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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Autoren: Alf Leue
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worden ist, den Tag, der schuld daran ist, dass ich nun fliehen muss. Wir machen den Tag des Maigedings, den ersten Freitag im Mai, als unseren Tag aus und werden uns hier in den Stunden nach dem Mittag treffen.“
    „Ja, so werden wir es machen“, bekräftigte Katharina und fing wieder an zu weinen. Die beiden fielen sich in die Arme und hielten sich fest umschlungen. Dann liebten sie sich ein letztes Mal im Gras ihrer Lichtung, wie sie es schon so oft getan hatten. Lange lagen sie noch zusammen, bevor Berthold sich erhob.
    „Ich muss gehen. Ich würde dich nach Langen bringen, aber es ist besser für dich, wenn wir nicht mehr zusammen gesehen werden. Leb wohl, meine große Liebe. Nein, nicht Leb wohl! Auf Wiedersehen! Du wirst auf ewig in meinem Herzen sein.“
    Katharina kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an und konnte nicht antworten. Ein allerletztes Mal umarmten sie sich so fest, dass es fast weh tat. Sie wollten einander nicht loslassen. Doch dann löste sich Berthold von Katharina, ging zu Calamus, stieg auf und ritt davon, ohne noch einmal den Kopf zu wenden. Katharina sollte seine Tränen nicht sehen.
    Katharina stand verloren da und blickte ihrer Liebe nach. Sie wusste nicht, ob sie Berthold jemals wiedersehen würde, aber sie wusste eines ganz gewiss: dass sie Jahr für Jahr hierher kommen würde, zur verabredeten Stunde am Tag des Maigedings. Selbst wenn sie schon alt und gebrechlich geworden wäre. Dann würde sie sich eben tragen lassen, aber sie würde kommen. Dann brach sie schluchzend und tränenüberströmt zusammen. Sie ließ ihrer ganzen Wut und Trauer freien Lauf und riss das junge Gras büschelweise aus dem Boden.
     

     
    Berthold ritt langsam auf dem verschlungenen Pfad durch den Wald, bis er an die Stelle kam, an der der Weg nach rechts zum Hofgut seiner Eltern abzweigte. Geradeaus führte er bergab direkt nach Langen. Berthold wusste, dass es riskant war, noch einmal durch die Stadt zu reiten. Er durfte sein Schicksal nicht allzu sehr herausfordern, aber er wusste auch, dass er Langen wohl für lange Zeit nicht mehr wiedersehen würde. Die vertrauten Gassen, die Häuser und Gesichter, die ihn so lange Jahre begleitet hatten. Und eigentlich musste er ja nach Hause, sich von den Eltern verabschieden, ein letztes Mal gemeinsam mit ihnen und seinem Bruder Robert essen und sein Pferd versorgen. Viel zu tun und wenig Zeit. Berthold seufzte. Doch er hatte sich bereits entschieden. Mit einem sanften Schenkeldruck lenkte er Calamus geradeaus und trabte den Hügel in Richtung Langen hinab.
    Die beiden Stadtwachen am Tor erkannten Berthold, der von Calamus abstieg und diesen an einen Pfosten band. Sie nickten ihm zu und tauschten einen verstohlenen Blick aus. Berthold wusste jetzt, dass sie zwar keine Anweisung hatten, ihn festzuhalten, aber dass in der Stadt bereits geredet wurde. Mit einem kurzem Gruß und festem Blick trat Berthold durch das Tor in die Stadt. Vor ihm eröffnete sich die Bachgasse, die von Fachwerkhäusern und Ställen gesäumt war. Er folgte ihr etwa fünfzig Schritte, bis er an Grubers Schänke angelangt war. Dann hielt er sich rechts, denn hier zweigte ein schmales Gässchen in Richtung eines weiteren Wachturmes auf der nordöstlichen Seite der Stadtmauer ab. Den hier fließenden Sterzbach überquerte er über eine kleine Steinbrücke und kam rechter Hand an dem Haus von Katharinas Vater mit der Schreibstube vorbei.
    Berthold genoss für einen Augenblick die kleinen Gärten, die vor manchen Häusern zur Gasse hin lagen und trotz der frühen Jahreszeit schon prächtig blühten. Bereits nach wenigen Schritten sah er die befestigte Stadtmauer von innen, die sich in einiger Entfernung wie ein wehrhafter Arm nach Westen um die angrenzenden Häuser schlang. Er atmete den Geruch der Stadt tief ein und nahm ihn in sich auf – ganz wie ein Künstler, der sich ein Motiv einprägt, das er erst zu einem späteren Zeitpunkt malen möchte. Ich muss mir deinen Geruch bewahren, dachte Berthold wehmütig bei sich, deinen Duft nach Blumen, gebratenem Fleisch und Ungerechtigkeit. Ich werde dich vermissen.
    Berthold hatte genug gesehen. Er wandte sich um und ging wieder zurück. Als er an Grubers Schänke schon fast vorbei war, hörte er plötzlich ein Geräusch hinter sich. So schnell es sein lahmes Bein zuließ, duckte er sich instinktiv. Nur einen Augenblick später krachte einer von Grubers massiven Holzschemeln, die in der Gaststube standen, an die Hauswand der Schankwirtschaft und
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