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Sagen aus Hessen

Sagen aus Hessen

Titel: Sagen aus Hessen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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getragen. Als er hinter Fritzlar in die Hecke neben der Kalbsburg kommt, hört er jemanden jagen und ins Horn blasen; auch viele Hunde bellen und ihm näher kommen.
    Johann, der zu Fritzlar einen guten Rausch getrunken, schreit dem Jäger nach; und alsbald streicht ein gewaltig starker Hirsch mit etlichen Hunden vor ihm her. Darauf kommt ein Mann in ledernem Wams mit einer Axt, den jener für einen Zimmermann aus Borken ansieht. Da er ihn nun aber anredet, hat der doch Johannen keine Rede gestanden, sondern ist eilends vorübergegangen. Da kommt ein Jäger, dem Landknecht unbekannt, auf diesen zu, greift mit einer Hand, so kalt wie Eis, dem Rühling von der Stirn durch den Bart herab, so daß der schwer erschrocken schnellen Ganges nach Borken läuft; wo er sich dann gleich, weil es schon späte Nacht geworden, zu Bett legt.
    Am Morgen aber sah jedermann, wie des Jägers Finger übers ganze Gesicht rote Striche gegriffen hatten; und wo die Finger durch den Bart gegangen, war es glatt und nicht ein Härlein zu schauen.
    Ist auch keins wieder daselbst gewachsen. Der Rühling war ein recht Weltkind, so nach niemandem fragte; und starb über etliche Jahre hernach.

König Grünewald erobert den Christenberg
    Auf dem Christenberg, im Burgwald, stand vor alters ein Schloß, darin wohnte ein König mit seiner einzigen Tochter, auf die er gar viel hielt und die wunderbare Gaben besaß. Nun kam einmal sein Feind, ein König, der hieß Gränewald, und belagerte ihn in seinem Schloß. Die Belagerung dauerte lange und der König wäre fast verzweifelt, hätte die Jungfrau ihm nicht immer neuen Mut zugesprochen.
    Das dauerte bis zum Maitag; da sah die Königstochter, früh morgens wie der Tag anbrach, das feindliche Heer mit grünen Zweigen den Schloßberg heraufkommen und es wurde ihr angst und bange, denn nun wußte sie, daß alles verloren war, und sprach zum Vater:
    Vater, gebt Euch gefangen,
Der grüne Wald kommt gegangen!
    Darauf schickte sie ihr Vater ins Lager des Königs Grünewald, bei dem sie ausmachte, daß sie selbst freien Abzug haben sollte und noch dazu mitnehmen dürfte, was sie auf einen Esel packen könnte. Da nahm sie ihren eignen Vater, packte ihn darauf nebst ihren besten Schätzen und zog vom Schloß weg. Als sie eine gute Strecke gegangen war, sprach sie: »Hier woll mer ruhn! « Daher hat das Dorf »Wollmer« den Namen, das dort liegt. Bald zogen sie weiter durch Wildnisse und Berge, bis sie endlich in eine Ebene kamen. Da sagte die Königstochter: »Hier hats Feld!« Und da blieben sie und bauten sich ein anderes Schloß, das sie »Hatzfeld« nannten. Davon sieht man noch heute die Überreste, und das Städtchen dabei nannte sich auch wie die Burg »Hatzfeld«.
    Noch wird ein dem Christenberg naheliegendes Tal das »Hungertal« genannt, von dem vielen Elend während der Belagerung des Schlosses. Da, wo der Berg sich mit dem Hauptrücken des Burgwaldes verknüpft, ist er durch siebenfache Gräben und Wälle befestigt; südlich unter ihm aber liegt die Lüneburg und nordwestlich die Lützelburg, zwei Hügel, von denen der erstere noch deutliche Spuren ehemaliger Befestigung zeigt.

Leihgestern
    Ein Dorf namens Hainchen hat früher an der Stelle des heutigen Leihgestern, aber etwas weiter südlich gelegen (daher heute noch der Namen Hainbrunnen). Hainchen wurde aber von Kriegshorden niedergebrannt und zwar so vollständig, daß ein Reiter, der es tags vorher gesehen hatte, keine Spur mehr von ihm fand, als er am anderen Tag wieder vorbeiritt, verwundert nach der Gegend, wo es gestanden, hindeutete und zu seinem Begleiter sagte: »Da lag's gestern.«

Liebenaus Name
    Das Städtchen Liebenau an der Diemel hieß ursprünglich Marienau oder Mergenau. Wie der neue Name aber entstanden, wurde seit Jahrhunderten in der Leute Mund also weiter erzählt; nur meldet die Überlieferung nicht, welcher Landesfeind es gewesen sei, dem damals mutige Weiber den Siegespreis verwehrten.
    Denn in des Städtchens Mauern weilte der »Herr zu Hessen«, wie vor uralters, noch ehe der Titel Landgraf aufkam, der Landesfürst geheißen hat. Da zog in Untreuen mit Heeresmacht plötzlich der Feind heran, der das erfahren hatte und berannte die Mauern.
    Groß war die Not der Stadt; eilends gingen Boten aus, um überallhin die Bedrängnis des Fürsten zu melden. Doch der Feind stürmte Tag und Nacht, und matt und müde wurden die wenigen Streiter. Da traten die Weiber an die Seite ihrer erschöpften Männer und fochten mit. Und die
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