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Sascha - Das Ende der Unschuld

Sascha - Das Ende der Unschuld

Titel: Sascha - Das Ende der Unschuld
Autoren: Andy Claus
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schwul.“
    „Mensch, halt die Klappe, Alter ... was hat das denn damit zu tun?“
    „Ich meine ja nur ... ich verstehe das sowieso nicht. Du bist doch erst dreizehn.“
    „Ich bin nicht erst dreizehn, sondern schon. Die Typen stehen auf Frischfleisch.“
    „Das meine ich nicht. Wie kannst du jetzt schon wissen, ob du schwul bist. Hast du denn schon mal mit einem Mädchen – ich meine so richtig?“
    „Nein. Aber das muss ich auch nicht. Ich weiß es eben, das hat sich so ergeben. Bei Mädchen fehlt was, mit dem ich mich sehr gut auskenne, wenn du verstehst, was ich meine.“
    „Da fehlt nix, die haben was anderes. Ich interessiere mich sehr dafür. Und ich werde mich auch einmal damit auskennen. Ich wünschte, ich hätte schon ‘ne Freundin.“
    „Versuch’ nicht, mich umzudrehen. Für mich ist sicher, dass ich auf Männer stehe. Können wir jetzt von etwas anderem sprechen?“
    Sie hatten mittlerweile die Domplatte erreicht, Marc erzählte, dass dort einige seiner Freunde rumhingen. Es waren Punks und Junkies – Kids, die von Anfang an am Rande der Gesellschaft standen und sich damit arrangierten.
    Sascha fühlte sich in dem unkonventionellen Haufen von Anfang an wohl. Es sollte in Zukunft außer seiner Familie die einzige Anbindung sein, die er in Köln hatte, denn die Clique akzeptierte ihn. Das war ein zu kostbares Gefühl für Sascha, als dass er es freiwillig wieder aufgeben würde.
    Als er an diesem Abend nach Hause kam, hatte er einen Riesenkrach mit seinem Vater, der ihm den Diebstahl der neuen Kleidungsstücke unterstellte. Manfred nahm sich nicht die Zeit, Saschas Erklärung abzuwarten, er schlug sofort zu wie es in der letzten Zeit schon öfter vorgekommen war. Sascha war machtlos und auch Angelika konnte wie so oft nichts tun, sie weinte nur, was Manfred noch wütender machte.
    Manfred reagierte auf seine Weise auf die menschenunwürdige Enge, in der niemand dem anderen ausweichen konnte. Er gab den Druck, unter dem er stand und auch den Frust, weil er einfach keine Arbeit fand, an die Familie weiter.
    Wie auch nach dieser Aggression seines Vaters trieben die Umstände Sascha so oft wie möglich aus dem Container hinaus. Abends im Bett versank er in Wachträume, in denen er ein besseres Leben führte. Immer war er ein Held, der Schutzbefohlene aus der Gefahr rettete und dafür geliebt und geachtet wurde. Die Wirklichkeit jedoch sah auch weiterhin anders aus. Er bekam weder die Möglichkeit, sich bei irgendjemanden als Heros zu beweisen, noch brachte ihm jemand demonstrativ Liebe und Verehrung entgegen. Trotzdem traf er sich fast jeden Nachmittag mit Marc und der Clique auf der Domplatte. Bei ihnen glaubte er sich wenigstens gern gesehen. Er bekam natürlich mit, dass der eine oder andere von den Straßenkindern sich ansprechen ließ und anschließend für eine Weile verschwunden war. Er tauchte jedoch meist schon kurze Zeit später wieder auf und es gab Bier oder etwas zu essen. Marc sorgte dafür, dass Sascha nicht belästigt wurde. Trotzdem versuchte er immer wieder, ihn davon zu überzeugen, dass es gar nicht so schlimm sei, auf diese Weise für Kohle zu sorgen.
    Sascha allerdings wollte sich gar nicht so genau vorstellen, wie die Realität aussah. Er wollte auch nicht wissen, was Marc und die anderen mit den Männern anstellen mussten, um ihr Geld zu verdienen. Wenn er abends im Bett lag, malte er sich zwar aus, wie es sein könnte, wenn er das Geld hätte. Dabei blieb die Weise, wie er solche Einkünfte erzielen sollte, für ihn allerdings weiterhin unvorstellbar. Trotzdem tastete er sich dabei unbewusst und kaum merklich immer näher an das Strichertum heran.
    ✵
    Dann kam der Tag, an dem Manfred schon mittags sauer heim kam. Er brüllte herum, ohrfeigte Sascha, weil dieser nicht sofort aufstand und ihm eine Flasche Bier holte.
    Angelika, genauso mit ihren Nerven am Ende, schrie ebenfalls Sascha an, weil der beim Aufstehen versehentlich die Tischdecke mit sich riss, und dieser glaubte einen Augenblick, alles würde über ihm zusammenstürzen. Er rannte einfach hinaus zu seinem Baum, rutschte am Stamm hinunter und vergrub seinen Kopf in den Armen. Wie sollte er das weiter aushalten?
    Eigentlich hatte er für den Mathematiktest lernen wollen, der am nächsten Tag anstand. Aber diese Arbeit konnte ihm nichts nützen, es würde weitergehen wie bisher und er sah keinen Sinn darin. Er wollte nur weg, weg aus dem Container und weg von seinen Eltern.
    Und er brauchte Geld, schnell viel Geld,
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