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Scharfe Schuesse

Scharfe Schuesse

Titel: Scharfe Schuesse
Autoren: Andre Le Bierre
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meinte dann: „Welling, dann schmettern sie mal
einen los und zeigen uns, wo es lang geht!“ Rene
musste sich etwas einfallen lassen. Ich zischte ihm zu:
„Na, Old Schmetterhemd, dann hau mal in die
Tassen, oder wie man so sagt, knall uns weg!“
    Rene stimmte einen alten Titel im Blues-Schema an
und gab uns eine melancholische Kostprobe seiner
netten erotischen Stimme, als er gequält „... put your
legs on my shoooouuuuuldeeeers …“ lautstark im
Raum verteilte. Den Rest der improvisierten
Coverversion musste ich leider heraus löschen wegen
„Keiner Jugendfreigabe“. Da hätte selbst die FSKAbteilung den Titel auf den Index gesetzt. Der OLt
war von der Stimme begeistert. Ich hätte fast gesagt,
der Mann hatte ein Rohr bis Polen. „Herr Welling, da
werden ja Frauenherzen weich und glibberig. Wenn
sie den Titel so in der Seniorenresidenz trällern haben
sie zwar ganz viele Fans, aber dafür auch meinen
Seestiefel im Arsch!“, sagte der gute Mann und lachte.
    Dann zog er das vom Kommandeure gewünschte
Programm aus der Tasche und belästigte uns mit
alten Schinken, wie „Wir lagen vor Kasachstan und
hatten den Russen an Bord“, „Weiß ist das Schiff, das
wir lieben“ und „Am Strand von Biscaya“ Das war
schon eine echte Herausforderung, Freddy Quinn
und Hans Albers zu imitieren. „Weiß ist das Schiff ...“
gefiel mir ganz gut.
Es handelte von der Liebe der Matrosen zum
Ausbildungsschiff „Gorch Fock“. Klar, dass bei dem
Spruch: „Wer zum Teufel ist George Fuck?“, ein
kühler Nordwind aus dem Mund des Offiziers und
Gentleman in 150 dB auf so einen embryonalen
Gefreiten ein prasselte. Man nannte ihn auch MOH
oder Mann ohne Hirn. Wie konnte man die Marine so
in den Dreck ziehen? Normalerweise kamen solche
Sprüche immer von unserm Moslem, der sich ja als
Muscheltaucher-Anwärter nach Olpenitz versetzen
lassen
wollte.
Krampfschwimmer
und
Muscheltaucher wurden schließlich gesucht.
    In den verschiedenen Abzeichen der Marine gab es
natürlich auch die entsprechenden Symbole auf den
Marineanker, z. B.: die „Wings of German Navy“,
oder die „Blühende Tomate“, welche nicht wie
gedacht den Schiffsbotaniker, sondern den
Waffentaucher auszeichnete.
    Nach unserem Gesangsverein wollte Razi natürlich
alles wissen. Sie kam mit Sprüchen wie: „Sag mal, wie
schwul ist die Marine eigentlich?“ Aber wir konnten
sie mit einer entspannten Kriegsfilmnacht wieder
runter bringen. Zum Einstieg gab es „Stalingrad“
gefolgt von „Im Westen nichts Neues“ und zum
krönenden Abschluss flimmerte im Fernsehraum
„Full Metal Jacket“ und „Heartbreak Ridge“. Bei
letzterem Film, der bereits weit nach zwölf Uhr lief,
lagen Rene und ich bereits eng umschlungen auf dem
Sofa und hatten mindestens schon acht Bier im
Magen. Es war aber auch nur noch der harte Kern
unseres Club anwesend. Rolf sah mich natürlich
ständig an, aber das war mir egal.
Schließlich liebte ich Rene. Als wir dann um drei Uhr
im Bett waren, bekamen wir gleich am nächsten
Morgen die Retourkutsche. Ein Orientierungslauf
ohne Gnade. Zeitvorgabe: Vier Stunden die Einen
nannten das „Orientierungslauf“, für die Anderen
war es ein Spaziergang durch die Filmkulisse vom
„Immenhof“ Oma Jannsen hatten wir dann in einem
alten Bauernhaus bei Bosau gefunden, wo wir uns die
Feldflaschen auffüllten. Der Schwachsinnsgefreite
war ja so blöd und hatte noch GinTonic vom Vortag
in der Feldflasche.
    Man, was war der breit nach dem Orientierungslauf.
Eine andere Art von Rausch hatte Peter Pokollo, der
den Abend vorher mit seinen drei Kollegen Mario
Huana, W. Asserpfeife und Cana Bis eine Bong-Party
feierte. Eimer rauchen wurde schwierig, weil der
Versorger sich nach der Rückkehr der Eimer immer
über das Loch im Eimerboden beschwert hatte und
sich nun quer stellte, d.h. keine Eimer mehr
herausgab. Rene hatte so einen Eimer mal erwischt
und wunderte sich, dass er 90 Minuten wartete, und
immer noch kein Wasser im Eimer war.
Normalerweise war Rene keiner, der sich die Hose
mit der Kneifzange anzog, aber an dem Tag stand er
wohl irgendwie neben sich.
    Die Kräuterküche von Berufsjunkie Pokollo gab
natürlich auch ein paar andere nette Meskalien- und
Opiumderivate her. Demnach spiegelte sich das auch
beim Chorgesang wieder. Peter konnte zwar „Weiß
ist das Schiff, das wir lieben“ nicht singen, aber dafür
liebte er andere Dinge, die weiß waren.
Er trällerte lieber ein paar alte Schinken von Trip
Schanker und den Syphilisten, wie „Lucy in
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