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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd
Autoren: Lilith Saintcrow
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standen also eine Lederhose auf dem Programm, die mir tief auf den Hüften saß, ein enges Mark-Hunt-T-Shirt und mein langer, schwerer Ledermantel. Im Hüftgurt trug ich eine Pistole, aber die Peitsche hatte ich zu Hause gelassen. Stattdessen hatte ich ein paar Messer extra dabei. Die Haare hatte ich mir mit zwei dünnen Bändern aus dem Gesicht gebunden, der Rest der langen Mähne fiel mir, samt der eingeflochtenen Silberamulette, über den Rücken. Auch die Bänder waren mit rotem Faden und winzigen silbernen Talismanen verwoben. Im linken Ohr trug ich den silbernen Anch-Anhänger und im rechten den langen, geschwungenen Miniaturdolch. Ein braunes Lederarmband verdeckte die Narbe an meinem rechten Handgelenk, und meine angekauten Fingernägel waren in der Farbe von getrocknetem Blut lackiert. Die Springerstiefel waren stahlkappenverstärkt und abgewetzt. Kurz über dem Bauch baumelte der Rosenkranz aus Tigerauge, während das Kropfband aus schwarzem Samt mit der Medaille des Heiligen Christophorus so eng saß, dass es bei jedem Schlucken mit hüpfte. Direkt darunter saß der warme geschliffene Rubinbrocken an seiner kurzen, dünnen Silberkette.
    Außerdem trug ich so viel Eyeliner, dass ich wie eine Nutte aussah. Wenn ich meine Augen mit einem Kajalstift nachfahre, stechen sie sogar noch mehr heraus. Ein blaues und ein braunes – ein ungleiches Paar, dessen Blick die wenigsten standhielten.
    Früher hatte ich mich absichtlich nicht geschminkt, um das möglichst nicht auch noch zu betonen. Bis ich dann Saul kennengelernt hatte.
    Nachdem alle Frischlinge eingetrudelt waren, räusperte sich Montaigne. Noch einmal sah ich mir den Diaprojektor an und erlaubte meinen Lippen ein kleines Lächeln.
    Monty hatte den Blick auf den Zettel in seiner Hand geheftet und ging die Anwesenheitsliste durch. Ich schenkte den Namen keine Beachtung. Eine Klasse Neuanfänger war wie die andere – sie warfen mir scheue Blicke zu, fragten sich, was ich war, klapperten unter den Tischen mit ihren Aktenordnern herum. Keiner war bisher tapfer genug gewesen, seinen Ordner aufzuschlagen.
    „Es sind alle da.“ Monty trat schon wieder auf den anderen Fuß, und unter seinen auf Hochglanz polierten Budapestern knarrten die Dielen. Er trug eine hübsche Krawatte, wahrscheinlich ein Geschenk seiner Frau. Sie harte weit mehr Geschmack, als er je haben würde. „Alle mal hergehört, Jungs und Mädels. Das hier ist Ms. Kismet. Bei ihr bekommt ihr den berühmt-berüchtigten Unterricht, von dem ihr sicher schon gehört habt. Passt gut auf, und macht bloß keine Faxen. Wenn ihr schön artig seid, wird sie euch zur Belohnung vielleicht sogar ihr Tattoo zeigen – und glaubt mir, es lohnt sich. Ihr müsst eine Prüfung über den Stoff ablegen, außerdem könnte es euch das Leben retten. Also: Macht keinen Scheiß.“ Aus seinen wässrig grauen Augen sah er sie streng an, und mein Lächeln wurde breiter. Ich hätte die Ansprache Wort für Wort wiederholen können. Und trotzdem gab es in jeder Klasse ein Arschloch, das meinte, mir dumm kommen zu müssen.
    Mal sehen, wer es diesmal sein würde.
    „Sie gehören ganz dir. Bring niemanden um.“ Monty bedachte sie noch einmal mit einem vielsagenden Blick und stolzierte dann davon. Mit einem Klick schloss sich die Tür hinter ihm.
    Ich schwieg noch eine Weile und schlürfte meinen Mokka. Dann stellte ich ihn auf das kleine Lehrerpult neben mir und verschränkte die Arme. „Guten Morgen, Klasse.“ Es bereitete mir ein perverses Vergnügen, so zu tun, als hätte ich eine Bande Neunjähriger vor mir. „Ich bin Jill Kismet. Offiziell bin ich die okkulte Beraterin für das Stadtgebiet von Santa Luz. Eigentlich erstreckt sich mein Revier von Ridgefield bis zu den südlichen Ausläufern von Santa Luz. Ein paar der Vororte im Süden teile ich mir allerdings mit Leon Budge aus Viejarojas. Und wenn man es ganz genau nehmen will, bin ich die örtlich zuständige Chefexorzistin, spirituelle Kammerjägerin und natürlich das Bindeglied zwischen der paranormalen Gemeinschaft und der Polizei. Aber die gängigste Bezeichnung für meinen Job ist Jäger. Ich jage die Dinge, die der Polizei entwischen.“
    Ein Raunen ging durch die Menge. Ich wartete. Das nenne ich phänomenale Selbstkontrolle – nicht einer von ihnen hatte einen Klugscheißer-Kommentar abgegeben.
    „Ich bin sicher, ihr alle habt die verschiedensten religiösen Hintergründe, und einige werden wahrscheinlich denken, dass ich dazu verdammt bin, nach meinem
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