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Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Titel: Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten
Autoren: Sheila Jeffries
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gar nichts! Ich wollte Ellen einen Nasenstüber geben, aber die Tür war mit einer Glasscheibe bedeckt. Ich setzte mich also hin, wandte meine Augen nicht ab und wartete, dass sie herauskam.
    Die Katzenklappe klappte, und Jessica kam mit einem toten Star im Maul herein. Sie ließ die Hälfte davon in der Küche fallen und versteckte den Rest unter dem Sofa, bevor sie mich entdeckte, wie ich dasaß und Ellen in der silbernen Tür anstarrte.
    »Warum bist du so aufgeplustert?«, fragte sie. »Du siehst aus wie ein Igel.«
    »Mit Ellen ist etwas ganz Schreckliches passiert.«
    Nur sehr wenige Katzen können lachen. Ich jedenfalls nicht. Aber Jessica wusste genau, wie sie die Mundwinkel nach oben ziehen, die Augen blitzen lassen und sich auf dem Boden wälzen musste, als ob sie lachen würde.
    »Das ist ein Bild«, erklärte sie. »Das ist nicht die echte Ellen. Es ist eine flache Abbildung auf einer Unterlage.«
    »Verstehe ich nicht.«
    »Menschen haben ganz viele davon.« Jessica klang gelangweilt und spöttisch. »Sind dir die noch nie aufgefallen? Schau dir doch bloß mal die platt gedrückte Eule da an der Wand an. Oder die platt gedrückten Kaninchen in Johns Zimmer. Oben an der Treppe hängt ein platt gedrücktes Pferd. Ich schaue sie mir schon gar nicht mehr an.«
    Ich betrachtete die Eule, fand sie ziemlich gruselig und ärgerte mich über Jessica, die mich auslachte. Ich sprang vom Fensterbrett, und wir wälzten uns quiekend auf dem Fußboden. Dann jagte sie mich die Vorhänge hoch.
    Da kam Ellen herein – die richtige, nicht die platt gedrückte. Ich freute mich, sie zu sehen, aber sie freute sich gar nicht, mich oben in der Gardine zu entdecken. Schlechtes Timing. Die Haut um ihre Augen herum war rot, ihre Aura ganz dunkel. Ich wollte ihr all meine Liebe schenken, aber sie scheuchte mich samt Jessica in den Garten. Ein paar Minuten später kam ein halber Star hinter uns her gesegelt.
    Ich hasste Jessica dafür, dass sie mich in Schwierigkeiten gebracht hatte. Hass war schlecht – ich sollte nicht so empfinden. Mir wurde übel. Mein Blick trübte sich, und ich konnte meinen Engel nicht erreichen. Nebel umgab mich. Erdennebel. Hassnebel. Und ich wusste nicht, wie ich da herauskommen sollte.
    In dieser Umgebung hätte ich ganz schnell von meinem Weg abkommen und ein gelangweilter alter Kater werden können, der nur fraß, schlief und überlebte. Ich trabte auf die Straße und dachte ans Weglaufen. Das Problem mit dem Weglaufen ist aber das Zurückkommen, weil es noch schwieriger ist. Und peinlich. Als ich das gerade dachte, kehrte das Auto zurück, und Joe stieg aus. Er machte einen beschämten Eindruck und ging, mit einem Strauß Rosen in der Hand, ganz langsam Richtung Haustür.

3
    Der Gerichtsvollzieher
    Jessica konnte den Briefträger überhaupt nicht leiden. Sie führte sich auf wie ein Wachhund, lauerte ihm immer in den Büschen neben der Eingangstür auf und stürzte sich auf seine Schnürsenkel. Wenn es regnete, saß sie auf den Stufen und beäugte den Briefschlitz. Sobald der Briefträger Briefe durch den Schlitz schob, zerfetzte sie sie mit gestreckten Krallen. Wenn Ellen sie nicht rechtzeitig erwischte, machte Jessica sogar noch ihr Geschäft in den Haufen aus Papierfetzen. Ihre Wut übertrug sich auf die anderen. Ellen, Joe und sogar der kleine John brüllten sie an, woraufhin Jessica blitzartig unter dem Sofa zu verschwinden pflegte.
    Dort befand sich auch ihre private Spielzeugsammlung: eine tote Maus, ein Katzenminze-Spielmäuschen, eine blau-gelbe Legofigur, ein Schnürsenkel und ein Stück Käse, das sie vom Küchentisch gemopst hatte.
    Eines Tages kämpfte Jessica wild mit einem knisternden braunen Umschlag, der offensichtlich für Joe bestimmt war.
    »Du Teufelsbraten«, brüllte er mit hochrotem Kopf, als er den zerfetzten Brief in der Hand hielt. Wie üblich beschwerte er sich bei Ellen. »Musstest du dir ausgerechnet dieses total durchgedrehte Katzenvieh aussuchen? Aber jetzt ist Schluss, das Miststück kommt wieder ins Tierheim.«
    »Nein, Joe«, sagte Ellen bittend. »Wir haben doch versprochen, uns um sie zu kümmern. Und manchmal ist sie richtig lieb.«
    »Lieb. Lieb! Unsinn. Und wir können es uns kaum leisten, eine Katze durchzufüttern, geschweige denn zwei.«
    Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Von meinem Sitzplatz auf der Fensterbank aus, wo ich die Morgensonne genoss, beäugte ich Joe. Es fiel mir nicht leicht, ruhig zu bleiben, aber irgendwie schaffte ich es. Sogar als
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