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Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Autoren: Arne Blum
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Kleine nur böse angegrunzt und hatte ihr einen Stoß mit dem Rüssel versetzt, was sie noch nie getan hatte.
    Dann war sie über die Wiese zum Haus gelaufen, aber nicht zum Stall, sondern zur Vorderseite, vorbei an den beiden riesigen Fenstern, hinter denen Munk fast jeden Tag gemalt hatte.
    Früher hatte das Gatter manchmal offen gestanden, dann hatten sie alle über die Pflastersteine auf dem Hof laufen können. Einmal war Kim sogar auf dieser Seite ins Haus vorgedrungen, durch den Eingang, den die Menschen immer nahmen, bis hin zu Munks Atelier. Er hatte sie nicht bemerkt, und sie hatte sich absolut still verhalten, auch wenn der Geruch ihren Rüssel gepeinigt hatte. Was war das nur – grauenhaft! Da rochen selbst die Autos nicht so schlimm. Robert Munk malte Bilder, die vor allem groß waren – groß und bunt. Auf einem hatte sie Dörthe entdeckt – Kim hatte sie an den langen roten Haaren erkannt. Dörthe war nackt und lag auf einer Bank. Auf einem anderen Bild trug sie ein schwarzes Kleid und hockte zusammengekauert in einer Ecke, als hätte sie Schmerzen. Da hatte Dörthe überhaupt nicht wie sie selbst ausgesehen!
    Nun war das Gatter leider geschlossen. Klar, die Menschen wollten nicht, dass Kim und die anderen über den Hof liefen und vielleicht Dreck machten. Eine Menge Autos standen jetzt da, Menschen gingen geschäftig hin und her, manche waren weiß, andere nicht, und dann sah sie einen schwarzen Kastenwagen, in den ein langes Metallding geschoben wurde. Sie konnte selbst auf die Entfernung riechen, dass Munk da drinsteckte.
    Sie würde ihn niemals wiedersehen, und plötzlich überkam sie Trauer – Trauer und Wut, und dann fiel ihr ein, dass nun nur Haderer da war, wenn Dörthe nicht wiederkäme. Haderer würde sie umbringen – so viel stand fest. Da hatte Che ausnahmsweise einmal recht.
    Plötzlich schob sich Doktor Pik neben sie.
    »Er ist wieder da«, sagte er leise.
    »Wer ist wieder da?«, fragte Kim, als wüsste sie nicht, wen er meinte.
    Doktor Pik verzog seine Schnauze zu einem müden Lächeln. Man konnte sehen, dass seine Zähne ganz abgenutzt waren und ihm auch schon etliche fehlten.
    »Lunke«, sagte er. »Er beobachtet dich.«
    »Lunke?«, fragte sie, scheinbar ahnungslos.
    »Die anderen Schwarzen haben ihn Halunke genannt, weil man ihm nicht trauen kann. Er selbst nennt sich Lunke.«
    »Kein Witz?«, fragte Kim und drehte sich ganz zu Doktor Pik um.
    »Kein Witz«, erwiderte er völlig ruhig.
    »Vielleicht weiß er, was hier gestern Nacht passiert ist?«, fragte Kim.
    »Vielleicht«, sagte Doktor Pik und trabte davon.
    Auf dem Hof wurde der schwarze Kastenwagen angelassen und rollte langsam in Richtung Straße.
     
    Er wartete hinten am Zaun auf sie, da, wo man sofort ins Dickicht fliehen konnte und von dort in den Wald. Das heißt, er tat schwer beschäftigt und warf mit seinem mächtigen Rüssel Erde auf, als würde er etwas suchen – Käfer und Wurzeln, die er laut schmatzend zerbeißen konnte. Aus der Nähe betrachtet wirkte er noch größer, er hatte riesige Hufe, und an seiner linken Flanke hatte er eine Narbe, einen langen gelblichen Strich, der sich durch sein dichtes dunkles Fell zog. Und dann seine Eckzähne – solche Zähne hatte sie noch nie gesehen. Doktor Pik hatte ihr einmal erzählt, dass es Artgenossen gab, denen zwei lange, spitze Eckzähne aus dem Maul wuchsen, aber sie hatte es nicht geglaubt und als Übertreibung abgetan.
    Obwohl ihr die Beine ein wenig weich wurden, machte Kim es genau wie er und schlenderte scheinbar zufällig heran, den Boden absuchend. Dabei spähte sie jedoch verstohlen zu ihm hinüber.
    Er fixierte sie durch den Zaun mit seinen braunen Augen. Ihr Herz machte einen Satz, und fast wäre sie davongelaufen. Ja, man konnte Angst vor den wilden Schwarzen bekommen, sie waren so ganz anders, mächtiger, furchterregend, kein Wunder, dass ihnen alle aus dem Weg gingen.
    »Was haben wir denn da?«, sagte Lunke, als hätte er sie eben erst entdeckt. »Ein kleines rosiges Hausschwein.«
    Beinahe hätte sich Kim umgedreht und wäre wieder gegangen. Einen so dummen Spruch brauchte sie sich nicht anzuhören, allerdings …
    Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick. Bei Brunst und Che gelang es ihr manchmal, sie damit einzuschüchtern, aber Lunke zuckte mit keiner Borste.
    »Was seid ihr nur für ein komischer Haufen«, grunzte er. »Und ist euch nicht langweilig – den ganzen Tag eingesperrt auf diesem winzigen öden Flecken?«
    »Kann schon sein!«,
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