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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes
Autoren: Bergius C.C.
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werde ich … werde ich Konsequenzen ziehen!«
    »Und wie sehen die aus?« Der Ordensvorsteher ging gemessenen Schrittes auf den Russen zu. »Nicht einmal 1863, als uns nach dem mißlungenen nationalen Aufstand unsere Ländereien genommen wurden, hat Zar Alexander II. das Kloster Jasna Góra angetastet. Und Sie wissen, warum! Das Mysterium der wundertätigen Madonna hielt ihn davon ab! Dem Zaren war bekannt, daß es weder schwedischen noch preußischen oder österreichischen Armeen jemals gelungen ist, dieses Kloster mit Waffengewalt niederzuringen. Sämtliche Kirchen Polens hat man beraubt, Jasna Góra aber blieb unangetastet. Und so wird es bis in alle Ewigkeit bleiben. Das Territorium der Schwarzen Madonna wird niemand ungestraft angreifen können.« { * }
    Der Russe nagte an seinen Lippen. »Dann geben Sie wenigstens bekannt, daß der Kronenschmuck nicht gestohlen wurde.«
    Prior Rejman lächelte. »Werden Sie mir dann ebenfalls einen Wunsch erfüllen?«
    »Wenn ich es kann.«
    »Ohne jede Schwierigkeit. Sie brauchen nur zu veröffentlichen, daß die russische Bezirksverwaltung nicht beraubt worden ist. Ich erkläre dann, daß auch hier kein Einbruch stattgefunden hat.«
    Oberst Iwan Stepanowitsch ballte die Fäuste. »Das ist … Das ist …«
    Prior Rejman deutete eine Verneigung an. »Entschuldigen Sie mich jetzt, bitte. Ich habe die Messe zu lesen.«
    Das Gerücht, die russische Regierung wolle eine Kontrolle über das Kloster der Pauliner erringen, trieb unzählige Gläubige nach Jasna Góra. Offen wurde gegen diese angebliche Absicht demonstriert. Einem aufmerksamen Beobachter konnte freilich nicht entgehen, daß der Orden die Erregung der Bevölkerung noch schürte. Um die Gefahr von Unruhen zu bannen, entschloß sich die russische Polizei, zur Abschreckung einige Verhaftungen vorzunehmen.
    Dann aber änderte sich die Situation mit einem Schlag. Es begann mit einem Fund, den ein Bauer aus Gidle machte. Er kehrte mit seinem Jungen vom Markt in Nowo-Radomsk zurück und entdeckte am Ufer der Warthe einen ungewöhnlich großen, rechteckigen Korb, der schräg aus dem Wasser herausragte und offensichtlich angeschwemmt worden war. »Den sollten wir mitnehmen«, sagte er und hielt den Wagen an. »Lauf runter und schau nach, ob er brauchbar ist.«
    Der Junge eilte über ein noch schneebedecktes Feld zum Ufer und bemühte sich, den Korb an Land zu ziehen. Das gelang ihm jedoch nicht. »Er sieht wie neu aus, ist aber verdammt schwer«, rief er nach vergeblichen Bemühungen.
    Der Vater stieg vom Wagen. »Warte, ich komme.« Er band sein Pferd an und ging zum Ufer. Zu seiner Verwunderung stellte er dort fest, daß der Korb mit einem dicken Seil verschnürt war. »Versuchen wir es zusammen«, sagte er und faßte in den Handgriff, der sich an der Stirnseite des Strandgutes befand.
    Gemeinsam zogen sie den Korb an Land.
    »War ein ganz schönes Stück Arbeit«, keuchte der Junge.
    Der Vater nickte und zog sein Klappmesser aus der Tasche. »Bin gespannt, was drin ist.«
    »Und ich möchte wissen, wie der Korb in den Fluß gekommen ist. Den kann man doch nicht verlieren.«
    Der Bauer schnitt die Verschnürung auf. »Wir werden gleich mehr wissen.«
    Sie schlugen den Deckel zurück und blickten auf ein gut erhaltenes, mit Wachstuch bezogenes Liegesofa.
    Der Junge schaute verblüfft seinen Vater an.
    Der kratzte sich den Hinterkopf. »Ohne Wodka ist das nicht zu begreifen. Man hätte das Gestell doch einfach ins Wasser werfen können. Wozu also der Korb und die starke Verschnürung?«
    »Du meinst, da stimmt was nicht?«
    Der Bauer zuckte die Achseln. »Heben wir das Ding mal raus.«
    Das Sofa war unerwartet schwer, ließ sich jedoch ohne große Mühe herausheben. Aber dann stutzten Vater und Sohn. Am Boden des Korbes lag ein von Blut verschmiertes Kopfkissen.
    Ein unheimliches Gefühl veranlaßte den Bauern, das Wachstuchsofa auf einer Seite hochzuheben und umzustoßen.
    Der Junge schrie auf und bekreuzigte sich.
    Sein Vater stand wie gelähmt da.
    Eingeklemmt zwischen den Matratzenfedern lag ein Toter mit zertrümmertem Schädel.
    »Fahr nach Hause und hole den Polizisten«, sagte der Bauer, als er den ersten Schreck überwunden hatte. »Ich bete inzwischen drei Ave Maria.«
    Der Junge rannte wie gehetzt davon.
    Es dauerte keine Stunde, bis der Polizeibeamte eintraf. Der Gemeindeschreiber begleitete ihn. Ihnen folgten mehrere Wagen mit Neugierigen; die Gelegenheit, einen Ermordeten zu sehen, wollte man sich nicht
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