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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest
Autoren: Steffi Wolff
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weiter. »Gleich beginnt die Zeremonie. Reiß dich jetzt zusammen.«
    Ich rülpse laut, weil ich weiß, dass Isolde das peinlich ist, und ich bin wirklich sehr froh, wieder ganz die Alte zu sein. Nicht auszudenken, dass ich mich plötzlich komplett verändere. Nein, nein. Noch einen Sekt, los!
    »Alles okay?« Annkathrin steht neben mir und ist ganz aufgeregt. »Gleich bin ich nicht mehr Annkathrin Rabenitz, sondern Annkathrin Otter«, sagt sie glücklich. »Und du bist meine Trauzeugin. Ich freue mich so.« Erwartungsvoll schaut sie mich an. Und sooo glücklich.
    »Ja, ja, freu du dich nur«, sage ich und setze mein Glas an. »
Frau Otter
. Wieso behältst du nicht deinen Namen? Der’s doch viel schöner.« Sekt, Sekt, Sekt.
    »Na, weil ich mich voll und ganz zu Bernie bekennen will«, strahlt Annkathrin, beseelt und benebelt von der Tatsache, nun schon bald die Frau des dummen Bernie zu sein.
    »Willst du dann nicht auch besser deinen Vornamen ändern? Dass der auch zum Nachnamen passt? Vielleicht in Hildegard oder Gudrun? Hihihi.« Sekt. »Hildegard Otter hört sich doch gut an. Ich schenk dir dann noch so einen karierten Hauskittel, damit du dein gutes Sonntagskleid nicht dreckig machst. Und so Gesundheitsschuhe
kriegst du auch von mir. Damit du in Saarbrücken im neuen Haus gut die Treppen steigen kannst.«
    »In welchem Haus in Saarbrücken?«
    Bernie kommt und stellt sich neben sie. Er schaut mich böse an. »Isch han dir das im Verdraue gesaat«, zischt er mir zu. »Das solld doch e Iwwaraschung sinn.«
    »Mir doch egal«, sage ich genervt. »Dein Bernie hat nämlich ein doofes Haus in Saarbrücken in Arbeit. Da werdet ihr dann hinziehen.« Sekt.
    »Helene!« Isolde.
    »Isolllde!« Ich.
    »Willst du deiner Freundin die Hochzeit verderben? Ihren schönsten Tag im Leben?«
    »Ismiregal.« Es ist mir wirklich egal. Hauptsache, niemand sagt mehr zu mir, dass ich ein guter Mensch bin. Wo ist überhaupt der Pfarrer? Der liegt ja gar nicht mehr auf der Wiese. Ach, da hinten. Er scheint ausgeschlafen zu haben und darauf zu warten, dass es nun endlich losgeht.
    »Was ist bloß mit dir los?«, fragt Annkathrin mich traurig. »Bernie wollte mich doch überraschen.«
    »Nix ist los«, sage ich. »Gar nix.«
    »Das hat e Nooschpiel«, informiert mich Bernie böse, aber auch das interessiert mich nicht.
    Endlich geht diese blöde Zeremonie los, und irgendwie ist die Stimmung ziemlich gedrückt, ich bekomme Schluckauf und störe den Ablauf durch mein permanentes Hicksen. Als der Pfarrer, der offenbar gerade einen Rheumaschub hat, sich jedenfalls kaum bewegen kann, fragt: »Willst du, Annkathrin Rabenitz, diesen Mann zu deinem Ehemann nehmen, in guten wie in … äh, äh, mein Text, ich habe meinen Text vergessen. Dabei hatte ich doch so lange geübt. Ach je, ach je … «, platze ich heraus, ich weiß nicht, warum: »Bernie, du bist das letzte Arschloch. Ich konnte dich noch nie ausstehen, hicks. Und ich glaub echt, dass das ein ganz großer Fehler von dir ist, Annkathrin, wenn du diesen Loooooooooser
jetzt heiratest. Der is doch so dumm wie ein Rind, hicks. Der Blödmann, hicks. Weiß gar nich, was du an … an dem Idioten findest.«
    Der Pfarrer sagt: »Das war so aber nicht geplant. Wo sind meine Unterlagen? War das abgesprochen? Wo sind die Verantwortlichen?«
    Was meint er denn damit? Keine Ahnung, hicks. Ich halte das Samtkissen mit den beiden Ringen hoch und lasse sie auf den Boden fallen. Sie rollen lustig davon. Dann wird mir schlecht, und ich übergebe mich auf Annkathrins Brautkleid.

4

     
    »Das ist mein letztes Wort. Ich will dich nicht mehr sehen. Geh weg. Fahr weg. Setz dich in dein verdammtes Taxi und verschwinde. DU ! BIST ! NICHT ! MEHR ! MEINE ! FREUNDIN !« Annkathrin steht aufgelöst in ihrem vollgekotzten Brautkleid vor mir und schluchzt. »Deine miese Laune reicht mir! Du reichst mir! Alles hab ich die ganzen Jahre über mitgemacht, dein permanentes Muffelgesicht. Deine blöden Sprüche. Verschwinde! Hau! Ab!«
    Mein Kopf dröhnt. Ich setze mich auf das Himmelbett, während Annkathrin wie die Ausgeburt des Teufels in meinem Zimmer herumspringt, meine herumliegenden Klamotten zusammenrafft und in die beiden Koffer stopft. »Du verlässt jetzt sofort dieses Hotel und diese Stadt!«, krakeelt sie.
    »Ich hab was getrunken«, sage ich müde.
    »Das ist mir scheißegal!«, brüllt Annkathrin weiter. »Aber so was von scheißegal. Verschwinde jetzt. SOFORT !« Jetzt fängt sie richtig an zu
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