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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Schaufelapparate bedienten, hatten die Hemden ausgezogen, während andere in Schlips und Mantel daneben standen. Einige waren dick, andere dünn; manche waren sonnengebräunt, andere blasser als Luke, der niemals mehr braun werden würde. Alle waren in Bewegung -
    schalteten Gänge hoch und runter, ließen Rohre herab, winkten andere in Position oder redeten wie ein Wasserfall. Luke wurde von der Betriebsamkeit ganz schwindelig. Auf den Bildern in den Büchern standen die Leute immer still. Überwältigt schloss er die Augen und machte sie gleich wieder auf, weil er nichts verpassen wollte.
    »Luke?«
    Widerstrebend kletterte Luke von seinem hohen Ausguck herab und hastete hinüber, um sich mit Unschulds-miene auf das Bett zu setzten.
    »Komm rein«, rief er seiner Mutter zu.
    Schwerfällig kam sie die Treppe herauf.
    »Alles in Ordnung?«
    Luke ließ die Füße über den Bettrand baumeln.
    »Klar ist alles in Ordnung.«
    Die Mutter setzte sich neben ihn aufs Bett und tätschelte sein Bein.
    »Es ist...« Sie schluckte schwer. »Es ist nicht einfach, das Leben, das du leben musst. Ich weiß, dass du aus dem Fenster sehen willst. Dass du nach draußen willst...«
    »Das geht schon klar, Mama«, sagte Luke. Er hätte ihr jetzt von den Ventilatoren erzählen können - er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand etwas dagegen haben könnte, wenn er dort hinaussah -, aber etwas hielt
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    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    ihn davon ab. Was war, wenn sie ihm auch das wegnahmen? Was war, wenn Mutter es Vater erzählte und der sagte: »Nein, das ist zu riskant. Ich verbiete es dir«? Luke würde es nicht ertragen. Er schwieg.
    Die Mutter fuhr ihm durch die Haare.
    »Du bist ein Kämpfer«, sagte sie. »Ich wusste, dass du dich nicht unterkriegen lässt.«
    Luke lehnte sich an seine Mutter und sie legte den Arm um ihn und zog ihn an sich. Er fühlte sich ein wenig mulmig, weil er ein Geheimnis hatte, aber auch getröstet - geliebt und getröstet.
    Und dann sagte seine Mutter, mehr zu sich selbst als zu ihm: »Schließlich könnte es auch schlimmer sein.«
    Irgendwie war das nicht beruhigend. Luke wusste nicht, warum, aber er hatte das Gefühl, dass sie in Wirklichkeit meinte, die Dinge würden noch schlimmer kommen. Er kuschelte sich enger an sie und hoffte, dass er Unrecht hatte.
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    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Kapitel 4
    Als er wenige Tage später zum Frühstück herunterkam, wurde Luke klar, was seine Mutter gemeint hatte. Wie gewöhnlich machte er die Tür, die von der Hintertreppe in die Küche führte, nur einen Spalt weit auf. Er konnte die wenigen Male in seinem Leben, bei denen jemand vor dem Frühstück vorbeigekommen war, an einer Hand abzählen, und jedes Mal hatte Mutter es geschafft, Matthew oder Mark hoch zuschicken, um ihn zu warnen, lass er sich nicht blicken lassen durfte. Trotzdem war er immer vorsichtig. Heute konnte er Vater, Matthew und Mark am Tisch sitzen sehen und das Geräusch von brutzelndem Speck verriet ihm, dass Mutter wohl am Herd stand.
    »Ist das Rouleau unten?«, rief er leise.
    Mutter öffnete die Tür zur Treppe. Luke wollte in die laiche kommen, aber sie streckte den Arm aus, um ihn zurückzuhalten. Sie reichte ihm einen Teller mit Rührei und Speck.
    »Luke, mein Schatz, kann du bitte hinten auf der Treppe essen?«
    »Wie bitte?«, fragte Luke.
    Mutter sah flehend über die Schulter.
    »Vater glaubt - ich meine, es ist nicht mehr sicher genug, dich in die Küche zu lassen. Du kannst weiter mit uns zusammen essen und dich mit uns unterhalten und alles, aber du musst... dort drüben bleiben.«
    Sie zeigte mit der Hand auf die Treppe hinter Luke.
    »Aber wenn das Rouleau unten ist...«, wandte Luke ein.
    »Einer der Arbeiter hat gestern zu mir gesagt: >He, Farmer, hast du 'ne Klimaanlage im Haus, oder was?<«, erzählte der Vater vom Tisch aus. Er drehte sich nicht um. Er schien Luke nicht ansehen zu wollen. »Die Leute werden misstrauisch, wenn wir an einem bullenheißen Tag wie heute die Fenster nicht aufmachen. Es ist besser so. Tut mir leid.«
    Und dann drehte sich der Vater doch um und warf Luke einen einzigen Blick zu. Luke gab sich Mühe, nicht geknickt auszusehen.
    »Und was hast du zu ihm gesagt?«, erkundigte sich Matthew, als frage er aus reiner Neugierde.
    »Dass wir bestimmt keine haben. Von der Landwirtschaft ist schließlich noch keiner Millionär geworden.«
    Der Vater trank einen großen Schluck Kaffee.
    »In Ordnung, Luke?«, fragte
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