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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor
Autoren: Tom Cain
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die Tränen zurückzuhalten.
    »Wir können Ihnen nicht zeigen, wie es in diesem rauchenden Leichenhaus hinter mir aussieht«, sagte er, und ein starkes Mitgefühl färbte seinen irischen Akzent. »Der Anblick ist zu schrecklich. Da liegen die verkohlten und verstümmelten Leichen von vierhundert unschuldigen Frauen und Kindern. Überall riecht es nach verbranntem Fleisch.
    Während westliche Politiker den Blick von dieser unbedeutenden Ecke Westafrikas abwenden, hat sich der seit zehn Jahren andauernde Bürgerkrieg in einen Völkermord verwandelt. Die Rebellen, die diesen brutalen Feldzug inszenieren, sind besser ausgebildet und ausgerüstet als je zuvor. Die Anführer beweisen ein Maß an Organisation und strategischer Planung, das man bisher von ihnen nicht kannte. Irgendwie und irgendwoher haben diese gnadenlosen Mörder neue Mittel und neue Sachkenntnis erlangt. Und während die wenigen Überlebenden des Dorfs ihre Angehörigen unter den Toten suchen, stellt sich eine Frage: Wer sind die Unterstützer der Rebellen? Denn wer immer sie sind und aus welchen Gründen sie das tun, sie haben das Blut eines ganzen Volks an den Händen.«

    »Scheiße, der Junge ist ein verwichster Komiker!«
    Waylon McCabe schlug sich auf den Oberschenkel und sah die anderen drei Männer in dem Raum an. Die meiste Zeit blickten seine harten, heimtückischen Augen aus Schlitzen zwischen den Runzeln seiner ledrigen Haut hervor, die sich permanent gegen die unbarmherzige Sonne seiner Heimat Texas zusammenzuknittern schien. Jetzt, wo er mit seinen Leuten ein bisschen entspannte, machte er die Augen etwas weiter auf.
    »Mann, der heult bestimmt gleich los, nur um zu zeigen, wie betroffen er ist. Dabei möchte ich wetten, dass ihm der Haufen toter Nigger genauso am Arsch vorbeigeht wie mir. Der denkt doch nur an sich, an die Preise, die er einheimsen kann, weil er so ein Menschenfreund ist – he, der könnte fast mehr Geld aus diesem Krieg rausschlagen als ich.«
    »Also, das bezweifle ich aber, Boss«, sagte einer der anderen und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Molson Canadian.
    »Na, ich weiß nicht, Clete«, widersprach McCabe grinsend. »Sicher, meine Diamanten werden sich besser verkaufen. Aber du musst die Kosten sehen. Der braucht nicht für Waffen, Munition und Ausbilder für diese Eingeborenen zu blechen … Wirf mir mal ’n Bier rüber, bevor ich verdurste.«
    McCabe war weit über sechzig, aber trotz seines faltigen Gesichts war er zäher und hatte mehr Energie als viele Männer, die nur halb so alt waren wie er. Die vergangenen drei Tage hatte er am Nordufer des Yukon und im nordwestlichen Yukon-Territorium verbracht. Von dort bis zum Nordpol gab es praktisch nur noch Eis. Jetzt saß er in einem Privatraum im Terminal des Mike Zubko Airports bei Inuvik und wartete auf das Flugzeug, das ihn heimbringen würde.
    Er versuchte zu entscheiden, ob er seinem Gefühl folgen sollte, dass es in der Region beträchtliche Ölvorkommen gab. Alle großen Ölgesellschaften hatten sich aus der Gegend zurückgezogen. Öl war billig, die Förderung teuer, und die hiesigen Eskimos – Waylon McCabe würde sie ganz bestimmt nicht Inuit nennen, und wenn sie deswegen beleidigt waren, konnten sie ihn mal am Arsch lecken – wurden allmählich anmaßend, weil ihre Stammesgebiete geplündert wurden. Nach Meinung der Ölgesellschaften war das den Ärger nicht wert.
    McCabe sah sich auf der Welt um, wo das ganze Öl war und wo der ganze Ärger war, und er stellte fest, wo das eine war, war auch das andere. Früher oder später waren die Vorräte zwischen den Turbanträgern im Nahen Osten und den Kommunisten in Südamerika bedroht. In der Zwischenzeit gab es Milliarden Chinesen und Inder, die Autos kauften und Fabriken bauten, sodass die Nachfrage nur steigen konnte. Steigende Nachfrage und unsichere Versorgung bedeuteten hochschnellende Preise, und bei den Ölfeldern, die jetzt als unbedeutend galten, würde sich die Ausbeutung plötzlich lohnen. Wen würde es dann noch kratzen, was ein Haufen Robbenjäger davon hielt? Ein paar Scheine in die richtigen Hände gedrückt, und das Problem war gelöst. Und wer sich weigern würde, das Geld anzunehmen, würde bald feststellen, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte.
    Es klopfte an der Tür, und Carver kam herein. Sein sonst so lässiger Gang war verschwunden. Stattdessen benahm er sich vorsichtig und wirkte zögerlich und nervös. Es schien, als fühlte er sich unwohl in Gegenwart eines so
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