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Salvatore, R.A. - Todfeind2

Salvatore, R.A. - Todfeind2

Titel: Salvatore, R.A. - Todfeind2
Autoren: R.A. Salvatore
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Wolkenfeste.
     
     
    BRANSEN GARIBOND

1
     
    DER MÖCHTEGERN-KÖNIG
     
     
     
     
    So klein und schmal er auch war, so schritt Bransen dennoch aus wie ein selbstbewusster Mann. Er trug die schlichte Kleidung eines Bauern, Kniebundhose und Oberhemd sowie einen breitkrempigen Hut, unter dem dichte Büschel schwarzen Haars wucherten. Er hatte einen dicken Wanderstock bei sich, der zu dick für seine zarten Hände zu sein schien. Aber wie der Hut – wie der ganze Mann selbst – verbarg er ein wichtiges Geheimnis, denn in seinem blank polierten Holz befand sich eine Höhlung, und diese Höhlung barg ein Schwert, ein fabelhaftes Schwert, das beste Schwert im ganzen Land nördlich der Gürtelberge. Hergestellt aus geschichtetem Silverilstahl, verziert mit den Gravuren von Weinranken und Blumen und versehen mit einem Griff aus Silber und Elfenbein, der eine Kobra darstellte, gewann dieses Schwert durch Gebrauch noch an Schärfe, wenn die dickeren äußeren Stahlschichten wegsplitterten oder abgewetzt wurden.
    Es war eine Jhesta-Tu-Klinge, so genannt nach den zurückgezogen lebenden Mystikern des im Süden liegenden Landes Behren. Keine Einzelheit des Schwertes war übersehen worden, nicht einmal die Enden der Parierstange, deren jede gearbeitet war wie eine kleinere Schlange, gereizt und bereit zum Zustoßen. Denn für die Jhesta Tu war die Herstellung eines Schwertes ein heiliger Akt, ein Ausdruck tiefer Meditation und vollendeter Konzentration. Dieses Schwert war von Bransens Mutter, SenWi, gestaltet worden, und immer wenn er es in der Hand hielt, konnte er in seinen Verzierungen und der Qualität seiner Machart den Geist dieser bemerkenswerten, schon vor langer Zeit verstorbenen Frau spüren.
    Ein einfacher Karren, gezogen von zwei Pferden und mit einem Esel, der hinten angebunden war, rollte auf dem Kopfsteinpflaster neben ihm her. Gelenkt wurde er von einer Frau, die Bransens Aufmerksamkeit derart fesselte, dass er aufs Äußerste überrascht wurde, als eine andere Frau zu ihm aufholte und das seidene Kopftuch höher unter seinen Hut schob.
    Instinktiv schoss Bransens Hand hoch und ergriff das Handgelenk dieser anderen Frau. Es war Callen Duwornay, seine Schwiegermutter. Lächelnd wandte er sich zu ihr um.
    »Mir gefällt, wie du sie ansiehst«, sagte Callen leise zu ihm und deutete mit dem Kinn auf ihre Tochter. Cadayle, die von Bransens Blick nichts bemerkte, sang, während sie den Karren dirigierte.
    »Sie ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, erwiderte Bransen so leise, dass Cadayle nichts hören konnte. »Jedes Mal, wenn ich sie ansehe, erscheint sie mir noch schöner als vorher.«
    Callen schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Einst hat ein Mann auch mich einmal so angeschaut«, sagte sie. »Jedenfalls dachte ich es.«
    Obgleich sie lächelte, schwangen in ihrer Stimme Wehmut und ein wenig Schmerz mit. Letzteres verstand Bransen nur zu gut, denn er wusste, dass Callens traurige Geschichte mit seiner eigenen aufs Verwirrendste und Engste verwoben war.
    Callen hatte einmal geliebt, jedoch nicht ihren Ehemann. Sie hatte den Gefährten ihres Herzens kennengelernt, nachdem sie bereits zur Ehe versprochen worden war, ohne eigene Wahl und Entscheidung, wie es vor zwanzig Jahren in Honce noch Brauch gewesen war. Als ihr ehebrecherisches Verhältnis bekannt wurde, war sie zum Tod verurteilt worden. Nach alter samhaistanischer Tradition war die junge Callen »eingesackt« worden – sie wurde zusammen mit einer giftigen Schlange in einen Leinensack gesteckt. Nachdem sie mehrmals gebissen worden war und das tödliche Gift durch ihre Adern kreiste, hatte man sie am Rand von Pryd ausgesetzt, um sie sterben zu lassen.
    Bransens Mutter hatte Callen jedoch zufällig auf ihrem Weg gefunden und war eingeschritten. Sie hatte ihren Jhesta-Tu-Zauber benutzt, um das Gift aus Callens Körper heraus- und in ihren eigenen Körper hineinzuholen. Aber SenWi wusste nicht, dass sie mit einem Kind – Bransen – schwanger war. Das Gift fügte ihm schlimme Schäden zu.
    Daher behielt er sein zweites Geheimnis für sich, versteckt unter einem Kopftuch, das er unter seinem Hut trug. Das Kopftuch hielt einen Seelenstein an Ort und Stelle, einen Hämatiten, das war ein magischer Edelstein, mit abellikanischen Heilkräften aufgeladen. Während er diesen Stein trug, konnte Bransen ganz unauffällig und mit sicherem, festem Schritt gehen. Ohne ihn fiel er in den unbeholfenen und tapsigen Zustand jener Kreatur zurück, die häufig
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