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Savoir-vivre mit Hindernissen

Savoir-vivre mit Hindernissen

Titel: Savoir-vivre mit Hindernissen
Autoren: Frieda Lamberti
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Partner an. Unter der direkten Durchwahl von Julia läuft die Mailbox. Aha! Aber ich will auf Nummer sicher gehen und wähle auch noch die Nummer der Zentrale.
   »Ist Frau Stöver heute im Haus?«
   »Ja, Frau Talbach. Ist sie. Soll ich verbinden?« Nicht nötig, will ich antworten, entscheide mich dann aber doch anders und sage »Ja, bitte.« Erst wenn ich ihre Stimme höre, werde ich sicher sein können, dass ich nun völlig meschugge bin.
   »Tut mir leid. Sie spricht. Wünschen Sie ihren Rückruf?«
   »Nein, danke. Es hat sich schon erledigt. Schönen Tag noch.« Also doch. Mein Hirn arbeitet noch einwandfrei.

Ich stelle meinen PC an, um Jon zu antworten. Oh. Martin ist online. Es juckt mir in den Fingern und ich schreibe Was hat deine Julia hier verloren? Soll sie mich etwa für dich ausspionieren? Aber ich überlege es mir und verwerfe die Nachricht. Anders als bei Jon.

Hey du,
danke für deine Zeilen. Und ja, ich würde sehr gern dein Buch lesen. Freue mich auf eine amüsante Geschichte. Liebe Grüße Lotte

In zwei Wochen habe ich schon wieder Geburtstag. So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass sich dieser Tag inzwischen alle sechs Monate jährt. Warum vergeht die Zeit nur immer schneller, je älter man wird? Der Postbote klingelt und weckt mich aus meinen trüben Gedanken. Er bringt ein Paket und ich quittiere den Empfang. Schwer ist die Sendung! Was mag das sein? Wenige Augenblicke später ziehe ich die knallrote Hängematte aus dem Papier. Ich heule schon wieder Krokodilstränen, denn diese robuste Handwerkskunst ist eine kostspielige Sonderanfertigung, die ich vor Wochen extra für Martin als Übergröße in Auftrag gegeben habe. Ich hänge sie wie geplant zwischen die beiden großen Korkeichen in die Mitte des Grundstücks. Bei der Vorstellung, dass er sich mit einem Schwung hineinwirft, breit lächelt und mir zuruft »Service bitte«, kullern mir schon wieder Tränen über das Gesicht. Das muss aufhören! Und zwar schnell.

Ob Julian mit den Kindern zu meinem Geburtstag kommen wird, halte ich für fraglich. Schließlich haben die Jungen Schule und nur für ein Wochenende wird er sich und den Jungen die Strapazen der langen Anreise nicht zumuten.
   »Tut mir leid, Mum. Wir feiern in den Ferien nach. Ist doch auch kein runder Geburtstag.«
Na, Gott sei Dank noch nicht! Wie wird mein Leben wohl in einigen Jahren aussehen, wenn ich sechzig bin? Ich werde Marmelade kochen und sie an die Hotelgäste verschenken. Je ein Glas zur Begrüßung und eins zum Abschied. So habe ich wenigstens Kontakt zur Außenwelt. Meine Hamburger Freunde scheren sich einen Dreck um mich. Ihre Antworten auf meine Mails waren erst kurz, dann kürzer und auf meine Frage, ob jemand Lust hat, mich zu besuchen, erhalte ich gar keine Reaktion mehr. Vermutlich haben sich die Solution Partner Männer auf Martins Seite gestellt. Anja ist die Einzige, die ab und zu mit mir telefoniert. Sie nennt mich ständig Mimose und bringt kein Verständnis für meine Entscheidung auf. Sie findet, es sei doch völlig egal, wem das Haus gehört.
   »Darum geht es doch gar nicht mehr. Er hat dreist seine Macht ausgespielt. Aber ich lasse mich nicht gängeln. Und von Martin schon gar nicht!«
   »Dann bleib allein und heule dir weiterhin die Augen aus. Viel Spaß dabei!« Maria hat meine Einladung auch abgelehnt. Sie ist mit den Vorbereitungen für Sergios Hochzeit beschäftigt.
   »Carlotta suche dir wieder eine Aufgabe. Du weißt doch, wer rastet, der rostet.«

Noch vor dem Mittagsessen rufe ich bei Linde an. Ob ich wohl noch willkommen bin, nachdem ich die Beziehung zu ihrem Sohn beendet habe?
   »Das hat doch nichts mit uns zu tun. Obwohl ich es wirklich schade finde. Sag mal, Lotte, bist du betrunken? Es ist gerademal halb zwölf Uhr mittags.«
   »Nur ein bisschen.« Kurze Pause am anderen Ende.
   »Natürlich feiere ich deinen Geburtstag mit dir. Ich werde dich besuchen. Dann kannst du mir den Grund für eure Trennung gleich einmal zeigen. Ich bin gespannt auf das Haus.«
   »Bring was zu rauchen mit! Ich hab lange nicht gelacht.«

Ich liege in der Hängematte und lese in der Abendsonne Jons Geschichte auf meinem ebook Reader. Was hat der Mann bloß für ein verkorkstes Frauenbild? Selma, der Typ Jugendstil ist derartig devot, dass sie mich regelrecht wütend macht. Carol, der Typ Renaissance ist die Naivität in Person und Vicky der Typ Rokoko nimmt die Rolle des dummgeilen
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