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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal
Autoren: Michael Marcus Thurner
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war er zudem schrecklich behaart gewesen!
    Sie gingen auf einen kleinen Punkt aus Helligkeit zu, der allmählich größer wurde und sich als das Halbrund eines Ausgangs ins Freie entpuppte. Der Gang, durch den sie geleitet wurde, war gemauert. Faustgroße Steine, in fast weißen Mörtel geklebt, reihten sich aneinander und bildeten verwirrende Muster. Da und dort waren Halbedelsteine mit eingefasst, jeder so groß wie ihre Hand und jeder für sich ein Vermögen wert.
    Eine Gestalt kam auf sie zu. Im Lichtschimmer waren kaum mehr als die Umrisse des klein gewachsenen Wesens zu erkennen. Erst als der Mann mit der Silbermaske und sie unmittelbar vor dem Winzling standen, machte Zoe die markanten Gesichtszüge des Zwergs aus. Er besaß das Lausbubenlächeln Brad Pitts und den Schlafzimmerblick Hugh Grants. Seine Ausstrahlung ließ ihre Knie zittern.
    »Baran, der Zeremonienmeister«, sagte ihr Begleiter mit rauer Stimme. »Er wird sich um viele Dinge kümmern, die dich betreffen.«
    »Willkommen in Dar Anuin«, sagte Baran und verbeugte sich so tief, dass seine Stirn den Boden berührte. »Es ist mir eine große Ehre. Ich denke, dass der Knebel nicht mehr vonnöten ist.«
    »Die Gesandte ist ... hm ... etwas ungehalten aufgrund ihrer neuen Rolle. Es wäre vielleicht besser ...«
    »Behalte deine Meinung für dich!«, fuhr der Zwerg den Mann mit der Silbermaske an. »Löst der Regentin die Knebelung!«
    Der Großgewachsene gehorchte nach kurzem Zögern. Sachte löste er den Knoten hinter Zoes Kopf und zog den Stoff aus ihrem Mund.
    »Das wurde aber auch Zeit, du Barbar!«, krächzte sie. Aus dem ledernen Schlauch, den man ihr umgehend reichte, trank sie dankbar mehrere Schluck Wasser. »In meinem ganzen Leben bin ich noch niemals so schlecht von einem Mann behandelt worden!« Lüg dir doch nicht selbst ins Hemd, Mädchen ...
    »Wir müssen die Brücke überschreiten, Gesandte.« Der Zwerg drängte sich vor den Silbernen. »Man wartet auf dich. Es gibt einen Zeitplan, der eingehalten werden muss. Das Zeremoniell; du verstehst, Herrin?« Er beugte sich zu ihren Füßen hinab, um sie gleich darauf wieder anzublicken.
    Zoes Beine waren mit einem Mal frei, sie konnte sich ungehindert bewegen! Was hatte der Kleine gemacht? Hielt er etwa ein Messer in seinem weit geschnittenen Wams versteckt?
    Sie beugte sich vor, löste seufzend die Reste des Seils und massierte blutig gescheuerte Druckstellen. Was für eine grenzenlose Erleichterung!
    Warum nannte man sie abwechselnd Regentin, Herrscherin und Herrin oder gar »Gesandte«? Was geschah mit ihr, welche Rolle war ihr in Dar Anuin zugedacht? Warum hatte man sie entführt und nicht einfach gefragt, ob sie mitkommen wolle?
    »Herrin, wir müssen weiter!«
    »Lass mich gefälligst in Ruhe, du ... du ...« Zoe brach ab. Sie konnte dem treuherzig dreinblickenden Zwerg nicht böse sein. Er benahm sich liebenswürdig und gab sich den Anschein, Ekel über die Behandlung zu empfinden, die man ihr hatte angedeihen lassen.
    »Eine Sekunde noch.« Sie spannte die Muskulatur der Beine an, beugte ihren Oberkörper, streckte die Zehen, drehte die Füße hin und her, kurzum: Sie unternahm alles, um die Blutzirkulation anzuregen. »Könntest du nicht auch meine Hände befreien?«, bat sie den Kleinen und streckte ihm ihre Arme entgegen.
    »Tu’s nicht, Baran!«, warnte Silbergesicht. »Ihre Fingernägel sind scharf wie Barbiermesser. Ein einziger unaufmerksamer Moment - und sie zerfleischt dir dein Gemächt. Bei mir hat sie’s zweimal versucht.«
    »Weil du mich wie eine Sklavin behandelt hast!«, fuhr Zoe den Maskierten an. »Und du hast es dem Umstand zu verdanken, dass deine Glücksperlen winziger als die von Ameisen sind und ich sie deshalb nicht zu fassen bekam. Andernfalls könntest du jetzt bereits in einem Harem Dienst tun. Du kennst ja die Kerle mit den hohen Stimmen ...«
    Baran gab ein glucksendes Geräusch von sich. »Die neue Herrin hat Humor! Köstlich! So etwas hatten wir schon lange nicht mehr hier in Dar Anuin!«
    »Warum nennst du mich Herrin?« Zoe schüttelte ihre Mähne aus. Sie war von Sand sowie Schmutz verklebt und ließ sich bei Weitem nicht so effektvoll einsetzen, wie sie es gerne gehabt hätte. »Ihr beide seid euch offenbar nicht ganz einig über den Wert, den ich darstelle.«
    »Alles zu seiner Zeit, Herrin.« Ein Hauch von Ungeduld machte sich in Barans angenehmer Baritonstimme bemerkbar. »Wenn du mir nun bitte folgen würdest?«
    »Und die Handfesseln?«
    »Wie
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