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Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz
Autoren: Sara Paretsky
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endgültig satt! Er gehört zu den angesehensten Leuten einer hoch angesehenen Firma in einer überaus angesehenen Branche. Allein die Vorstellung, dass er in so eine Sache verwickelt sein könnte -«
    »Es ist keine Vorstellung, es ist eine Tatsache«, sagte ich kühl. »Mir ist bekannt, dass er und Andrew McGraw, Präsident der Scherenschleifer-Gewerkschaft, ein von ihnen beiden gemeinsam verwaltetes Treuhandkonto eingerichtet haben, das es ihnen ermöglicht, Zahlungsanweisungen einzulösen - oder was man sonst anstellen muss, um an das Geld zu gelangen, das für Gielczowski und mindestens zweiundzwanzig weitere völlig gesunde Leute gezahlt wurde.«
    »Woher willst du so etwas überhaupt wissen?«, fragte Ralph wütend.
    »Weil mir soeben jemand am Telefon die Vertragskopie vorgelesen hat. Ich habe übrigens auch jemanden gefunden, der Masters häufig in der Nähe der Gewerkschafts-Hauptverwaltung zusammen mit McGraw gesehen hat. Und ich weiß, dass Masters mit Peter Thayer an dessen Todestag um neun Uhr morgens in seiner Wohnung verabredet war.«
    »Ich kann es immer noch nicht glauben. Seit drei Jahren bin ich ihm direkt unterstellt, und vorher habe ich zehn Jahre lang in seiner Abteilung gearbeitet. Zweifellos gibt es für alles, was du herausgefunden hast, eine andere plausible Erklärung - vorausgesetzt, du hast überhaupt etwas herausgefunden. Du hast den Treuhandvertrag ja nicht einmal gesehen. Und Yardley ist vielleicht mit McGraw essen gegangen oder einen trinken oder sonst was; sie haben möglicherweise über Versicherungsverträge gesprochen oder über Versicherungsleistungen und Ähnliches. So etwas kommt gelegentlich vor.«
    Ich verspürte den Drang, vor ohnmächtiger Wut laut loszuschreien. »Sag's mir aber mindestens zehn Minuten vorher, wenn du zu Masters gehst und ihm meine Story vorträgst, ja? Dann kann ich nämlich noch rechtzeitig da sein, um dich aus der Scheiße zu ziehen!«
    »Wenn du annimmst, dass ich meine Karriere aufs Spiel setze und meinem Chef auftische, welchen Gerüchten über ihn ich aufgesessen bin, dann hast du sie nicht alle!«, brüllte Ralph. »Er wird nämlich in wenigen Minuten hier eintreffen, und ich kann dir hundertprozentig garantieren, dass ich nicht so schwachköpfig sein werde, ihm davon zu erzählen. Sollte der Entschädigungsanspruch Gielczowskis tatsächlich ungerechtfertigt sein, so erklärt das natürlich einiges. Das werde ich ihm auch sagen.«
    Mir standen förmlich die Haare zu Berge. »Was? - Ralph, es ist einfach unglaublich, wie verdammt naiv du bist! Weshalb kommt er zu dir?«
    »Das geht dich einen Dreck an«, schnauzte er. »Aber ich werde es dir trotzdem verraten, nachdem du diesen ganzen Wirbel mit der Zahlungsanweisung verursacht hast. Ansprüche in dieser Größenordnung werden nicht von einem regionalen Schadenssachbearbeiter geregelt, sondern von der Zentrale. Ich bin heute in der Abteilung gewesen und habe mich erkundigt, wer den Fall bearbeitet. Es konnte sich niemand daran erinnern. Normalerweise vergisst man so eine große Sache nicht, die man jahrelang auf dem Schreibtisch hatte. Das machte mich stutzig, und als ich Yardley heute Nachmittag daheim anrief wie jeden Tag, weil er ja diese Woche nicht im Büro ist, erwähnte ich die Angelegenheit.«
    »Herrgott im Himmel! Das ist ja nicht zu fassen! Und er fand, es sei eine ernste Sache, stimmt's? Und da er heute Abend sowieso in der Stadt sei, würde er gleich bei dir vorbeikommen, um mit dir darüber zu reden. War es so?«, tobte ich.
    »Ja, genau!«, schrie er. »Und zieh du lieber los, und suche nach entlaufenen Hunden, und hör endlich auf, in der Schadensabteilung herumzuschnüffeln!«
    »Ralph, ich komme sofort rüber zu dir! Sag das Yardley, sobald er zur Tür hereinkommt - aber bitte sofort , damit du deinen dämlichen Hintern vielleicht noch über die nächsten Minuten retten kannst.« Ohne auf seine Antwort zu warten, knallte ich den Hörer auf.
    Ich sah auf die Uhr. 19 Uhr 12. Masters dürfte in zwanzig Minuten dort eintreffen. Schätzungsweise. So gegen halb acht, unter Umständen ein paar Minuten früher. Ich steckte Führerschein, Waffenschein und Gewerbeerlaubnis sowie etwas Geld in meine Gesäßtasche - die Brieftasche wäre mir im Augenblick im Weg gewesen. Dann überprüfte ich die Waffe, verstaute Ersatzpatronen in der Jackentasche, opferte fünfundvierzig Sekunden, um meine Joggingschuhe anzuziehen, schloss die neuen, gut geölten Sicherheitsschlösser hinter mir und stürmte
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