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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen
Autoren: Nora Melling
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weiter in die gleiche Richtung, mitten zwischen die Baumschatten. Es ist so dunkel, dass ich den Weg nicht mehr erkennen kann. Nur schwarze Stämme rechts und links und über mir der dunkelgraue Himmel.
    Der Boden unter mir senkt sich plötzlich. Unwillkürlich laufe ich schneller. Beim nächsten Schritt fängt eine Brombeerranke meinen Fuß. Ich reiße die Arme hoch, um mich abzufangen, überschlage mich, kollere und rolle durch das Laub. Benommen bleibe ich liegen. Bin umringt von großen, schnaubenden Schatten, die sich hin und her schieben. Tiere, keine Menschen. Im Grunewald gibt es viele Wildschweine. Die Wolken reißen auf, und im Sternenlicht erkenne ich, was ich vor mir habe. Das sind keine Wildschweine. Diese Tiere haben schärfere Zähne als jeder Keiler.

VIER
    Ich habe die Hunde gefunden, die ich gesucht habe. Aber nicht nur zwei oder drei, ein ganzes Rudel. Schattenschwarz und struppig umringen sie mich wie Nachtgestalten. Starren mich an mit ihren gelben Wolfsaugen. Bewegungslos. Der Wald selbst ist stumm, als hielte er die Luft an. Die wilden Hunde überragen mich, während ich wehrlos am Boden liege. Greifen sie an? Wenn ich aufspringe und wegrenne, bin ich Beute. Sie werden mich jagen, und sie sind schneller als ich. Also bleibe ich sitzen, hoffe. Laub raschelt unter ihren Pfoten, als die Ersten sich Schritt für Schritt näher tasten. Schnüffelnd, drohend, angespannt, bis sie mich fast berühren. Dann beginnen sie, einer nach dem anderen, zu knurren. Ein unendlich tiefes Grollen. Es ist, als vibriere die Erde unter meinen aufgestützten Händen. Der Größte bleckt mir seine Reißzähne direkt ins Gesicht. Sein Atem stinkt nach totem Fleisch. Ich bin wie erstarrt. Mein Herz klopft Angst.
    Nein! Egal, ob sie mich jagen, wenn ich fliehe. Ich muss hier weg! Kann keine Sekunde länger in ihre giftig gelben Augen sehen. Kann das drohende Knurren nicht mehr ertragen. Nicht zu wissen, was sie vorhaben. Wann sie angreifen. Ich habe Fotos von Menschen gesehen, die von Kampfhunden angefallen wurden. Von einem Kampfhund. Das hier sind acht Hunde. Oder sogar neun? Wo, verdammt, ist der Junge aus der Einkaufsstraße geblieben? Kann er nicht auf seine Hunde aufpassen? Warum ruft sie niemand zurück? Ich schiebe mich rückwärts. Lasse den größten der Streuner nicht aus den Augen. Laub knistert unter mir. Rückzug, ganz langsam. Meine Hände tasten. Erwischen einen Ast, der im Boden zu stecken scheint.Das Knurren wird lauter. Sie sträuben ihr Fell. Ruhig, ihr Hunde, nicht angreifen. Gleich bin ich weg.
    Meine linke Hand ist plötzlich feucht. Entsetzt ziehe ich sie zurück, klebrig voller Blut. Ich fahre herum. Da ist kein Ast. Das ist eine Rippe! Fast weiß ragt sie aus einem aufgebrochenen Wildschwein. Ihre Beute. Am schlimmsten ist der Geruch. Nicht Laub und Erde. Grillfest, nur ohne Feuer. Rohes Fleisch.
    Ein anderer Hund schubst mich mit dem Kopf. Verteidigt seine Beute. Ich rolle durchs Laub. Gibt es überhaupt noch eine Möglichkeit zu entkommen? Dort ist ein dorniges Brombeergebüsch. Ich bin auf den Knien. Springe auf. Laufe, renne, doch der Große setzt mir nach. Er erwischt mich, noch eh ich die stachligen Ranken erreiche. Packt mit den Zähnen meine Ferse. «Nein!», schreie ich, als ich erneut zu Boden gehe. Kralle meine Finger ins Herbstlaub, spucke Blätter. «Hilfe!»
    Der Hund zerrt an mir. Ich versuche, ihn mit dem freien Fuß ins Gesicht zu treten. Er jault auf, als ich ihn erwische, aber er lässt nicht los. Da, schnell wie ein Schatten, springt ein zweiter Hund heran. Ich wälze mich auf den Rücken, reiße mein freies Knie hoch und verdecke mein Gesicht mit den Armen. Der zweite Hund springt über mich, und ich schlage nach ihm. Ramme ihm mein Knie in die Seite. Er fletscht die Zähne. Knurrt, dass es mir kalt den Rücken runterläuft. Streiten sie um die Beute? Der Große, Bullige hat noch immer meinen Fuß. Ich blute. Schmeckt er das Blut? Vor Angst merke ich den Schmerz gar nicht. Dann schnappt der Schlankere zu. Beißt nicht mich, beißt dem Großen mitten in den Rücken! Der Große lässt von mir ab, fährt herum und starrt den Angreifer an. Der Schlankere knurrt wieder. Sie springen gleichzeitig los. Verbeißensich ineinander, wälzen sich als knurrendes Knäuel am Boden. Der Große jault auf, springt auf die Pfoten und rennt davon. Der Schlankere setzt ihm nach, ist ihm dicht auf den Fersen. Kommen sie zurück?
    Ich traue mich kaum zu atmen. Die anderen hecheln mir ihre Aufregung
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