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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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die Zeitumstände schuld waren. Die letzte Nummer erschien verspätet erst im Februar 1809; der Rest der Auflage mußte, mit der Auflösung des ganzen Geschäftes, der Walther’schen Buchhandlung in Dresden überlassen werden.
    Auch in anderer Weise war der Dresdener Aufenthalt ereignißreich für K. Er hatte mit einem angenehmen und begüterten Mädchen, der Nichte und Mündel des alten Körner, ein Verhältniß begonnen, dem wie es scheint, auch einige Gelegenheitsgedichte im „Phöbus“ galten. Seine uns schon von dem Verhältnisse mit Wilhelminen her bekannte Zumuthung, die Geliebte solle ihm ohne Wissen der Familie schreiben, auf welche diese sich nicht einließ, löste die bereits ernst gewordene Verbindung auf. Aus diesem Herzensereigniß und wol auch aus Nachklängen des unendlich tieferen Verhältnisses zu Wilhelmine v. Zenge bildete K. das Weib, wie er es sich in seiner grenzenlosen Hingebung an den Mann dachte, indem er das „Käthchen von Heilbronn“ schrieb. Tieck, den er erst in Dresden kennen lernte, wurde, ohne es beabsichtigt zu haben, in Folge eines mißverstandenen Urtheils der Urheber einer wesentlichen Veränderung in diesem Stücke, die er später ebenso wie K. selbst sehr bereute. Weniger erfreulich hatte sich Kleist’s Verhältniß zu Goethe gestaltet. Nachdem er ihm das erste Heft des „Phöbus“ mit der „Penthesilea“ übersandt hatte, erhielt er unter dem 1. Februar eine wenig günstige Antwort. „Sie ist aus einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß ich mir Zeit nehmen muß mich in beide zu finden.“ Auch fügte Goethe hinzu, daß es ihn immer betrübt und bekümmert, wenn er junge Männer von Geist und Talent sehe, die auf ein Theater warten, welches erst kommen soll. Weit schlimmer erging es aber in Weimar mit dem „Zerbrochenen Krug“. Goethe hatte, um die einactige Länge des Stückes zu kürzen, es in mehrere Acte getheilt. Als es am 2. März 1808 in Weimar zur Aufführung gelangte, fiel es gänzlich durch und man kann kaum annehmen, daß Goethe’s Einrichtung hieran schuld gewesen sei. Weit eher dürfte man diesen Mißerfolg auf Rechnung des Kleist’schen derben Naturalismus, an welchen man in Weimar nicht gewöhnt war, und der schlechten Darstellung schreiben; aber unerhört bleibt immerhin, daß Fräulein v. Knebel ihrem Bruder darüber mittheilen konnte: „Wirklich hätte ich nicht geglaubt, daß es möglich wäre so was Langweiliges und Abgeschmacktes hinzuschreiben – der moralische Aussatz ist doch auch ein ernstes Uebel.“ K. gerieth über den Mißerfolg seines Lustspieles derart in Aufregung, daß er Goethe dafür verantwortlich machte und ihn, wie Eduard Devrient in seiner „Geschichte der deutschen Schauspielkunst“ erzählt, zu einem Duell herausfordern ließ. Sicherer als diese Ueberlieferung ist die Thatsache, daß K. sich im „Phöbus“ durch Epigramme   an Goethe zu rächen suchte, namentlich durch ein durchaus unschickliches, das sich auf das Verhältniß zu Christiane Vulpius bezog. Im Herbst 1808 sah er den Mißerfolg des buchhändlerischen Unternehmens, das er zu vernachlässigen angefangen hatte, bereits voraus und machte einen Versuch sich durch Opium zu vergiften, wurde jedoch durch Rühle, der ihn betäubt auf dem Bette fand, gerettet. Auch das deutet auf ernste Gemüthsstörung, daß K., einmal plötzlich behauptend Adam Müller müsse ihm seine Frau abtreten, diesen in die Elbe stürzen wollte.
    Es folgte nun ein Zeitpunkt, in welchem die Geschicke unseres Dichters durch die allgemeinen Geschicke Deutschlands und durch die geistige Revolution welche unsere bis dahin von dem politischen Leben entfernte Dichterwelt in patriotischem Sinne aufzurütteln begann, mächtig berührt wurden. Umfassender, tiefer und symbolischer als alle seine Zeitgenossen erfaßte K. das Problem des Freiheitsgesanges, indem er an die Ueberlieferung der Jahrtausende anknüpfend, „Die Hermannsschlacht“ dichtete. Er kam zu diesem Stoffe ähnlich wie Goethe zum „Faust“, durch die Verwandtschaft seiner Natur mit der durch die sich aufdringende Ueberlieferung symbolisirten Idee und dieser Beweis seines Berufes muß, obgleich er dichterisch höheres leistete als „Die Hermannschlacht“, bei der Schätzung seines Genius obenangestellt werden. Der Versuch dieses Drama 1809 auf das Wiener Hoftheater zu bringen mißlang, obgleich die Rüstungen Oesterreichs gegen Frankreich schon in vollem Gange waren und es wurde nicht
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