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Salzige Küsse

Salzige Küsse

Titel: Salzige Küsse
Autoren: Tine Bergen
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nicht mehr weggehen.
    »Was hast du nun genau über das Theaterstück gesagt?«, fragte die Frau. Lies gab ihr einen Flyer und begann noch mal von vorn. Die Frau zog eine Lesebrille aus der Tasche und sah sich das Papier genau an.
    Plötzlich kam ein alter Mann in die Küche. Er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf und ging gekrümmt. »Warum macht ihr so viel Lärm?« Er trat in die Pfütze, die sich unter Lies’ nasser Jacke gebildet hatte. »Und dann tropft ihr auch noch alles voll! Wer seid ihr überhaupt?« Er tastete in seiner Brusttasche nach einer dicken Hornbrille, die er sich mühsam aufsetzte.
    »Die Mädchen sind von der Theaterschule, Lukas«, beruhigte ihn die Frau.
    »Was machen sie hier? Ich will keine fremden Leute im Haus, Rita, das weißt du.«
    Eve sah, wie Lies die Papiere zusammensuchte und ihre Tasche vom Boden nahm. Auch sie griff nach ihrer Jacke. Von der behaglichen Wärme war nichts mehr geblieben.
    Das war er also. Sie konnte an Lies’ Gesicht ablesen, dass sie dasselbe dachte. Wie hatte aus dem Lukas, den sie aus BellesGeschichte und den Briefen kannten, um Himmels willen nur so ein mürrischer, alter Kerl werden können? Und wie hatte er nur so eine nette Frau abbekommen?
    »Wir gehen mal wieder weiter«, sagte Eve und räusperte sich. »Vielleicht sehen wir Sie ja bei der Aufführung.«
    Rita zweifelte offensichtlich einen Moment, nickte dann aber und begleitete sie zur Haustür. Es schien so, als wären ihre Schultern plötzlich noch mehr nach vorn gebeugt.
    In zügigem Tempo fuhren die Mädchen zu Lies nach Hause.
    Linde brauchte nur einen einzigen Blick auf sie zu werfen. »Ab in die Wanne«, sagte sie streng.
    Kurze Zeit später entspannte sich Eve im heißen Wasser. Lies hatte nur schnell geduscht und saß nun im Bademantel und mit Handtuchturban auf dem Wannenrand.
    »Hmmm.« Eve streckte sich behaglich aus. »Das habe ich wirklich vermisst. Hoffentlich ist unser Badezimmer bald fertig.«
    Eine Zeit lang sagte keiner was und Eve griff ein zweites Mal zu der Flasche mit dem Badeschaum. Sie sog den Duft von Eukalyptus tief ein und spürte die Hitze angenehm ihren Nacken hochkriechen.
    »Verstehst du das alles?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Nein, es ist wirklich eine Enttäuschung. Vielleicht hat sie ihn idealisiert. Was kann man nach so vielen Jahren auch erwarten?«
    Eve wackelte mit den Zehen. »Vielleicht. Aber es klang so echt.«
    »Menschen verändern sich.«
    »Aber man bleibt doch, wer man ist?«
    »Vielleicht ist er krank und hat Schmerzen.«
    »Was sagen wir Belle?«
    »Nichts, wir sagen ihr nichts. Wir können ihr doch nicht erzählen, dass wir Lukas gefunden haben, dass er verheiratet ist, seine Frau viel zu lieb zu ihm ist und er ein alter Meckerfritze geworden ist. Es war einfach keine gute Idee von mir.«
    Eve schwieg und ließ den Kopf unter Wasser gleiten.

»Ich sehe deine Mutter«, zischte Eve Lies zu.
    »Wo?« Lies zwängte sich unter Eves Arm hindurch, um zwischen den Vorhängen einen Blick auf das Publikum zu werfen. »Oh ja … oh!«
    »Was?«
    »Da, schau mal!«
    Eve linste wieder durch den Spalt und sah, wie Belle an Lindes Arm langsam den Saal betrat. »Sie ist doch gekommen.«
    Eve und Lies hatten Belle gestern Nachmittag noch einmal besucht und sie zu ihrer Premiere eingeladen. Sie hatten beide das Gefühl gehabt, ihr das irgendwie zu schulden. Als müssten sie ihr Rumschnüffeln in Belles Leben und ihre Suche nach Lukas wiedergutmachen.
    Belle war nicht so recht auf die Einladung eingegangen. Sie hatte gesagt, sie sei nicht mehr gut zu Fuß und hatte danach das Thema gewechselt. Aber nun war sie doch gekommen.
    »Na, Mädels, was gibt’s denn hier so alles zu sehen?« Eve spürte, wie sich in ihrem Körper ein angenehmes Gefühl ausbreitete, als Jacob sich zu ihnen stellte. Am liebsten hätte sie ihn jetzt geküsst.Doch genau in diesem Moment entdeckte sie ihre Eltern und die Zwillinge.
    »Meine Eltern kommen gerade herein«, sagte sie zu Jacob. Er stützte sein Kinn auf ihren Kopf, um auch in den Saal spähen zu können.
    »Meine Eltern sind auch da«, zeigte er. Eve folgte seinem Finger, aber ihr Blick blieb auf halber Strecke hängen. Da stand Lukas, zusammen mit seiner Frau! Er stützte sich schwer auf sie, während sie zu ihren Plätzen schlurften.
    »He, kommt ihr jetzt vielleicht mal?« Hektisch gestikulierend machte Lies ihnen klar, dass die Vorstellung anfing.
    Das Stück lief gut, sogar mehr als gut. Eve vergaß alle starrenden Blicke und
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