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Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Titel: Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten
Autoren: Sheila Jeffries
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hat Jessica das ganze Geschenkpapier zerfetzt und unter das Sofa geschleppt … Danach wollte ich eigentlich schlafen, aber die Kirchenglocken haben geläutet.
    25. Dezember
    Ja, es muss Weihnachten sein. Ich weiß es, weil ich die Glocken läuten höre und die Lieder, die gesungen werden. Und im ganzen Dorf riecht es nach Bratkartoffeln. Ich habe immer einen Teller klein geschnittenes Truthahnfleisch mit Soße bekommen. Das ist die schlimmste Woche meines Lebens. Keine Katze sollte den Weihnachtstag allein verbringen müssen. Ich werde zornig. Wo ist mein Engel?
    26. Dezember
    Ich bin so hungrig, dass es wehtut. Lustlos und schwach, schaffe ich es gerade noch, mich zu putzen. Das macht aber keinen Spaß, weil mir die Haare ausfallen. Sie sind überall in meiner Höhle. Ich habe kahle Stellen am Rücken und am Schwanz. Heute ist das Wetter ruhig, und ich könnte rausgehen, aber ich habe keine Lust. Lieber bleibe ich hier und sterbe.
    27. Dezember
    Wo bleibt bloß dieser Engel? Ich schließe die Augen, schnurre ein bisschen und denke ganz fest an ihn. Wie sah er überhaupt aus? Ich stelle mir das helle Strahlen vor, das Kitzeln des Sternenstaubs auf meinem Fell und seine Stimme. Und auf einmal ist er da. Er ist die ganze Zeit da gewesen, ich habe nur meine übersinnlichen Fähigkeiten nicht richtig genutzt.
    »Bitte hilf mir«, sage ich. »Ich sterbe, und ich bin doch noch so jung.«
    Schweigen. Mein Engel schickt mir neue Energie und Liebe. Aber das hilft meinem bedauernswert kalten und ausgemergelten Körper nicht. Und es hilft auch nicht gegen meine sorgenvollen Gedanken.
    Dann antwortet er, aber nicht so, wie ich es erwartet habe.
    »Du musst dir selbst helfen, Salomon.«
    Das ist alles. Ich liege da, bin wütend und versuche, die Information zu verdauen. Mir selbst helfen, na großartig! Aber ich bin ein kluger Kater, und vielleicht habe ich ja doch noch eine Idee. Nichts Aufwendiges, aber irgendwas werde ich doch machen können. Auf jeden Fall ist jetzt Schluss mit dem Selbstmitleid und dem Tagebuch. Ich werde so lange miauen, wie ich kann und muss.

11
    Wenn Katzen weinen könnten
    Meine ersten Maunzer waren ziemlich bescheiden, aber als ich mit der Zeit in Fahrt kam, wurden sie richtig laut. Ich versuchte, mehr zu weinen als zu jaulen. Mein Weinen hallte durch die Winterlandschaft, hin zu den Wohnwagen, Häusern und Straßen. Ab und zu hielt ich inne, um zu lauschen.
    Schritte. Weit weg ging jemand den Weg herunter, kam näher, blieb stehen. Blieb stehen, um zu lauschen. Ich miaute, so laut ich nur konnte; die Hoffnung gab mir Auftrieb. Dann hörte ich schweres Atmen und das Stapfen von Schritten im Wäldchen. Jemand war über die Mauer geklettert und hatte sich durch das Brombeergebüsch gezwängt.
    Ich miaute schneller, um diesen Jemand in seinem Tun zu bestärken.
    »Wo bist du?«, rief eine Stimme. »Miez, miez, miez?«
    Miau. Miau.
    »Bist du auf einem Baum? In einer Höhle? Wo bist du? Zeig es mir. Ich bin nicht für nichts und wieder nichts über diese Hecke geklettert, weißt du.«
    Die Stimme kannte ich: Karenza. Ihre schwarzen Stiefel stapften durch das Wäldchen. Auf einmal blieb sie stehen und sah sich nach mir um. Ich erhob mich mit wackeligen Beinen und dachte gerade noch daran, meinen Schwanz hoch zu heben.
    »Ach, du armes, armes Kätzchen«, stieß sie bei meinem Anblick hervor. Sie kam vorsichtig näher. »Darf ich dich hochheben?«
    Klar durfte sie! Es fühlte sich himmlisch an, wieder von zwei Armen gegen einen warmen Mantel gedrückt zu werden und einen Herzschlag zu spüren. Ich schnurrte und schnurrte und wollte gar nicht wieder damit aufhören.
    In Karenzas Haus brannte ein helles Feuer. Sie setzte mich auf einem weichen Teppich direkt daneben ab. Ich saugte die Wärme förmlich in mich auf. Einfach nur himmlisch! Karenza schien klar zu sein, dass ich im Augenblick nicht mit den anderen Katzen zurechtkommen würde. Sie scheuchte sie in die Küche und schloss die Tür. Dann brachte sie mir einen Teller voll Katzenfutter mit Kaninchen.
    »Dein Appetit ist in Ordnung«, sagte sie, während ich reinhaute. Danach war ich zu müde, um mich noch zu putzen. Ich streckte mich in der Wärme und Sicherheit des Feuers aus, um zu schlafen. Bevor ich wegdämmerte, hörte ich noch, wie Karenza telefonierte.
    »Ich habe Salomon gefunden«, sagte sie. Am anderen Ende der Leitung gab es einen freudigen Aufschrei. »Er ist hier bei mir und in Sicherheit. Ich kümmere mich um ihn, bis du kommen
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