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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wieder seinen Verschluß klicken lassen.«
    Sie bahnten sich durch das immer dichter werdende Gedränge einen Weg zu den Wagen. Die beiden Herzoginnen stiegen ein, und der Herzog folgte, als eine Kugel durchs Fenster platzte, Denvers Kopf um Zentimeter verfehlte und von der Windschutzscheibe mitten in die Menge zurücksprang.
    Ein erregter Aufschrei. Ein großer, bärtiger Mann rang einen kurzen Augenblick mit drei Konstablern; es folgte eine Serie ungezielter Schüsse, ein mächtiger Satz – die Menge teilte sich, dann setzte sie nach wie die Meute dem Fuchs, an den Parlamentsgebäuden vorbei in Richtung Westminster Bridge.
    »Er hat eine Frau erschossen – da unter dem Bus ist er – nein, doch nicht – heda! Mörder! – Haltet ihn!« Rufe gellten – Polizeipfeifen schrillten – aus allen Ecken kamen Konstabler angerannt – tauchten in Taxis – liefen.
    Der Fahrer eines Taxis, das gerade über die Brücke kam, sah plötzlich das wilde Gesicht genau vor seiner Motorhaube und trat hart auf die Bremse, als der Verrückte zum letztenmal den Finger um den Abzug krümmte. Schuß und Reifen explodierten fast gleichzeitig; das Taxi schleuderte hilflos nach rechts, riß den Flüchtigen mit sich und raste mit furchtbarem Krach gegen einen Straßenbahnwagen, der leer an der Endstation Embankment stand.
    »Ich kann nichts dafür!« schrie der Taxifahrer. »Er hat auf mich geschossen. Mein Gott, ich kann nichts dafür!«
    Lord Peter und Parker trafen keuchend beide gleichzeitig ein.
    »Heda, Konstabler«, japste Seine Lordschaft, »ich kenne den Mann. Er hat etwas gegen meinen Bruder. Hat irgendwas mit Wilderei zu tun – oben in Yorkshire. Sagen Sie dem Untersuchungsrichter, er soll sich um nähere Informationen an mich wenden.«
    »Sehr wohl, Mylord.«
    »Fotografieren Sie das doch nicht!« sagte Lord Peter zu dem Mann mit der Kamera, den er plötzlich neben sich stehen sah.
    Der Fotograf schüttelte den Kopf.
    »Das sehen die Leute nicht gern, Mylord. Nur den Unfallort und den Krankenwagen. Schöne interessante Bildchen, verstehen Sie? Nichts Grausiges –« er deutete erklärend mit dem Kopf auf die großen dunklen Flecken auf der Straße – »das macht sich nicht bezahlt.«
    Von irgendwoher aus dem Nichts erschien ein rothaariger Reporter mit einem Notizbuch.
    »Kommen Sie her«, sagte Seine Lordschaft, »wollen Sie die Geschichte hören? Ich erzähle sie Ihnen sofort.«
    Die Angelegenheit mit Mrs. Grimethorpe löste sich schließlich ohne die allermindesten Schwierigkeiten. Wohl selten hat eine herzogliche Eskapade mit weniger Peinlichkeit ihr Ende gefunden. Seine Gnaden, ganz Gentleman, hatte sich bereits tapfer für eine traurig-rührselige Aussprache gewappnet. Bei allen Dummheiten, die er im Leben begangen hatte, war er noch nie einfach davongelaufen oder einem Tränenstrom mit diesem aufreizenden »Also, ich sollte jetzt wohl gehen« begegnet, das schon so oft zu Verzweiflung, mitunter zu kaltblütigem Mord geführt hat. Diesmal aber fiel die ganze Szene überhaupt ins Wasser. Die Dame war nicht interessiert.
    »Ich bin jetzt frei«, sagte sie. »Ich werde zu meinen Angehörigen nach Cornwall zurückgehen. Ich brauche nichts, jetzt, nachdem er tot ist.« Des Herzogs pflichtschuldige Liebkosung war ein höchst uninteressanter Fehlschlag.
    Lord Peter begleitete sie zu einem ordentlichen kleinen Hotel in Bloomsbury. Sie genoß die Taxifahrt, die großen, prunkvollen Läden, die Lichtreklamen. Am Piccadilly Circus hielten sie an, um den Bonzo-Hund seinen Glimmstengel paffen und das Nestle-Baby sein Milchfläschchen nuckeln zu sehen. Sie war sehr erstaunt, daß die Preise für die Waren im Schaufenster von Swan & Edgar eher vernünftiger waren als derzeit in Stapley.
    »Einen von diesen blauen Schals hätte ich gern«, sagte sie, »aber ich glaube, für mich als Witwe wäre er nicht ganz passend.«
    »Sie können ihn sich ja jetzt kaufen und später tragen«, riet Seine Lordschaft. »In Cornwall, verstehen Sie?«
    »Ja.« Sie sah an ihren groben braunen Sachen hinunter. »Ob ich meine Trauerkleidung hier kaufen kann? Ich brauche ja welche für die Beerdigung. Nur ein Kleid und einen Hut – und vielleicht einen Mantel.«
    »Ich fände die Idee ganz gut.«
    »Jetzt gleich?«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe Geld«, sagte sie. »Ich hab's aus seinem Schreibtisch genommen. Jetzt gehört es ja wohl mir. Nicht daß ich ihm irgendwie etwas verdanken möchte. Aber so sehe ich es gar nicht an.«
    »An Ihrer Stelle würde
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