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Schadenzauber (German Edition)

Schadenzauber (German Edition)

Titel: Schadenzauber (German Edition)
Autoren: Atir Kerroum
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Agricola. Einen Bauern Otto nahm doch kein Mensch ernst.
     Nachdem er sich zweimal umgesehen hatte – die Abteilung für Liebeszauber war erstaunlich frequentiert – musste er sich für den einzigen leeren Platz den Tisch mit einer jungen Hexe teilen, vor der sich die Bücher zu der Frage stapelten, wie man jemandem Impotenz anhext. Wenn er die Illustrationen richtig deutete, dann stach man hierzu einer Strohpuppe zwischen die Beine. Solche grobschlächtigen Methoden betrachtete Otto als unseriös und standeswidrig. Er räusperte sich höflich und schob den Bücherstapel einen Fingerbreit zur Seite, und die Hexe zog die Bücher näher zu sich heran und machte so Platz für Otto. 
    Sie war recht hübsch, aber Otto war nicht zum Anbandeln hier, sondern zum Arbeiten. Außerdem gefiel ihm nicht, womit sie sich beschäftigte. Vor einem solchen Weib musste man sich in acht nehmen.
    Albertus Magnus unterschied drei Arten, generi, von Liebeszaubern: Den Zauber der Begierde, veneficium voluptatis, den Zauber der Hörigkeit, veneficium servitutis, und den Zauber der Treue, veneficium fidelitatis. Je nachdem, was man mit dem Zauber erreichen wollte. Es gab weiterhin den Zauber der Eifersucht, veneficium rivalitatis, den Zauber der Trennung, veneficium separationis, und, für die ganz Unverbesserlichen, den Zauber der Wiedervereinigung, veneficium reconciliationis.
    Jeden Zauber unterteilte Albertus Magnus in weitere Untergruppen, zum Beispiel beim Zauber der Begierde den Zauber der Ausschweifung, veneficium libidini, wenn es nicht immer nur Hausmannskost sein sollte.
    Otto erschien es am besten, einen soliden Breitbandzauber zu wirken. Damit der Prinz vor Begierde nach der Prinzessin entflammte und ihr treu und hörig war. Kurz überlegte er, ob er letzteres mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, schließlich würde ein solcher Zauber bedeuten, dass das Reich eines Tages unweigerlich von der ausländischen Frau eines Schwächlings regiert wurde. Aber das ließ sich nicht ändern. Ein zurückhaltenderer Zauber garantierte keinen Erfolg. Otto hatte kein Wahl, und ein Gewissen konnte er sich derzeit nicht leisten.
    Es gab keine Garantie, dass der Prinz die Prinzessin heiraten würde, wenn er sie nur begehrte. Da gehörte richtig Pfeffer in die Wunde.
    Den ganzen Tag wälzte Otto die Literatur, arbeitete sich nach Albertus Magnus’ Einführung weiter durch die Spezialbücher hindurch, von denen die meisten ebenfalls von Albertus Magnus stammten. Nach und nach exzerpierte Otto die Bestandteile, aus denen er seine Zauberformel wirken wollte, und schrieb sie auf seine Schiefertafel. Einmal begann er die Formel unbedacht vor sich hin zu murmeln. Die Hexe neben ihm unterbrach ihn mit einem Räuspern. Zauberformeln zu murmeln war gefährlich. Otto flüsterte eine Entschuldigung und arbeitete weiter.
     
     
    Zwei Tage später, am Abend, lag der fertige Ring auf Ottos Tisch. Für alle zwanzig Gulden hatte sich der Goldschmied enorm beeilt und keine Fragen gestellt. Während des Gießens hatte Otto den Zauber gewirkt und ihn in dem Metall gebunden. Sobald Ansoalda den Ring Malwin ansteckte, würde dieser von Liebe ergriffen werden, dass die Wände wackelten. Für den Prinzen konnte Otto nur hoffen, dass Ansoalda nicht gar so hässlich war. Andererseits, welche Rolle spielte das, wenn er wirklich verliebt war? Otto hatte den kupplerischen Zauber rein abstrakt gewirkt. Das Aussehen der Prinzessin war ihm nicht mal ansatzweise beschrieben worden, und auch Malwin hätte er auf der Straße nicht erkannt. Nicht, dass ihn das kümmerte. Otto interessierte sich nicht für Politik und er interessierte sich noch weniger für die Reichen und die Schönen.
     
     
    Nach Einbruch der Dunkelheit kamen Hraldir Olafsson und Roberto Albizzi in sein Officium. Ohne Umschweife händigte er ihnen den Ring aus. „Diesen Ring“, erklärte er dazu, „muss die Prinzessin Malwin anstecken. Dann wird er Wachs in ihren Händen sein.“
    „Hm“, machte Hraldir Olafsson. „Anstecken? Dieser Ring hat ja nicht einmal einen Stein.“
    „Was habt Ihr erwartet? Das ist das, was man für zwanzig Gulden bekommt, wenn man es eilig hat. Und bevor ich einen billigen Stein kaufe, nehme ich lieber gar keinen. Ich gebe zu, dass der Ring kein kostbares Meisterwerk der Goldschmiedekunst ist, aber die Prinzessin muss ihn eben gut verkaufen. Als Geschenk des Herzens und nicht als Geschenk des Geldes.“
    „Ich denke, das wird sie schaffen“, schnurrte Albizzi listig.
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