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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart
Autoren: Lili Wilkinson
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Die Wände bebten, eine blau-weiße Porzellanvase fiel vom Kaminsims und zerschellte am Boden.
    Arthur Cheshire zog seine Augenbrauen hoch, drehte sich um und verließ das Zimmer. Hannah hörte das Knarren der Stufen, als er die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinaufstieg.
    Sie ging zum Kamin, um die Scherben aufzuheben. Da entdeckte sie auf dem Boden Thomas’ Taschentuch. Sie bückte sich und hob es auf. Zerstreut dachte sie, sie könnte es ihm in der nächste Stunde zurückgeben. Dann erinnerte sie sich, dass er nicht wiederkam. Ihre Finger schlossen sich um das Taschentuch und sie begann zu weinen.

    »Wie heißen das gnädige Frollein denn?«, fragte die Frau. Hannah schluckte. »Hannah Cheshire.«
    »Hannah Cheshire«, spottete die Frau. »Also, Hannah Cheshire, ich bin Long Meg.«
    Hannah streckte die Hand aus. »Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Meg.«
    Long Meg starrte die ausgestreckte Hand an und prustete los. »Hui, ist die vornehm, Black Jack! Hast du das gehört?
Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Meg
. Hast du so was schon mal gehört?«
    Black Jack schüttelte den Kopf.
    Hannah sah Long Meg erwartungsvoll an. Diese starrte zurück und fragte schroff: »Gibt’s noch was, Hannah Cheshire?«
    Hannah nickte. »Ich … ich habe Ihnen meinen Mantel gegeben. Könnte ich jetzt etwas Brot bekommen?«
    Long Meg schlug sich auf die Stirn. »Also, ich bin so was von vergesslich!« Sie wühlte in ihrem Rock und zog ein Stück Brot heraus. Hannah riss es ihr aus der Hand.
    »Aber pass auf, sonst kotzt du wieder deine Schuhe voll wie letzte Nacht«, sagte Long Meg.
    Sie beobachtete, wie Hannah das Brot hinunterschlang. »Wieso sitzt du eigentlich?«
    Hannah sah sie ausdruckslos an und kaute weiter.
    »Was hast du ausgefressen? Weshalb bist du hier? Hast du was geklaut? Diese schicken Klamotten vielleicht?«
    Hannah verzog entrüstet das Gesicht. »Natürlich nicht. Ich sollte gar nicht hier sein. Es ist nur ein Versehen. Ich habe nichts getan.«
    Long Meg lachte wieder ihr röhrendes Lachen. »Na klar hast du nichts getan. Keiner von uns hat was getan, oder Leute?« Sie breitete ihre Arme aus. Ein paar Insassen stimmten ihr mit einem Nicken oder einem Winken zu.
    Sie wandte sich wieder an Hannah. »Wir sind alle unschuldig, Schätzchen. Alle.«
    Hannah wurde heiß vor Zorn. Ihr lag schon eine bissige Antwort auf der Zunge, aber dann schwieg sie doch. Wozu auch? Sie wollte ihre Kraft lieber aufsparen, um dem Wärter alles zu erklären. Sie schluckte die letzten Brotkrumen hinunter.
    »Und was haben Sie gemacht? Warum sind Sie hier?«
    Long Meg erhob sich stolz und verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken, als wollte sie ein Gedicht vortragen. »Ein taubengraues Coventrykleid, ein weißes Baumwollkleid mit grünblauen Streifen, ein Seidenkleid aus Norwichcrêpe, ein rosa Steppunterrock, sieben Yard von schwarz glänzendem Wolltuch, ein Mieder, ein schwarzer Satinmantel, ein roter Dufflecoat, eine feine Schürze aus weißem Batist, ein schokobraunes Seidentuch, ein rotschwarz gemustertes Seidentuch, ein schwarzes Seidentuch, ein Damenhut aus Seide, drei weiße Leinenschürzen, zwei karierte Leinenschürzen, ein Paar Lederschuhe und ein Paar geflochtene Schuhschnallen.« Sie setzte sich wieder.
    »Wie haben Sie das alles gestohlen?« Hannah war beeindruckt.
    Long Meg grinste nur und griff nach der braunen Glasflasche.

»Guten Abend«, sagte der Bär durch das Fenster. »Gleichfalls«, erwiderte der Mann. »Gebt mir Eure Tochter zur Frau«, sagte der Bär, »dann sollt Ihr so reich sein wie Ihr jetzt arm seid.« »Nun …«, begann der Mann. »Nein«, sagte Scatterheart.
    Als Hannah am nächsten Morgen aufwachte, stellte sie fest, dass sie sich an den Gestank fast schon gewöhnt hatte. Aber es gab ein neues Problem. In der Zelle war kein Wasserklosett, nur ein übervoller Kübel in einer Ecke. Hannah errötete bei der Vorstellung, unter den Augen so vieler Menschen ihre Notdurft zu verrichten. Aber ihre Blase drückte fürchterlich. Sie versuchte, nicht daran zu denken. Lang würde sie sowieso nicht hierbleiben.
    Als der Wärter endlich die karge Brot- und Wasserration brachte, stand Hannah an der Tür bereit.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte sie, während die anderen Insassen sich um die paar Brocken Brot schlugen.
    Aber der Wärter beachtete sie nicht.
    »Ich bin irrtümlich festgenommen worden. Ich habe gar nichts gestohlen …«
    Der Wärter verließ die Zelle und warf die Tür
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