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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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Gefühle gewesen, doch für gewöhnlich war es Jeffrey, der bettelte, nicht sie. Vier Jahre nach ihrer Scheidung hatten sie wieder eine Beziehung angefangen. Vor drei Monaten hatte er sie dann gebeten, ihn noch einmal zu heiraten, und sein Ego hatte ihre Zurückweisung nicht verkraftet, egal, wie oft sie ihm ihre Gründe zu erklären versuchte. Seitdem hatten sie sich nicht mehr privat getroffen, und langsam gingen Sara die Ideen aus.
    Sie unterdrückte einen Seufzer. «Jeffrey?»
    «Leg den Bericht einfach hin», sagte er ohne aufzusehen und zeigte auf eine leere Ecke des Tisches.
    «Ich dachte, du würdest ihn dir vielleicht ansehen wollen.»
    «Irgendwas Ungewöhnliches?», fragte er und ging weiter seinen Papierstapel durch.
    «Ich habe was in ihrem Dickdarm gefunden, das aussieht wie eine Schatzkarte.»
    Doch er ließ sich nicht ködern. «Hast du es in deinem Bericht vermerkt?»
    «Natürlich nicht», sagte sie spöttisch. «Ich will den Schatz doch nicht mit der Bezirksverwaltung teilen.»
    Jetzt sah Jeffrey sie mit einem Blick an, der klarstellte, dass er ihren Witz für unangebracht hielt. «Wo bleibt dein Respekt vor den Toten?»
    Sara wurde rot.
    «Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen?»
    «Sie ist eines natürlichen Todes gestorben», erklärte Sara. «Blut und Urin waren sauber. Während der Untersuchung sind keine Besonderheiten an den Tag getreten. Sie war neunundachtzig Jahre alt. Sie ist friedlich eingeschlafen.»
    «Gut.»
    Sara sah ihm beim Schreiben zu, bis er merkte, dass sie nicht einfach gehen würde. Seine Handschrift war schön, fließend, ungewöhnlich für einen ehemaligen Footballspieler und erst recht für einen Cop.
    Sie trat von einem Fuß auf den anderen.
    «Setz dich», lenkte er schließlich ein und streckte die Hand nach dem Bericht aus. Sara setzte sich und reichte ihm die dünne Akte.
    Er überflog ihre Notizen. «Klare Sache.»
    «Ich habe schon mit den Kindern gesprochen», sagte Sara, auch wenn «Kinder» irreführend war. Das jüngste Kind der Verstorbenen war fast dreißig Jahre älter als Sara. «Es war ihnen klar, dass sie sich an einen Strohhalm geklammert haben.»
    «Schön», sagte Jeffrey und unterschrieb auf der letzten Seite. Dann warf er den Bericht auf die Ecke des Tischs und steckte die Kappe auf seinen Stift. «Ist das alles?»
    «Meine Mutter lässt dich grüßen.»
    Etwas widerwillig fragte er: «Wie geht es Tess?»
    Sara zuckte die Achseln, sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Die Beziehung zu ihrer Schwester schiengenauso den Bach runterzugehen wie die mit Jeffrey. Stattdessen fragte sie: «Wie lange willst du noch so weitermachen?»
    Bemüht, sie misszuverstehen, zeigte er auf die Papiere und erklärte: «Ich muss das durcharbeiten, bevor wir nächsten Monat vor Gericht erscheinen.»
    «Das meine ich nicht, und das weißt du genau.»
    «Ich glaube nicht, dass du das Recht hast, in diesem Ton mit mir zu sprechen.» Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sie spürte, dass er müde war, und sein vertrautes charmantes Lächeln war nirgends in Sicht.
    Sie fragte: «Bekommst du genug Schlaf?»
    «Es ist ein komplizierter Fall», sagte er, doch sie fragte sich, ob es wirklich nur der Fall war, der ihm nachts den Schlaf raubte. «Was willst du?»
    «Können wir nicht einfach miteinander reden?»
    «Worüber?» Er wippte mit dem Stuhl. Als sie nicht antwortete, fragte er: «Was?»
    «Ich will doch nur   –»
    «Was?», unterbrach er sie drohend. «Wir haben das Ganze hundertmal durchgekaut. Es gibt nichts mehr dazu zu sagen.»
    «Ich will dich sehen.»
    «Ich habe dir gesagt, dass ich bis zum Hals in diesem Fall stecke.»
    «Und danach?»
    «Sara!»
    «Jeffrey!», gab sie zurück. «Wenn du mich nicht mehr sehen willst, sag es einfach. Versteck dich nicht hinter einem Fall. Es gab Zeiten, da hat uns der Job viel mehr geschlaucht, und wir haben es trotzdem geschafft, Zeit miteinander zu verbringen. Soweit ich mich erinnere, war es das, was diesenMist» – sie zeigte auf die Berge von Papieren – «er träglich gemacht hat.»
    Er stellte den Stuhl mit einem Knall auf die Füße. «Ich weiß nicht, was das bringen soll.»
    Sie versuchte es noch einmal mit einem Scherz. «Sex, zum Beispiel?»
    «Den kann ich auch woanders haben.»
    Sie zog eine Braue hoch, doch sie verbiss sich den Kommentar, der sich aufdrängte. Die Tatsache, dass Jeffrey Sex woanders gehabt hatte, war der Grund für ihre Scheidung gewesen.
    Er wollte weiterschreiben, doch Sara riss ihm
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