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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht
Autoren: Anthony Horowitz
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in einem privaten Raum. Scott war bei ihm, im Kopf des Sicherheitschefs. Jamie hörte, wie er dem Mann befahl, einen Mord zu begehen. Im selben Moment fühlte er die Waffe in seiner Hand, den Finger, der den Abzug spannte, und er wusste, dass es zu spät war. Er konnte den Mann nicht mehr am Abdrücken hindern.
    Die Geheimdienstleute am Podium sahen die Waffe.
    Jemand schrie. Der Polizist hatte Alicia am Arm gepackt, aber jetzt drehte er den Kopf, um nachzusehen, was los war.
    Jamie tat das Einzige, was er noch tun konnte. Er wusste, dass dies die schrecklichste Entscheidung seines Lebens sein würde, aber er hatte keine andere Wahl.
    Er gab den Befehl.
    Nicht Trelawny. Die Frau!
    Warren Cornfield drückte ab.
    Aber im allerletzten Moment machte er eine Vierteldrehung und schoss mitten in die Tribüne. Seine Kugel traf Susan Mortlake genau in die Stirn. Sie wurde nach hinten geworfen. Plötzlich veränderte sich alles. Die Menschen gerieten in Panik, kreischten und versuchten verzweifelt zu fliehen – die ganze Veranstaltung endete in absolutem Chaos.
    Die Leute vom Geheimdienst hatten zwar zu spät reagiert, aber dafür bewegten sie sich jetzt blitzschnell. Zwei von ihnen warfen sich auf Trelawny und stießen ihn zu Boden. Zwei weitere hatten Warren Cornfield überwältigt. Hätte es nicht so viele Zeugen gegeben, wäre er sicher sofort erschossen worden. Aber so stürzten sie sich auf ihn, warfen ihn um und entwaffneten ihn. Er leistete keinen Widerstand. Alles Leben war aus seinen Augen gewichen. Er schien nicht zu wissen, wo er war oder was er gerade getan hatte.
    Der Polizist ließ Alicia los. Er hatte zwar den Verdacht, dass sie etwas mit dem zu tun hatte, was gerade passiert war, aber er war sich nicht sicher, und jetzt war es wichtiger, die Menschenmassen unter Kontrolle zu bringen, bevor noch jemand getötet wurde. Überall liefen kreischende Menschen herum, die verzweifelt versuchten, ihre Kinder zu schützen. Die Absperrungen wurden umgerannt. Die Band hatte ihre Instrumente weggeworfen und versuchte, außer Sichtweite zu kommen, bevor weitere Schüsse fielen. Senator Trelawny wurde weggeführt und in einen Wagen verfrachtet – es sah aus, als sollte er entführt werden. Aber natürlich ging es nur um seine Sicherheit. Auch seine Frau und seine Kinder wurden von ihren Plätzen geholt. Die ganze Familie musste weg, bevor weitere Schüsse fielen.
    Und was war mit Scott? Er saß immer noch auf seinem Platz und machte ein verwirrtes Gesicht, als könnte er nicht begreifen, was geschehen war. Susan Mortlake saß neben ihm – tot. Jamie nutzte das Durcheinander, denn jetzt hatte er freie Bahn. Also rannte er los, sprang über eine Absperrung und überquerte die Straße. Einen Augenblick später war er schon auf der Tribüne. Ein Arzt war damit beschäftigt, die hysterisch kreischende Frau des Bürgermeisters zu beruhigen. Auch ein paar andere Leute saßen noch wie erstarrt auf ihren Plätzen. Sie hatten Blutspritzer abbekommen und standen unter Schock. Jamie ignorierte sie.
    Endlich hatte er seinen Bruder erreicht.
    »Scott!«
    Scott wandte zwar den Kopf, aber er erkannte ihn nicht. Erst da merkte Jamie, was sie ihm angetan hatten, wie sehr sie ihn verletzt hatten.
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Er spürte ein Brennen in der Kehle. So lange hatte er von dem Augenblick geträumt, in dem er seinen Bruder finden würde, aber er hätte nie damit gerechnet, dass es so sein würde.
    Eine Frau, die er nicht kannte, kam auf ihn zu. Jamie warf ihr nur einen kurzen Blick zu und registrierte ihr dunkelrotes Haar und die teure Kleidung. Aber sie schien ihn zu kennen. »Bist du Jamie Tyler?«, fragte sie.
    Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte nur, dass sie ihn in Ruhe ließ.
    »Du kennst mich nicht, aber ich bin eine Freundin von John Trelawny.« Sie musste brüllen, um sich über all dem Lärm verständlich zu machen. »Mein Name ist Nathalie Johnson. Ich war heute als Gast hier, aber ich habe nach dir gesucht. Nach euch beiden…«
    »Mein Bruder…« Jamie konnte nur an Scott denken.
    Die Frau nickte. »Bitte vertrau mir. Ich kann euch helfen. Wir müssen euch von hier wegbringen.«
    Auf der anderen Straßenseite kam der Polizist, der Alicia hatte verhaften wollen, zu einem Schluss. Ihm war klar geworden, dass er den Jungen aus dem Auto kannte. Er wurde in Nevada gesucht – es war der, der seinen Onkel erschossen hatte. Und jetzt war er auf der Tribüne, genau neben der Frau, die erschossen worden
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