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Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz
Autoren: Sara Paretsky
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Wisconsin waren Sie Jody Hill. Mir ist natürlich klar, dass er einen falschen Namen angab in dem etwas naiven Glauben, Sie aus der ganzen Geschichte heraushalten zu können. Aber wieso kamen Sie beide auf Hill?«
    »Oh, das war keine abgekartete Sache. Joe Hill war schon von jeher unser beider Held. Wahrscheinlich habe ich unbewusst den Namen Jody Hill gewählt - genauso wie er.«
    Nachdem wir den Expressway verlassen hatten, lotste mich Anita weiter. Vor ihrem Elternhaus blieb sie noch eine Weile schweigend im Auto sitzen. Schließlich erklärte sie: »Ich wusste nicht recht, ob ich Sie bitten sollte, mit mir hineinzukommen. Aber ich glaube, es wäre wohl das Beste. Im Grunde hat ja sein Besuch bei Ihnen alle Ereignisse ausgelöst. Ich denke, er wird die Geschichte von Ihnen selbst hören müssen, damit er glaubt, dass nun wirklich alles vorbei ist.«
    »Also gut.« Wir gingen gemeinsam zum Haus. Vor dem Eingang saß ein Mann.
    »Leibwächter«, murmelte Anita. »Vater hat schon Vorjahren einen gehabt - solange ich denken kann.« Laut sagte sie: »Hallo, Chuck. Ich bin's - Anita. Ich habe mir die Haare gefärbt.«
    Der Mann war konsterniert. »Ich habe gehört, Sie befänden sich auf der Flucht, weil Ihnen jemand an den Kragen wollte. Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, sicher. Mir geht's gut. Ist Vater zu Hause?«
    »Ja. Er ist drin. Allein.«
    Wir betraten das Haus, ein kleines Anwesen im Landhausstil inmitten eines weitläufigen Grundstücks. Anita führte mich durch das Wohnzimmer in einen tiefer liegenden Freizeitraum. Andrew McGraw saß vor dem Fernsehapparat. Er wandte sich um, als er uns kommen hörte. Im ersten Moment erkannte er Anita nicht mit ihrem kurzen schwarzen Haar. Dann sprang er auf.
    »Annie?«
    »Ja, ich bin's«, sagte sie leise. »Miss Warshawski hat mich gefunden, wie von dir gewünscht. Sie hat Yardley Masters angeschossen und Earl Smeissens bezahltem Killer den Arm gebrochen. Sie sind jetzt alle drei im Gefängnis. Wir können ganz offen reden.«
    »Ist das wahr?«, fragte er mich. »Sie haben Bronsky kampfunfähig gemacht und Masters angeschossen?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber damit sind Sie Ihre Schwierigkeiten keineswegs los. Sobald Masters sich ein bisschen erholt hat, wird er auspacken.«
    Unsicher sah er von mir zu Anita. »Wie viel weißt du über die Sache?«, fragte er sie schließlich.
    »Eine ganze Menge«, erklärte Anita. Ihr Ton war nicht ablehnend, aber sehr kühl, die Tonart, die man einem Menschen gegenüber anschlägt, den man nicht besonders gut kennt und auf dessen nähere Bekanntschaft man vielleicht auch keinen Wert legt. »Ich weiß, dass du die Gewerkschaft dazu benutzt hast, Gelder für unrechtmäßige Schadenersatzforderungen zu kassieren. Ich weiß, dass Peter den Betrug entdeckt und sich deswegen an Yardley Masters gewandt hat. Und dass du Masters am Telefon einen Killer empfohlen hast.«
    »Versteh doch, Annie«, sagte er in beschwörendem Ton, der sich völlig von dem wütenden Gepolter unterschied, das ich an ihm kannte. »Du musst mir glauben, dass ich bei Yardleys Anruf keine Ahnung davon hatte, dass es um Peter ging.«
    Von dort, wo sie stand, sah sie auf den hemdsärmeligen Mann hinab. Ich trat ein wenig zur Seite. »Siehst du denn nicht ein, dass das keine Rolle spielt?«, sagte sie mit leicht schwankender Stimme. »Es spielt keine Rolle, ob du wusstest, um wen es ging. Wichtig ist, dass du die Gewerkschaft für deine Betrügereien missbraucht hast und dass du gleich einen Killer zur Hand hattest, als Masters einen brauchte. Mir ist klar, dass du es nicht fertig gebracht hättest, Peter kaltblütig ermorden zu lassen. Aber dass es überhaupt so weit kommen konnte, lag eben daran, dass du wusstest, wo man Leute für solche Zwecke herbekam.«
    Er schwieg und dachte nach. »Ja, ich verstehe dich«, meinte er schließlich in dem gleichen sanften Ton wie zuvor. »Glaubst du wirklich, mir ist das während der vergangenen zehn Tage nicht klar geworden, als ich hier herumsaß und befürchten musste, auch dich nicht mehr lebend wieder zu sehen - durch meine Schuld?« Sie blieb stumm. »Versteh mich doch, Annie. Du und die Gewerkschaft - das war in den letzten zwanzig Jahren mein Lebensinhalt. Zehn Tage lang musste ich damit rechnen, dass ich beides verloren hatte. Nun bist du wieder da. Auf die Gewerkschaft werde ich sowieso verzichten müssen; soll ich jetzt auch ohne dich leben?«
    Auf dem Bildschirm im Hintergrund richtete eine blödsinnig grinsende Frau einen Appell
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