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Salambo

Salambo

Titel: Salambo
Autoren: Gustave Flaubert
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und wie Perlmutt glänzten. Ein dunkelblauer Gürtel umschloss ihren Leib und ließ über zwei mondsichelförmigen Ausschnitten ihre Brüste sehen, deren Knospen durch Karfunkelgehänge verdeckt waren. Ihr Kopfputz bestand aus edelsteinbesetzten Pfauenfedern. Ihr weiter schneeweißer Mantel fiel hinter ihr herab. So saß sie da, die Ellbogen angelegt, die Knie geschlossen, die Oberarme mit Diamantreifen geschmückt, starr und steif wie ein Götterbild.
    Auf zwei niedrigeren Sitzen ließen sich ihr Vater und ihr Gatte nieder. Naravas, in einen hellgelben Talar gekleidet, trug seine Hochzeitskrone aus Steinsalz, aus der zwei gewundene Haarflechten wie Ammonshörner hervorsahen. Hamilkar, in violetter, mit goldenen Weinranken bestickter Tunika, trug sein Schlachtschwert an der Seite.
    Vor den Festtafeln auf dem Boden lag die Pythonschlange des Eschmun-Tempels zwischen Lachen von Rosenöl und beschrieb, sich in den Schwanz beißend, einen großen schwarzen Kreis. In seiner Mitte stand eine kupferne Säule, die ein Kristallei trug. Da die Sonne darauf fiel, sprühte es glitzernde Strahlen nach allen Seiten.
    Hinter Salambo stellten sich die Tanitpriester in ihren Leinengewändern auf. Rechts von ihr bildeten die Alten mit ihren Tiaren eine lange goldene Reihe, links die Patrizier mit ihren Smaragdzeptern ein breites grünes Band, während die Molochpriester mit ihren roten Mänteln den Hintergrund wie mit einer Purpurwand abschlossen. Die übrigen Priesterschaften nahmen die unteren Terrassen ein. Das Volk füllte die Straßen, stieg auf die Dächer und stand in dichten Reihen bis zur Akropolis hinauf. Wie Salambo den Himmel über ihrem Haupt und um sich das unendliche Meer, den Golf, die Berge und den Fernblick in die Binnenländer hatte, da wurde sie in ihrem Glanz eins mit Tanit und erschien als Karthagos Patronin, als die verkörperte Seele der Stadt.
    Das Fest sollte die ganze Nacht hindurch dauern. Vielarmige Lampenhalter standen wie Bäume auf den Decken aus bunter Wolle, mit denen die niedrigen Tische bedeckt waren. Große Bernsteinkrüge, Amphoren aus blauem Glas, Schildpattlöffel und kleine runde Brote umgaben die doppelte Reihe der perlenbesetzten Schüsseln. Trauben waren mit ihrem Laub um elfenbeinerne Weinstöcke geschlungen wie um Thyrsusstäbe. Eisblöcke schmolzen auf Schüsseln aus Ebenholz. Zitronen, Granatäpfel, Kürbisse und Melonen türmten sich über breiten Silberplatten. Wildschweine mit offenem Rachen starrten aus Bergen von Gewürz. Hasen im Fell waren so aufgestellt, dass es aussah, als sprängen sie aus Blumen heraus. Daneben lagen Muschelschalen, mit Fleischragout gefüllt. Das Backwerk hatte symbolische Formen, und wenn man die Glocken von den Schüsseln nahm, flogen Tauben heraus.
    Während dem liefen zahllose Sklaven mit geschürzter Tunika auf den Fußspitzen hin und her. Von Zeit zu Zeit spielten Leiern eine Hymne, oder es erhob sich ein Chorgesang. Der Lärm des Volkes, anhaltend wie Meeresrauschen, umbrauste verworren das Festmahl, wie um die Harmonie der Stimmung zu erhöhen. Wenige nur dachten während des Gelages an die Söldner. Man überließ sich glückseligen Träumen. Die Sonne begann zu sinken, und auf der anderen Seite des Himmels kam bereits der Mond empor.
    Plötzlich wandte Salambo den Kopf, als hätte jemand sie gerufen. Das Volk, das zu ihr aufschaute, folgte der Richtung ihres Blickes.
    Auf der Höhe der Akropolis hatte sich die Tür des Kerkers, der zu Füßen des Eschmun-Tempels in den Fels gehauen war, soeben geöffnet. Ein Mann stand auf der Schwelle der schwarzen Öffnung.
    Tief gebückt trat er heraus, mit der verstörten Miene eines wilden Tieres, das man plötzlich freigelassen hat. Das Licht blendete ihn. Eine Weile blieb er unbeweglich stehen. Man hatte ihn allgemein erkannt und hielt den Atem an.
    Der Körper dieses Opfers war für alle etwas Besonderes, fast von einem Heiligenschein umstrahlt. Man beugte sich vor, um ihn zu sehen, vornehmlich die Weiber. Sie waren darauf erpicht, den zu betrachten, der ihre Kinder und Gatten getötet hatte. Im Grund ihrer Seele erhob sich eine schmähliche Neugier, das Verlangen, ihn vollständig kennen zu lernen, ein Gelüst, das sich mit Reue paarte und in ein Übermaß von Hass umschlug.
    Schließlich schritt er vorwärts. Da wich die Betäubung der ersten
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