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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen
Autoren: G Haderer
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sich zusammenkrümmte und nach vorne fiel.
    „Kern“, schrie Schäfer, „darf ich das Verhör bitte zu Ende führen?“
    Kern antwortete nicht, doch die Pistole in seinen zitternden Händen machte Schäfer klar, dass er sich ab jetzt jedes Wort zweimal überlegen musste.
    „Wer war noch dabei?“
    „Der Kranz, der Steiner, der Deutsche und zwei andere, die ich aber nie getroffen habe.“
    „Herr Sonnbichler … wissen Sie, wer zwischen Ihnen und mir steht? Ein ziemlich verwirrter und vor allem verletzter junger Mann, der seit sehr langer Zeit herausfinden will, was seinem Vater zugestoßen ist. Und nachdem er es herausgefunden hat, sind in Kitzbühel fünf Menschen gestorben. Einen davon hat wohl ihr Freund Kranz auf dem Gewissen – aber die anderen … Und jetzt sagen Sie mir, was ihn davon abhalten soll, den Letzten der Bande zu erschießen, die seinen Vater ermordet und verscharrt hat?“
    „Ich hab niemanden ermordet, ich schwöre es …“
    Als Sonnbichler ihm in die Augen sah, wusste Schäfer, dass er sich getäuscht hatte. Mit einem Mal fühlte er sich so schwach, dass er fürchtete, sein Kreislauf würde versagen.
    „Kern. Leg die Waffe weg.“ Er machte vorsichtig einen Schritt nach vor.
    „Wie haben Sie es so schnell herausgefunden?“
    „Lass jetzt sofort die Waffe fallen oder ich erschieße dich.“
    Als Kern seine Pistole auf den Boden fallen ließ, trat ihm Schäfer mit aller verbliebenen Kraft in die Kniekehle, packte den einknickenden Kern an den Haaren und riss ihn auf den Boden. Er kniete sich auf dessen Schultern, griff sich die Handschellen, die am Gürtel befestigt waren, und legte sie ihm an. Danach hob er Kerns Pistole auf, sicherte sie und warf sie unter den Esstisch. Er legte sich rücklings auf den Teppich und bemühte sich, ruhig zu atmen.
    „Du hast doch das Bild gesehen“, sagte Schäfer mit geschlossenen Augen, „von deinen Eltern … dass uns diese Ähnlichkeit nicht früher aufgefallen ist … erst als du mit gebrochener Nase im Revier gesessen bist, hab ich es erkannt … das Taschentuch mit deinem Blut hab ich ins Labor geschickt … das Haar auf Gassers Computer war von dir … aber eigentlich hätte ich mich viel früher auf dich einschießen müssen. Welcher Tiroler Polizist freut sich schon, wenn einer aus Wien nach Tirol kommt und den Chef macht … und du hast dich ja tatsächlich gefreut … eure Fußspuren in Gassers Garten … natürlich haben wir sonst keine gefunden … und Gassers Tochter, die hat nicht losgeheult, weil Walch eine Pistole hatte. Sie hat dich wiedererkannt … nur was du mit meinen Schuhen wolltest, das weiß ich bis heute nicht … das musst du mir erklären.“
    Als er keine Antwort bekam, wälzte sich Schäfer zur Seite und hob vorsichtig Kerns Kopf hoch. Seine Augen waren geschlossen, seine Atmung nicht zu hören. Schäfer legte ihm den Daumen auf die Halsschlagader. Dann griff er in seine Jacketttasche und holte sein Handy heraus.
    „Kollegin Baumgartner? Schäfer hier … Ich brauche sofort einen Rettungswagen. Und Sie sollten auch mitkommen.“

47
    „Wie lang dauert so ein Zustand?“, wandte sich Schäfer an den Psychiater, nachdem sie das Krankenzimmer verlassen hatten und nun den Korridor entlanggingen.
    „Das kann ich nicht sagen … es gibt verschiedene Formen der Katatonie und noch mehr Ursachen. Wir versuchen fürs Erste, den Stupor mit Benzodiazepinen zu lösen, damit er normal atmet und Nahrung aufnehmen kann.“
    „Könnte er sterben?“
    Der Arzt blieb stehen und zuckte mit den Achseln.
    „Sein Alter und sein guter Allgemeinzustand sprechen für ihn. Was mir Sorgen macht, ist das Fieber und die zeitweilige extreme Muskelanspannung. Das sind Anzeichen einer malignen Katatonie, die durchaus lebensbedrohlich sein kann.“
    „Kann ich ihm irgendwie helfen?“
    „Na ja … schauen Sie in seiner Wohnung nach, ob Sie irgendwelche Medikamente finden: Beruhigungsmittel, Antidepressiva oder irgendwelche Neuroleptika. Damit könnten wir die Diagnose verfeinern. Vielleicht können Sie auch herausfinden, ob er in therapeutischer Behandlung war. Wir haben leider gar nichts über ihn im Computer. Ansonsten: Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann sprechen Sie mit ihm. Das kann ich Ihnen allerdings nur als Privatperson erlauben, der etwas an seiner Genesung liegt. Ein Verhör versuchen Sie mir bitte nicht.“
    „Natürlich“, erwiderte Schäfer gedankenverloren, „ich schaue, was ich machen kann. Danke.“
    Der Arzt nickte, drehte
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