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Schachfigur im Zeitspiel

Schachfigur im Zeitspiel

Titel: Schachfigur im Zeitspiel
Autoren: Philip K. Dick
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Parsons, wobei er die Linie nachzog, die über den Bauch des Mädchens verlief. Er hatte sie mit luftdicht abschließendem Plastikgewebe bedeckt. »Sie sieht schlimm aus, geht aber lediglich durch das Fettgewebe, die Bauchhöhle ist nicht verletzt.« Er zeigte Stenog die verletzte Luftröhre. »Das hier ist am schlimmsten.«
    »Ich glaube, ich sehe den Haus-Euthanisten«, sagte Stenog mit liebenswürdiger Stimme. »Ja, irgend jemand muß ihn benachrichtigt haben. Wollen Sie, daß er Ihnen assistiert?«
    »Nein«, sagte Parsons.
    »Es ist Ihre Entscheidung«, meinte Stenog. »Ich mische mich nicht ein.« Er starrte Parsons neugierig an.
    Er spricht meine Sprache, dachte Parsons. Aber darüber konnte er sich jetzt keine Gedanken machen. Wenigstens hatte er die Farbe seiner Haut verändert. Meine Augen, fiel ihm plötzlich ein. Wie hatte Wade gesagt: nicht pigmentiert.
    Ich muß das Leben dieses Mädchens retten, entschied er. Das kommt an erster Stelle.
    Während ihm der Beamte über die Schulter hinweg zusah, fuhr er mit seinen Bemühungen fort, das Mädchen zu heilen.
    »Leider habe ich Ihren Namen nicht verstanden«, sagte Stenog unaufdringlich.
    »Parsons«, antwortete er.
    »Das ist ein seltsamer Name«, sagte Stenog. »Was bedeutet er?«
    »Nichts«, sagte Parsons.
    »Oh?« murmelte Stenog. Daraufhin war er eine Zeitlang still, und Parsons arbeitete weiter. »Interessant«, sagte er schließlich.
    Eine zweite Person erschien neben Stenog. Parsons, der sich einen Augenblick Zeit nahm aufzublicken, sah einen sorgfältig gepflegten, gutaussehenden Mann, der etwas unter den Arm geklemmt trug – eine Art Werkzeugtasche. Der Euthanist.
    »Schon vorbei«, sagte Parsons. »Ich habe mich um sie gekümmert.«
    »Ich komme ein wenig zu spät«, gab der Euthanist zu. »Ich war außerhalb des Gebäudes.« Seine Blicke schweiften umher, als er den Anblick des Mädchens in sich aufnahm. »Ist die Sache hier passiert? Im Hotel?«
    Stenog sagte: »Nein, Parsons hat sie von der Straße hereingebracht.«
    Zu Parsons sagte er mit seiner glatten Stimme: »Ein Fahrzeugunfall? Oder ein Überfall? Sie haben es bisher versäumt, etwas darüber zu sagen.«
    Parsons antwortete einfach nicht, sondern konzentrierte sich auf den letzten Teil seiner Aufgabe.
    Das Mädchen würde am Leben bleiben. Eine halbe Minute später, und das Leben wäre aus ihrer Kehle und Brust herausgeströmt gewesen, und dann hätte sie nichts und niemand mehr retten können. Sein Können und sein Wissen hatten ihr Leben gerettet, und diese beiden Männer – offensichtlich angesehene Persönlichkeiten in dieser Gesellschaft – waren Zeugen dafür.
    »Ich kann Ihre Arbeit nicht begreifen«, gestand der Euthanist. »Ich habe noch nie etwas Ähnliches gesehen. Wer sind Sie? Woher kommen Sie? Wie und wo haben Sie solche Techniken gelernt?« Zu Stenog sagte er: »Ich bin vollkommen verblüfft. Ich kenne nicht ein einziges Stück seines Instrumentariums.«
    »Vielleicht wird Parsons uns die Antworten geben«, sagte Stenog sanft. »Aber natürlich ist dies kaum der richtige Zeitpunkt dafür. Ein wenig später, zweifellos.«
    »Spielt es eine Rolle«, sagte Parsons, »woher ich komme oder wer ich bin?«
    Stenog sagte: »Ich bin darüber informiert worden, daß es ein paar Straßen weiter eine Polizeiaktion gegeben hat. Das Mädchen könnte möglicherweise aus diesem Gebiet kommen. Sie waren zufällig in der Nähe, haben sie verletzt auf der Straße liegen sehen, haben sie mitgenommen …«
    Seine Stimme verlor sich fragend, doch Parsons sagte nichts.
    Icara erlangte das Bewußtsein wieder. Sie stieß einen schwachen Laut aus und bewegte die Arme.
    Ein Moment benommener Stille folgte. »Was hat das zu bedeuten?« fragte der Euthanist.
    »Ich hab’s geschafft«, sagte Parsons gereizt. »Bringen Sie sie lieber in ein Bett. Sie hat Verletzungen davongetragen, die über einen Zeitraum von Wochen werden heilen müssen.« Was erwarten die denn? Ein Wunder? »Aber es besteht keine Gefahr mehr.«
    »Keine Gefahr mehr?« wiederholte Stenog.
    »Das ist richtig«, sagte Parsons. Was war nur mit diesen Burschen los? »Sie wird gesund werden. Verstehen Sie?«
    Mit langsamer, vorsichtiger Stimme fragte Stenog: »In welchem Sinne sind Sie dann überhaupt erfolgreich gewesen?«
    Parsons starrte ihn an, und Stenog starrte mit einem leicht verächtlichen Ausdruck zurück.
    Als der Euthanist das Mädchen untersuchte, begann er zu zittern. »Jetzt verstehe ich«, preßte er mit erstickter
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