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Schaenderblut - Thriller

Schaenderblut - Thriller

Titel: Schaenderblut - Thriller
Autoren: Wrath James White
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wäre längst in Rente, wenn du nicht wärst – du bist der einzige Grund, weshalb ich noch weiterarbeite. Aber du besäufst dich lieber und nagelst jede Studentenfotze, die dir über den Weg läuft. Jung, dumm und notgeil. Du solltest die Scheiße in diesem Jahr besser unter Kontrolle bekommen, Junge! Lass deine Noten nicht wieder so abstürzen. Haben wir uns verstanden?«
    Joe hatte nur halbherzig zugehört. Darlehen und staatliche Zuschüsse finanzierten seine Ausbildung. Sein Dad tat nichts weiter, als ihm ein Taschengeld zu schicken. Diese 80 Dollar pro Woche hätte er sich ohne Weiteres durch einen Nebenjob dazuverdienen können. Selbst McDonald’s zahlte mehr. Aus unerfindlichen Gründen wurde immer, wenn er mit seinem Vater redete, die Bestie hungriger. Sein Dad machte ihn wütend, und diese Wut schien seine Begierde zu entfachen.
    Joes Hände peitschten den Pinsel wie besessen über die Leinwand. Die Farben waren jetzt fast ausschließlich Rot, Weiß, Beige und Rosa. Haut, Knochen und Blut. Er malte das Modell mit dem Innersten nach außen gekehrt. Er atmete schwer und starrte sie an wie ein Besessener. Sie begann zu zittern, als ihre Blicke sich trafen. Joe spürte, wie sich neugierige Augen in seinen Rücken bohrten, und hörte, wie jemand beim Anblick des Massakers auf seiner Leinwand entsetzt keuchte. Aber er konnte nicht aufhören zu malen.
    Eine Erektion beulte seine Hose aus und er penetrierte die Leinwand mit dem Pinsel förmlich. Schließlich schnappte sich das Aktmodell die Klamotten und flüchtete aus dem Raum. Joe wurde aus seiner Trance gerissen. Es herrschte eine gespenstische Ruhe. Joe hörte seinen eigenen Atem, heftig und schnell wie eine Dampflok bei voller Geschwindigkeit. Mühsam kämpfte er darum, die Kontrolle über seinen Körper zurückzugewinnen, und bemerkte die anklagenden Mienen seiner Kommilitonen – und der Professorin. Sie war es, die schließlich das Schweigen brach.
    »Ähm ... Joseph? Das war ja eine ziemlich intensive Vorstellung, die Sie da gerade abgeliefert haben. Hätten Sie was dagegen, wenn wir mal einen näheren Blick auf Ihre Staffelei werfen?« Die Professorin war ein Strich in der Landschaft ohne erkennbare Nahrungsreserven am ausgemergelten Körper. Die Haut hing lose an ihren Knochen, als hätte jemand alle Muskeln und sämtliches Fett abgesaugt. Ihre Gesichtsknochen zeichneten sich deutlich ab und die Augen waren tief im Schädel versunken. Ein trockenes Nest aus blondem und grauem Haar hing verknäult auf ihren Schultern, die Hände waren voller Farbflecken. Sie erinnerte Joe an ein wandelndes Skelett.
    Er sagte nichts und beobachtete mit unbewegter Miene, wie sie seine Leinwand von der Staffelei nahm. Der Rest des Kurses trat näher heran. Die Studenten kamen hinter ihren eigenen Staffeleien hervor und scharten sich um ihn, um über seine Schulter einen Blick auf das Meisterwerk zu werfen. Von der Leinwand tropfte es rot. Überall wurde entsetzt nach Luft geschnappt.
    »Das ist ein sehr leidenschaftliches Werk, Joseph. Was hat Sie dazu inspiriert, es zu malen?«
    Die Stimme der Frau zitterte. Sie würde mit dem Vertrauenslehrer sprechen, sobald die Stunde vorbei war. Spätestens Ende der Woche verfrachteten sie ihn dann auf die Couch eines Psychiaters und sobald sie herausgefunden hatten, was in seinem Kopf vorging, würden sie ihn in eine Zwangsjacke stecken und in eine Gummizelle sperren. Er musste etwas sagen, damit sie ihn nicht für verrückt hielt, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Die Nähe seiner Mitstudentinnen ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Die Luft war dicht und feucht vom Geruch nach warmem jungem Fleisch. Er schaute von einem Mädchen zum anderen, nicht in ihre Gesichter, sondern auf Brüste, die in enge T-Shirts und Blusen gezwängt waren, auf Nippel, die sich durch den Stoff drückten, nackte Schenkel, die aus Shorts und Röcken ragten. Bloße Arme, Hälse, sogar die rasierten Waden unterhalb einer Caprihose erregten ihn. Joe hätte am liebsten laut aufgeschrien. Noch schlimmer: Er wäre am liebsten über sie hergefallen.
    »Ich weiß nicht. Es ... es tut mir leid.«
    »Nein, es muss Ihnen nicht leidtun. Das ist eine wundervolle Arbeit. Ein Künstler sollte leidenschaftlich sein. Rohe, ungezügelte Leidenschaft ist das, was einen wahren Könner ausmacht. Wenn etwas wie das hier in Ihnen steckt, kann noch einiges aus Ihnen werden, junger Mann. Ich fühle mich ein wenig an die Frühwerke von Francis Bacon erinnert.« Die
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