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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman
Autoren: Gordian Robert
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erregenden Gebiss seines Sohnes, des Bräutigams, den die Braut, wie wir hörten, noch nicht kannte, und in dieser Gegend müssen die Jungfrauen ihrer Verheiratung zustimmmen). Trotz allem blieben wir auf der Hut. Unsere Leute hielten die Waffen bereit, und als der Zug sich formierte und Herr Rocco sich an die Spitze setzte, wusste Odo sie so geschickt einzureihen, dass sie den Dicken notfalls rasch überwältigen und von den Seinen trennen konnten. Solche Maßnahmen trifft mein Amtsgefährte, der sich lange in Grenzkriegen herumgeschlagen und jede Art von Treulosigkeit erfahren hatte, schon fast aus Gewohnheit.
    Auf einem nur leicht abschüssigen, steinigen, aber ausreichend breiten Pfad bewegten wir uns talwärts. Odo ritt an Roccos Seite und bald waren die beiden in ein Gespräch vertieft. Ich hielt meinen Grisel hart hinter ihnen und spitzte die Ohren, denn was da geredet wurde, verdiente meine besondere Aufmerksamkeit. Herr Rocco argwöhnte anscheinend selbst, er könne uns nicht Vertrauen erweckend erscheinen. Seine Ausfälle gegen Drogdulf und der Eifer, mit dem er uns beschworen hatte, den Fund in der Felsspalte zu verschweigen, waren ja in der Tat befremdlich. Er legte nun Wert darauf, seine aufrechte Gesinnung und feste Treue gegenüber seinem Nachbarn und dessen Familie zu bekunden. Außerdem hielt er es für nötig, gewisse Besorgnisse zu äußern und auf „bedenkliche Vorgänge“, wie er sie nannte, hinzuweisen, damit sich der Vetter des Herrn Ebrachar bei seiner Ankunft auf dessen Herrenhof nicht zu sehr wunderte.
    Da er gewohnheitsmäßig mit lauter Stimme sprach und selbst Vertrauliches noch heraustrompetete, hatte ich trotz des Stimmengewirrs und des Getrappels der Tiere hinter mir wenig Mühe, der Unterredung zu folgen.
    „Glaubt mir, Herr Odo, ich bin besorgt“, sagte Herr Rocco. „Vor einem Jahr noch war Euer Vetter ein Turm, jetzt aber verfällt er wie ein altes, morsches Gemäuer. Noch ein Geschoss, noch ein Windstoß – und er ist hin. Dabei hat er ja keine fünf Dezennien, er ist nur wenig älter als ich. Dieselbe Amme hat uns gesäugt, eine gewisse Gislinde, ein wahres Prachtexemplar von Amme. Mein Vater kaufte sie dem Vater des Ebrachar, Euerm Onkel, ab, weil ich als Säugling so schwächlich war. Aber wir haben nicht nur aus denselben Brüsten getrunken, sondern auch aus denselben Fässern. Wie oft war ich bei ihm zu Gast! Und wenn Herr Ebrachar ein Fest gab – wahrhaftig, da krachten die Tische, da platzten die Gürtel. So war es, nun aber ist Schluss damit. Ein Teufel hat plötzlich den Schwanz gehoben und – ffft! Alles aus. Keine Feste, kein Braten, kein Wein. Stattdessen frommer Trübsinn, Gebete und Fasten.“
    „Ein eigenartiger Widerspruch, Freund“, bemerkte Odo. „Der Teufel soll meinen Vetter vom fröhlichen Leben in die Kirche geschleppt haben?“
    „So ist es. Es kann niemand anders sein als er selbst, in Person. Deshalb nennen wir ihn auch den Pater Diabolus.“
    „Ein Ordenspriester?“
    „Vom Kloster drüben. In Wirklichkeit heißt er Fabiolus. Diabolus passt aber besser zu ihm.“
    „Das muss ein gewitzter Pfaffe sein, der sich einen solchen Namen verdient.“
    „Ja, lacht nur! Weinen werdet Ihr, wenn Ihr das Elend seht.“
    „Wie denn? Mein Vetter ist im Elend?“
    „Noch nicht. Aber weit davon ist er nicht mehr. Dieser Diabolus streicht wie ein Geier um ihn herum. Und hackt ihm das lebendige Fleisch von den Knochen. Knauserig ist Ebrachar nur gegen seine alten Freunde geworden, nicht gegen die Mönche. Keinen Tag lässt Gott werden, an dem sie nicht etwas mitgehen lassen. Alles nehmen sie, können alles brauchen. Ein Leuchter? Ein Becher? Ein Ring? Nur her damit! Teppiche, Pelze, Wandbehänge? Haben wir nötig! Schinken, Würste, Bier und Wein fassweise? Stärkt uns für unsere frommen Übungen! Von Hühnern, Gänsen und Ziegen zu schweigen. Auch Pferde bringen sie fort … wozu brauchen die heiligen Brüder Pferde? Kürzlich haben sie ihm sogar seinen goldenen Nachttopf weggenommen, ein Kunstwerk, stammt aus Byzanz. Angeblich, weil es Sünde ist, auf Gold zu pissen. Und wer tut es jetzt? Der Diabolus!. Oder sein Abt, der Herr Agilhelmus.“
    „Ihr ereifert Euch so“, sagte Odo spöttisch, „als würde man Euch selbst bestehlen.“
    „Und tut man es denn nicht?“, rief Herr Rocco, während er sich, rot im Gesicht, im Sattel umdrehte und einen Blick zurück auf den Zug warf. „Ist das alles nur für die Braut, die Ingunde, was ich dorthin schaffe?
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