »Sind Sie noch eine Weile im Büro?«
    »Ja.«
    »Dann bin ich in einer Stunde da.«
    Wie immer, wenn er über die Santa Ynez Mountains nach Santa Barbara fuhr, war Mendez von der Aussicht schier überwältigt. Der Himmel war wolkenlos und so blau wie das Meer. In der Ferne lagen die Channel Islands, und Santa Barbara schmiegte sich wie ein buntes Band an die Küste.
    Es musste ein Traum sein, in diesem Teil von Kalifornien zu leben und tagtäglich diese wunderschöne Landschaft mit dem Meer auf der einen Seite und blühenden Tälern zwischen Gebirgszügen auf der anderen vor Augen zu haben.
    Eine Zeit lang hatte Mendez vorgehabt, nach Virginia zu ziehen und sich auf eine Laufbahn als Fallanalytiker für das FBI vorzubereiten. Anfang der Achtzigerjahre hatte er einige Wochen dort verbracht und ein Fortbildungsprogramm der National Academy besucht. Dort hatte er auch seinen Mentor kennengelernt, Vince Leone, der beim FBI eine regelrechte Legende war, zuerst bei der Behavioral Sciences Unit, der Abteilung für Verhaltensforschung, dann bei der Investigative Support Unit, der Profiler-Einheit.
    Vince hatte ihn darin bestärkt, FBI -Agent zu werden, aber dann war Mendez nach Oak Knoll zurückgekehrt, zum einen, weil er sich seinem Chef verpflichtet fühlte, zum anderen, weil er Sehnsucht nach Oak Knoll hatte. Seine Familie lebte in der Nähe. Er mochte die Stadt und die Gegend und das verschwenderische Freizeitangebot. Später war auf seine Bitte auch Vince nach Oak Knoll gekommen, um bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit den Sekundenklebermorden zu helfen, und war nie wieder weggegangen.
    Leone hatte sich pensionieren lassen und verdiente sich jetzt als Berater für Polizeibehörden auf der ganzen Welt und vor allem mit Vorträgen eine goldene Nase. Wann immer es möglich war, zog er Mendez bei seinen Fällen hinzu, um ihn weiter zu schulen. Tony wusste, wenn er irgendwann das Büro des Sheriffs verlassen wollte, würde er mit Vince’ Hilfe leicht ein Auskommen finden.
    Und noch dazu lebte er in seiner Lieblingsstadt. Er hatte wirklich Glück.
    In den Straßen von Santa Barbara wimmelt es von Touristen und Einheimischen. Mendez kämpfte sich zur East Figueroa durch, stellte sein Auto ab, betrat das große weiße zweistöckige Gebäude, in dem sich das Police Department befand, und machte sich auf die Suche nach Detective Tanner.
    Eigentlich hielt er sich für einen modern denkenden Mann, aber er musste zugeben, dass Tanner ihn wirklich überrascht hatte. Er war noch nie einem weiblichen Detective begegnet.
    In den letzten Jahren waren die Zeitschriften voll gewesen von Artikeln über Frauen, die für die Gleichstellung im Justiz- und Polizeiapparat kämpften, eine bis dato von Männern dominierte Welt. Er erinnerte sich, dass einige seiner Kollegen sich aufgeregt hatten, weil Sheriff Dixon weibliche Deputys eingestellt hatte. Noch seltener begegnete man Frauen als Ermittlern, und wenn es eine Frau in die höchsten Ränge schaffte, machte das garantiert Schlagzeilen.
    Seiner Meinung nach sprach eigentlich nichts dagegen, dass eine Frau Detective war. Die Arbeit erforderte in erster Linie geistige, weniger körperliche Kräfte. Nur die Vorstellung, dass eine Frau einem dieser Widerlinge gegenübersitzen sollte,
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