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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
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Flüssigkeit. Es war nicht mehr als ein größerer Tropfen, und dennoch war das Mittel in der Lage, ihn vom Fluch zu erlösen. Für immer. »Bereit, Herr von Kastell, das Böse aus Ihrem Leib zu treiben?«
    Er öffnete den Mund und schloss die Augen.
    Die letzten Stunden waren wie in einem Albtraum an ihm vorbeigezogen, und er konnte nicht sagen, was man mit ihm gemacht hatte. Mal war es hell, mal dunkel um ihn gewesen, Motoren hatten gebrummt.
    Seine Gedanken kreisten nur um die Erlösung. Nie wieder jagen, nie wieder töten müssen. Dem Orden die Arbeit überlassen, die Menschheit vor den Wandelwesen zu bewahren. Nie wieder tote Kinder sehen …
    Er bekam etwas auf die Zunge, das wie Säure brannte.
    »Schlucken Sie es, Herr von Kastell. Wir beten für Sie.« Faustitia entfernte sich rasch von ihm, die Tür fiel ins Schloss und wurde verriegelt. Mehrfach.
    Langsam rutschte der zähe Tropfen nach hinten in seine Kehle und zog eine Spur aus Feuer hinter sich her. Eric wollte schreien, Speichel sammelte sich in seinem Mund, er schluckte – und erhielt einen Schlag, der seinen Körper in die Höhe schnellen ließ.
    Du Verräter!
    Die Bestie spürte es. Sie schrie auf und brach so schnell aus ihrem Gefängnis, dass Eric sie nicht mehr stoppen konnte.
    Ist das dein Dank für meinen Beistand? Du verrätst mich, deinen Bruder? Sieh mich an!
    »Nein!«
    SIEH MICH AN und sag mir ins Gesicht, dass du geheilt werden willst!
    Eric öffnete die Augen … und sah sie tatsächlich!
    Ich habe dich gewarnt, schrie sie in seinem Verstand. Wenn ich sterbe, nehme ich dich mit! Sie jaulte und wand sich. Es klang so echt, als stünde sie neben ihm.
    »Ich will geheilt werden«, sagte er mit fester Stimme.
    Du erbärmlicher Lügner! Sie stand in Flammen und sprang auf seine Liege, trampelte auf ihm herum und überschüttete ihn mit Flammen, die aus seinen Adern strömten und sich kochend über Eric ergossen. Was bist du denn ohne mich? Ein schwacher Mensch, den eine Erkältung umbringen kann!
    Er brannte ebenso lichterloh wie sie, schrie seine Schmerzen hinaus.
    Willst du mich dem Tod überlassen, Bruder?
    Plötzlich schienen die Flammen verschwunden zu sein. Alle Wut wich aus der Bestie. Sie sah Eric einfach nur an, kniete nieder und streckte ihm ihre ungeschützte Kehle entgegen. Ein Gefühl von Einsamkeit umschloss Eric wie Eis. Bilder strömten auf ihn ein, wie er sie nie zuvor gesehen hatte – er selbst als Kind, daneben eine kleine Bestie. Sein Vater, wie er das Scheusal behutsam auf den Arm nahm, während Eric vom Vater der Bestie gewiegt wurde. Er sah sich mit einem kleinen Jungen, von dem er wusste, dass es sein Sohn sein würde – ein Sohn, der glucksend vor Vergnügen mit einer kleinen Bestie balgte.
    Ich bin dein Bruder. Deine Familie. Ich bin der, der dich behüten wird, so wie dein Vater es getan hat.
    Eric spürte, wie er fiel, immer schneller und tiefer, und alles, was ihn aufhalten konnte, war die Krallenhand, die sich ihm flehend entgegenstreckte.
    Bleib bei mir, Bruder! Wir werden einen Weg finden. Du und ich können gemeinsam Frieden finden.
    »Ja!«, weinte er verzweifelt auf, auch wenn er in sich Widerstand gegen die Entscheidung spürte. »Ja, ich will endlich Frieden – und darum musst du sterben!«
    Ein lang gezogenes Heulen der Bestie riss an Erics Trommelfell. Er wollte schützend die Hände vor die Ohren reißen, doch die Fesseln hielten ihn zurück.
    Das Eis zersprang mit einem lauten Bersten, die Flammen fuhren mit neuer Wucht unter seine Haut und versuchten, jede seiner Poren zu zerreißen. Wer wird sterben? Die brennende Bestienhand schloss sich um seinen Hals. Du tötest mich, ich töte dich, knurrte sie schrill und drückte zu.
    Eric schwand die Luft, er ächzte.
    Spuck dieses Zeug aus! Entscheide dich anders und lass mich in dir bleiben, sonst wirst du … Sie krümmte sich zusammen, schlug die andere Hand gegen ihre widerliche Fratze, bis sie wie eine Maske zersprang. Darunter kam … sein eigenes Gesicht zum Vorschein. Nein!, brüllte sie. Du wirst sterben, Eric! Ihre Klaue stieß herab und durchbrach das Brustbein, wühlte in seiner Brust und bekam das Herz zu fassen. Sie drückte auch da zu.
    Stirb, Mensch!
    Das Jaulen hallte in Erics Ohren wider. Die Hitze in seinem Leib steigerte sich, er glaubte, dass die Liege unter ihm zerschmolz.
    Du bekommst deinen Lohn für den Verrat an …
    Die Bestie blähte sich auf, sie bekam Risse, aus denen Lichtstrahlen stießen und den Raum mit Helligkeit und
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