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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target
Autoren: Tom Cain
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wie sie selbst, pathetisch und überzogen ihre Kriegserlebnisse zu erzählen. Nein, er hatte seine Befähigung für die Aufträge nicht verloren. Aber vielleicht verlor er den Geschmack daran.
    Carver hatte schon vor langer Zeit festgestellt, dass seine Stärke nichts mit Muskeln, Schusswaffen oder Sprengstoffen zu tun hatte. Sie lag in seinem Verstand und seiner Beobachtungsgabe, in seiner Willenskraft und in seiner Überzeugung. Irgendwo in ihm gab es einen Zorn und eine Trauer, die er sich nie ganz eingestanden, die ihn aber stets angetrieben hatte. Wenn dieser Treibstoff zur Neige ging, wenn die Willenskraft einmal nachließ … nun, was dann?
    Dieser Auftrag könnte durchaus sein letzter sein. Also sollte er ihn lieber gut erledigen. Und ihn überleben.
    Die dritte Mine wanderte ins Schlafzimmer an die Wand am Kopfende und wurde mit Kissen verdeckt. Die Tasche der Frau stand dabei rechts neben ihm. Carver roch den schwachen Duft, der von ihren Sachen aufstieg. Er fragte sich, ob sie über ihren Geliebten Bescheid wusste. Verfolgte sie dieselben Ziele? Oder war sie nur eine junge, hübsche Frau, die sterben würde, weil sie sich von einem reichen Mann hatte verführen lassen?
    »Himmel nochmal!«, murmelte er. »Konzentrieren!« Carver hatte noch drei Vorrichtungen zu verteilen: die Gefrierbeutel mit dem C4. Einen klebte er in den Spülkasten der Toilette und steckte einen kleinen Funkdetonator hinein. Die zweite Tüte mit Detonator kam in einen der Hängeschränke in der Küche. Die Claymores würden zwar bis dahin vordringen, aber er wollte sich nicht darauf verlassen. Zu viele Leute hatten schon einen Anschlag überlebt, weil die Bombe doch nicht so stark gewesen war wie angenommen. Für ein zuverlässiges Ergebnis musste man von zwei Seiten töten.
    Der letzte Beutel samt Sprengkapsel wurde unter einer Konsole in der Diele angebracht. Jedes Zimmer der Wohnung war nun todbringend. Jetzt musste Carver die Bomben nur noch hochjagen.
    Er kehrte zu seinem Rucksack zurück und nahm ein Plastikgerät heraus, das wie ein Miniradio aussah. Unten hingen zwei Drähte heraus; oben war eine ausziehbare Antenne, ein Schalter und eine rote Kontrolllampe. Carver ging an den Garderobenschrank, öffnete den Kasten des Alarmsystems und hing sein Gerät an die Anschlüsse des Türsensors. Dann schaltete er es ein. Das rote Lämpchen fing an zu blinken: Das Gerät war in Bereitschaft.
    Sobald das Alarmsystem aktiviert wurde, würde sich die Anlage einschalten. Jede Unterbrechung im Überwachunsschaltkreis wie etwa das Offnen der Wohnungstür würde einen Schalter betätigen und den Sechzig-Sekunden-Auslöser aktivieren. Aber der ließ sich im Gegensatz zu dem Alarm nicht abstellen. Die Eingabe des Kodes in den Tastenblock würde nichts ändern. Der Zeitzünder zählte die Sekunden herunter und schickte sein tödliches Signal an die Sprengsätze.
    Die Falle war aufgestellt. Carver nahm die Stirnlampe ab und verstaute sie zusammen mit der übrigen Ausrüstung wieder im Rucksack. Er ging noch einmal alles durch und vergewisserte sich, dass alles so war, wie er es vorgefunden hatte, und nichts liegengeblieben war. Beim Hinausgehen schaltete er den Alarm wieder ein. Wenn zum nächsten Mal jemand durch die Tür trat, würde die ganze Wohnung hochgehen.
    Unten im Hausflur wandte sich Carver zur Hintertür und betrat den Hof. Er stellte den Rucksack ab und nahm alles heraus, was er für den Rest der Operation brauchen würde, samt einer schwarzen Mülltüte. Die öffnete er, um den Rucksack mit dem verbliebenen Inhalt hineinzustecken; dann lief er die Straße hinunter und steckte die Tüte in der Seitengasse neben einem Bistro in eine Mülltonne, wo er sie unter eine Lage Restaurantabfälle stopfte.
    Carver kehrte zu seinem Motorrad zurück. Unterwegs rief er Max an.
    »Die Wohnung ist erledigt. Wo wollen Sie mich jetzt haben?«
    Er bekam seine Instruktionen und vergewisserte sich noch einmal über jeden Schritt der Operation. Seine schwachen Momente waren fürs Erste jedenfalls vorbei. Jahre geistiger Disziplin hatten dafür gesorgt, dass Carver sich allein mit den technischen Details seiner Arbeit befasste und jedwedes menschliche Gefühl verdrängte.

4
    Knappe anderthalb Kilometer von Narwaz’ Wohnung entfernt gingen zwei Männer unter falschem Namen in einem Gebäude mit falschen Besitzurkunden ihrer Arbeit nach. Einen kannte Carver unter dem Namen Max. Sein Gesicht hatte das gefurchte, halb verhungerte Aussehen eines Jockeys oder
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