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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes
Autoren: Bergius C.C.
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Wagen zu werfen und sich ein Stück mitnehmen zu lassen. Und dabei ließen sich, ohne Aufsehen zu erregen, tausenderlei Fragen stellen. Irgendwer mußte den Korb gesehen haben. Bei seiner Größe bot er fast eine Garantie dafür, daß er jemandem aufgefallen war.
    Kriminalmeister Bobak täuschte sich nicht. Am zweiten Tag seiner Fahrt durch den Czenstochauer Jura, dessen Straßen an vielen Stellen noch nicht völlig schneefrei waren, erklärten ihm einige Bauern, die er auf dem Marktplatz von Rudniki ansprach, sie hätten vor knapp einer Woche ein merkwürdiges Erlebnis gehabt. Auf dem Weg vom Wirtshaus seien ihnen in der Nacht zwei offene Fiaker ohne Lampen begegnet. Da hätten sie sich natürlich gefragt: Was machen Droschken zu so später Stunde in unserer Gegend? Merkwürdiger aber noch sei gewesen, daß in einem der Wagen überhaupt niemand gesessen habe. Im anderen hätten zwei Männer gehockt. Einer von ihnen habe gefragt, ob sie wüßten, wo man noch eine Flasche Kwaß bekommen könne, jenes in Rußland so beliebte Erfrischungsgetränk, das aus Malz, Zucker, Pfefferminz und Rosinen hergestellt wird. Da hätten sie gelacht und gesagt: ›In Rudniki wohnen richtige Männer. Also gibt es hier nur Wodka zu saufen.‹ Nun ja, sie seien betrunken gewesen und hätten die Unbekannten kräftig gefoppt.
    Nach dieser Erklärung überlegte Kriminalmeister Bobak: Wenn eine der Droschken leer gewesen ist, besteht die Möglichkeit, daß sie als Transportmittel für den Korb gedient hat. »Gibt's in Czenstochau viele Fiaker?« fragte er die Männer.
    »Mindestens dreißig!«
    »Ein Teil von ihnen steht unten am Bahnhof. Die anderen warten oben am Kloster.«
    »Ein Schweinegeld verdienen die Brüder.«
    Pawel Bobak spürte, daß er auf der richtigen Fährte war. Wenn er alle Droschkenkutscher vernahm, mußte er seinem Ziel näher kommen. Dennoch fuhr er nicht schnurstracks nach Czenstochau. Er befragte vielmehr auch auf der letzten Wegstrecke jeden, der ihm möglicherweise eine Auskunft geben konnte. So ließ er auch den Büttel Tadeusz Minka nicht aus. Der saß mit seiner Frau gerade in der Küche beim Nachmittagskaffee und lud ihn sogleich zu einem Stück ›Babka‹ ein. Es roch nach schwelendem Holz, Vanille und frisch gerösteten Bohnen.
    Wie üblich unterhielt man sich zunächst über das Wetter. Dann kam das Gespräch auf den Mord, von dem die Zeitung berichtet hatte.
    »Es wird immer schlimmer«, seufzte Krystyna Minka. »In meiner Jugend hätte es so was nicht gegeben.« Mit Unbehagen dachte sie an die Edelsteine und an die fünfzig Rubel, die der Prior ihrem Mann hatte geben lassen. Fünfzig silberne Rubelchen! Sie hatte natürlich dafür gesorgt, daß sie im Hühnerstall vergraben wurden.
    Während sie so plauderten, erschien ein Mönch in der weißen Kutte der Pauliner. Er war von mittlerer Statur, hatte einen außerordentlich gepflegten Bart und auffallend volle Lippen. Seine Augen waren von verschleiertem Grau und wirkten traurig. »Gelobt sei Jesus Christus«, sagte er mit weicher Stimme. »In Ewigkeit. Amen!« antworteten das Ehepaar und der Kriminalist.
    Krystyna Minka eilte mit flinken Schritten auf den Pater zu, küßte seine Hand und bat ihn, Platz zu nehmen. Ihre runzeligen Wangen röteten sich und verrieten die Freude, die ihr der ehrenvolle Besuch bereitete.
    Der Pauliner entsprach jedoch nicht ihrer Bitte. Er legte vielmehr dem Büttel, der sich ebenfalls erhoben hatte, die Hände auf die Schulter und schaute ihn lange an. »Mich wirst du wahrscheinlich nicht wiedererkennen. Vielleicht hilft es dir aber, wenn ich sage, daß seit unserem letzten Zusammensein sechzehn Jahre vergangen sind.«
    Tadeusz Minka betrachtete den Mönch aus zusammengekniffenen Augen. »Sechzehn Jahre …? Da war ich noch Unteroffizier in Warschau.«
    »Und ich war einer von denen, die du gezwiebelt hast.«
    »Ich hab's!« rief der Büttel aufgeregt und umarmte den Pater. »Du bist Dabrow!«
    Der Mönch lachte. »Das war mein Geburtsname. Heute heiße ich Pater Rochus.«
    Dem früheren Unteroffizier stiegen Tränen der Rührung in die Augen.
    »Schon lange wollte ich dich aufsuchen«, fuhr der Pauliner fort. »Ich kam nur nie dazu. Dies ist um so unverzeihlicher, als ich seit Jahren weiß, daß du hier der Büttel bist.«
    »Von wem hast du das erfahren?«
    »Pjetro Kiszka erkannte mich während einer Messe, die ich zelebrierte. Du wirst dir denken können, daß wir bis spät in die Nacht palavert haben.«
    »Da ähnliches auch
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